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Zittern für die Serie

1. FC Magdeburg – Hertha BSC II, 14. Spieltag, 2-1 (2-1)

Selten lag ich wohl mit meiner Spieltagsvorschau so sehr daneben wie im Vorfeld der Partie gegen die zweite Mannschaft von Hertha BSC: Zum einen spielte Steffen Puttkammer entgegen der Aussage, dass er für uns in diesem Jahr nicht mehr auflaufen wird, die vollen 90 Minuten, zum anderen war mir vollkommen durchgerutscht, dass Nico Hammann in diesem Spiel aufgrund der 5. gelben Karte aussetzen musste. Außerdem trafen wir offenbar nicht zum 17., sondern bereits zum 23. Mal auf die kleine Hertha aus Berlin. Herrje! Was aber wenigstens auch nach der Begegnung am 14. Spieltag mit der Spieltagsvorschau noch übereinstimmte, war der Spielausgang: Die Größten der Welt gewannen das vierte Regionalliga-Punktspiel in Folge mit 2-1 und konnten ihren guten Lauf in der Liga somit weiter ausbauen.

Die Vorfreude auf die Flutlichtbegegnung am Freitagabend war natürlich die ganze Woche richtig groß, und wie das dann immer so ist, wenn man ganz entspannt anreist und vermeintlich ja noch ewig Zeit hat, bis man wirklich zum Stadion aufbrechen muss, trödelt man ein wenig, trinkt noch einen gemütlichen Kaffee mit der Familie – und ist plötzlich viel zu spät dran. Jetzt würde ich mich ja nicht als übermäßig abergläubisch bezeichnen, aber die Entscheidung, welches von den zwei üblichen Vor-dem-Spiel-Ritualen (Kräuterbratwurst vor den Stadiontoren und Betreten des Stadions spätestens 30 Minuten vor Anpfiff) ich mir nun verkneifen musste, bereite mir doch einiges an Kopfzerbrechen. Schließlich wollte ich am Ende nicht Schuld sein, wenn es mit dem vierten Sieg in Folge und dem Fortsetzen der Aufholjagd in der Liga nicht klappen sollte. Schweren Herzens entschied ich mich also gegen die Bratwurst und für das rechtzeitige Erscheinen im Block, und erfreulicherweise sorgte ja auch das Endergebnis dafür, dass ich mich nach Spielschluss nicht nachhaltig grämen musste. Glück gehabt.

Jens Härtel bewies mit der Startelf für die Begegnung mal wieder einiges an Kreativität und ließ Steffen Puttkammer und Felix Schiller in der Innenverteidigung auflaufen, während Silvio Bankert auf die rechte und Marcel Schlosser auf die linke Abwehrseite rückten. Allerdings interpretierte Schlosser seine Verteidigerposition häufig bzw. situationsabhängig offensiv Richtung linkes Mittelfeld, sodass ein recht variabler Abwehrverbund entstand, der insgesamt nicht viel zuließ und so mit dafür sorgte, dass man in einer wenig ansehnlichen zweiten Hälfte keinen Gegentreffer kassierte und das 2-1 aus dem ersten Spielabschnitt über die Runden bringen konnte. Im rechten Mittelfeld vor Bankert spielte Nils Butzen, eigentlich ja gelernter Rechtsverteidiger (dem man die ungewohnte Position mitunter auch anmerkte), 90 Minuten durch, die Mittelfeldzentrale bildeten Niklas Brandt und Marius Sowislo mit besagten Marcel Schlosser als situative Ergänzung auf links. Offensiv wirbelte Nicolas Hebisch nach seinem starken Pokalauftritt gegen Sandersdorf von Beginn an neben Christian Beck. Lars Fuchs ergänzte die Angriffsreihe und war, wie üblich, offensiv eigentlich überall zu finden. Insgesamt gefällt es mir wirklich gut, wie variabel wir inzwischen agieren können! In diesem Punkt kann man gegenüber vergangenen Spielzeiten definitiv eine deutliche Weiterentwicklung erkennen.

Das Spiel begann dann auch gleich mit gutem Tempo und ordentlich Pfeffer; bereits nach fünf Minuten stand auf beiden Seiten je eine gelbe Karte zu Buche. Der FCM präsentierte sich insgesamt im ersten Spielabschnitt als sehr präsent, bissig und immer eng am Gegenspieler, was die jungen Herthaner nicht nur zu einigen Fehlern zwang, sondern auch gut zu entnerven schien. Richtig harmonisch ging es bei unseren Gästen untereinander jedenfalls nicht immer zu, was uns ja aber nur Recht sein konnte. In der zwölften Minute klingelte es dann auch verdientermaßen das erste Mal im Tor der Herthaner: Im vielleicht schönsten Angriff des ganzen Spiels behauptet sich Kapitän Sowislo im rechten Mittelfeld auf Höhe der Mittellinie gleich mehrfach (ganz stark!), bleibt am Ball, spielt scharf in die Mitte, in der Hebisch durch- und Christian Beck an den Ball kommen lässt, der trocken und humorlos gegen den Lauf des machtlosen Berliner Keepers halbhoch rechts einnetzt. Klasse Spielzug und Riesenjubel auf der Nord, die an diesem Abend auch wieder zu überzeugen wusste und richtig Spaß gemacht hat.

Danach dauerte es eine ganze Weile, bis es wieder richtig gefährlich wurde; auffällig war für mich in den nächsten Spielminuten vor allem der Schiedsrichter, der an diesem Tag des Öfteren eine, sagen wir mal ‚eigenwillige‘, Interpretation der Handspielregel an den Tag legte. Berlin gefiel trotz einiger Ungenauigkeiten in dieser Phase vor allem mit feiner Technik, gutem Tempo und gefährlichen Eckbällen und sorgte so mit für eine wirklich unterhaltsame Begegnung. In der 40. Minuten durften wir dann erneut jubeln: Nach einer feinen Einzelaktion auf links kommt Niklas Brandt zum Schuss, der vom Keeper in die Mitte abgewehrt wird, wo Lars Fuchs einfach goldrichtig steht, den Ball technisch super direkt nimmt und zum 2-0 trifft. Schönes Tor und eigentlich hätte das eine komfortable (und wirklich verdiente) Pausenführung sein müssen – wären da nicht die schon angesprochenen starken Standards der Gäste gewesen. Nach der vierten (?) Ecke und kurz vor dem Halbzeitpfiff erzielte dann nämlich Thiago Rockenbach das 2-1 und profitierte dabei davon, dass ihn unsere Abwehr offenbar völlig vergaß und in ihrem Rücken blitzeblank zum Einschieben kommen ließ. Aber egal – so ging es dann eben mit einem 2-1 in die Pause.

Nach Wiederanpfiff waren es dann vor allem die Berliner, die mächtig Dampf machten und unsere Elf das eine oder andere Mal stärker in Verlegenheit brachten. Insgesamt waren unsere Blau-Weißen nun nicht mehr ganz so griffig und ließen mitunter Struktur und Ruhe vermissen, sodass die zweite Halbzeit zumindest für uns auf den Rängen zu einem ziemlichen Zitterpartie wurde. Dafür wurde ordentlich gekämpft auf dem Rasen und kein Ball verloren gegeben. Und sorry, lieber Vorsänger vom Block U, aber: Nichts wird mich jemals mehr zum Singen und Anfeuern motivieren, als die kämpferisch-emotionale Miene eines Silvio Bankert, der sich nach einer gelungenen Abwehraktion vor der Nordkurve zu selbiger umdreht und sich und die Kurve noch mal so richtig hochpeitscht ;-). Dass in der zweiten Halbzeit, die spielerisch nun wirklich keine glänzende war und in der sich aber alle Spieler den viel zitierten Allerwertesten aufrissen, um die drei Punkte in Magdeburg zu behalten, irgendwelche Bier-Athleten bemüßigt fühlen mussten, hin und wieder ein „FCM erwache!“ auf den Rasen zu grölen, schiebe ich einfach mal auf die späte Anstoßzeit, die es dem einen oder anderen offenbar ermöglichte, über ein tolerables Maß hinaus den Tag über alkoholmäßig schon mal ordentlich Anlauf zu nehmen… Im Endeffekt blieb es dann bei den drei Treffern aus der ersten Halbzeit, weil wir es bis auf wenige Ausnahmen zumindest schafften, in den richtigen Momenten die Räume eng zu machen und so die Gäste auf den letzten Metern kaum zu Abschlüssen kommen ließen. Am Ende gewann dann vielleicht auch die etwas cleverere Mannschaft, die es spätestens in der Nachspielzeit verstand, den Ball klug in den eigenen Reihen und weit, weit weg vom eigenen Tor zu halten. Wie abgezockt da zum Teil auch z.B. ein Morris Schröter agierte, der in der 72. Minute für den fleißigen und (insbesondere in der ersten Hälfte) starken Hebisch kam, macht schon viel Freude.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass dieser Sieg auch in der Art und Weise, wie er zustande kam, über die drei Punkte hinaus ganz, ganz wichtig war für uns: In der ersten Hälfte spielerisch stark und verdient zwei Tore erzielt, in der zweiten Hälfte gegen technisch gute und eigentlich nie ganz ungefährliche Berliner Nachwuchsprofis gut dagegen gehalten und kein weiteres Gegentor kassiert – das sollte Selbstvertrauen und Sicherheit geben für die verbleibenden zwei Spiele bis zur Winterpause. Zweimal geht es noch in die Bundeshauptstadt und es wäre doch gelacht, wenn sich der Abstand auf Spitzenreiter Nordhausen bis Weihnachten nicht noch ein kleines bisschen verkürzen ließe!

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