SC Fortuna Köln – 1. FC Magdeburg, 16. Spieltag, 1:2 (1:1)
Auf der Hinfahrt sportlich den Anschluss in Koblenz verpasst, bei der Ankunft am Bahnhof Köln-Süd ungefähr alle in NRW verfügbaren Polizeikräfte gesehen, die offenbar knapp 50 überwiegend jugendliche Clubfans auf dem Nebengleis zum Stadion begleiten wollten und dabei noch fleißig Erinnerungsvideos ob der schönen, gemeinsamen Zeit aufnahmen, die eigene Mannschaft verletzungsbedingt ohne die Schwede-Türpitz-Flügelzange und dann auch noch Fortuna Köln als Gegner im zugigen Südstadion… Ganz ehrlich? Was konnte da schon groß schief gehen?
Das dachte sich so oder so ähnlich wohl auch Jens Härtel, obwohl den vermutlich vor allem die verletzungsbedingten Ausfälle der bereits erwähnten Philip Türpitz und Tobias Schwede beschäftigt haben dürften. Die Entscheidung für Julius Düker, der in der offensiven Dreierreihe rechts startete, und Michel Niemeyer, der als Schwede-Ersatz auf links eine Position weiter nach vorn rutschte, war jedenfalls goldrichtig. Zusammen mit Christian Beck in der Zentrale, Nico Hammann, Björn Rother, Dennis Erdmann und Nils Butzen im Mittelfeld sowie Steffen Schäfer, Richard Weil und Christopher Handke in der Abwehrkette vor Jan Glinker im Tor sorgten sie für einen vollkommen verdienten 2:1-Auswärtssieg und den Sprung zurück auf Platz 2 im Drittliga-Klassement.
Dass es ein äußerst unterhaltsamer Nachmittag werden könnte, deutete sich bereits nach fünf Minuten an: Direkt vor der sehr gut gefüllten und hervorragend aufgelegten Gästekurve hatte Björn Rother Michel Niemeyer steil in Richtung Grundlinie geschickt und dieser im Strafraum Christian Beck bedient. Seinen Abschluss konnte Kölns Tim Boss allerdings parieren. Fünf Minuten später lag dann erst einmal Nico Hammann auf der Laufbahn – veritabel weggecheckt vom Gegenspieler, glücklicherweise aber ohne sichtbare Konsequenzen für unsere Nummer 10. Von dieser (nicht böswilligen, sondern schlichtweg unglücklichen) Aktion einmal abgesehen, trat Fortuna Köln zunächst kaum in Erscheinung. Der FCM hatte das Spiel ganz gut im Griff, die Gastgeber wurden zunächst lediglich durch Fernschüsse und Standards gefährlich.
Eine kleine Schrecksekunde für die Kölner gab es nach 16 Minuten – Bernard Kyere wurde von seinem eigenen Keeper unterlaufen, landete unglücklich, musste länger behandelt werden und konnte dann aber weitermachen. Die deutlich größere Schrecksekunde, aus Hausherren-Sicht jedenfalls, folgte nur eine Minute später: Nach einigem Mittelfeld-Pingpong konnte Björn Rother am Mittelkreis auf Nils Butzen passen, der den Ball direkt in den Lauf des startenden Michel Niemeyer weiterleitete. Plötzlich Platz vor dem Tor von Tim Boss und Niemeyer eiskalt – mit einem platzierten Flachschuss beendete er die 4-Pflichtspiele-Torflaute für seine Farben und schickte den Gästeblock das erste Mal in den Ausnahmezustand. Schnell, direkt, präzise – viel besser kannst Du das als Gast im Kölner Südstadion eigentlich nicht spielen.
Fortuna schüttelte sich nur kurz und versuchte direkt, ins Spiel zurückzukommen, hatte es gegen das kompakte Mittelfeld und die gut organisierte Magdeburger Abwehr aber schwer, zu klaren Abschlüssen zu kommen. Genau genommen kamen die Hausherren eigentlich zu gar keinen klaren Abschlüssen, sieht man von einem Fernschuss durch Okan Kurt (21.) einmal ab, der Jan Glinker allerdings vor keinerlei Probleme stellte. Ganz anders der FCM, der sich im Verlauf der ersten Hälfte noch so einige gute Möglichkeiten erarbeitete. So hat Julius Düker nach 26 Minuten auf dem rechten Flügel alle Zeit der Welt, den Ball per Flanke in den Strafraum zu bringen und tat das auch; zentral vor dem Tor verpasste dann Christian Beck, dafür bugsiert ein Kölner Abwehrspieler den Ball per Kopf fast selbst ins Tor. Tim Boss auf der Linie aufmerksam und reaktionsschnell und somit weiterhin 1:0 für die Größten der Welt. In der 33. Minute war es Nils Butzen, der auf seiner rechten Außenbahn den Ball stark erkämpfte und dabei gefoult wurde – den fälligen Freistoß trat der an diesem Tag insgesamt herausragende Michel Niemeyer scharf vor das Tor; an Freund und Feind vorbei, dafür mit einem kurzen Umweg über den linken Außenpfosten, geht der Ball ins Toraus.
In der weiten Kurve hinter dem Tor hatte die Reisegruppe „Blau-Weiß“ inzwischen übrigens richtig Fahrt aufgenommen. „Wir war’n noch niemals in Paris, wir war’n noch niemals in Madrid! Wir haben Euch kämpfen und siegen sehen – in Ostdeutschland!“ hallte es via Wechselgesang vermutlich durch den gesamten Kölner Süden. Sehr, sehr großartiger Moment, in dem sich beide Blockteile gegenseitig ordentlich einheizten – schon erstaunlich, was für eine Lautstärke man trotz kräftigem Wind und fehlendem Dach so erzeugen kann.
Auf dem Rasen hatte sich das Bild derweil nur wenig geändert: Köln konnte sich lediglich den einen oder anderen Standard erarbeiten, blieb aus dem Spiel heraus aber weitestgehend ungefährlich. Eine kleine Unachtsamkeit brachte dann aber in Spielminute 43 trotzdem den zu diesem Zeitpunkt etwas überraschenden und dementsprechend auch ziemlich ärgerlichen Ausgleich: Ein Schäfer-Einwurf landet beim Gegner, der den Ball direkt in Richtung Strafraum spielt. Dort schlagen etliche Klärungsversuche fehl; schließlich gelangt der Ball zu Robin Scheu im Sechzehner, der von Nico Hammann blitzsauber und ohne jeglichen Ballkontakt von den Beinen geholt wird. Klare Sache: Elfmeter für Köln. Daniel Keita-Ruel schnappt sich die Kugel, guckt Jan Glinker aus und erzielt mit einem trockenen Schuss nach rechts den 1:1-Ausgleich. Blöde Geschichte, kann aber passieren. Wenn Hammann da nicht hingeht, ist der Ball vermutlich trotzdem drin.
Der FCM zeigte sich von diesem kleinen Rückschlag allerdings nicht beeindruckt und hatte kurz vor dem Pausentee noch einmal die Möglichkeit zur Führung. Wieder ist es Michel Niemeyer, der (diesmal links) in Richtung Strafraum geschickt wird. Die Kölner Defensive verteidigt das dann aber überragend, indem die Verteidiger die Mitte sofort zulaufen und Niemeyer de facto keine Anspielstation bieten. Keeper Boss macht sich vor Niemeyer breit, sodass auch ein direkter Abschluss nicht mehr wirklich in Frage kommt. Es blieb also nur der Pass in die Mitte, der dann allerdings problemlos geklärt werden konnte. Auf der Gegenseite hatte dann Nico Brandenburger nach einem Kegel-Freistoß noch mal eine Gelegenheit, traf den Ball aber glücklicherweise nicht richtig, sodass es mit dem 1:1 in die Halbzeitpause ging.
In den zweiten 45 Minuten hatte der Club den eigenen Anhang im Rücken, was im Kölner Südstadion im Wesentlichen bedeutet, dass man als Gästefan von den Angriffsbemühungen der eigenen Mannschaft im Detail nur noch relativ wenig mitbekommt. Dafür wurde es ein äußerst spannender zweiter Durchgang, was vor allem daran lag, dass Julius Düker bereits nach 64 Minuten auf 2:1 stellen konnte und die Kurve den Rest der Partie damit zubrachte, den Ball möglichst aus der Gefahrenzone zu brüllen. In ebenjener 64. Minute hatte Düker an der rechten Strafraumkante zunächst auf – na klar – Michel Niemeyer geflankt, der aus kurzer Distanz sofort abzog und Boss zu einem Abpraller zwang. Dieser landete bei Nico Hammann, der den Ball noch einmal hoch reinbrachte, die Kölner Defensive ungeordnet und vor allem Düker knochenfrei am zweiten Pfosten fand. Der Kopfball dann nur noch eine Pflichtübung für einen Mittelstürmer und prompt die nächste Eskalationsstufe hinter dem Tor auf der anderen Seite.
Dass es zu diesem Zeitpunkt nicht bereits 2:1 für die Kölner stand, war Jan Glinker zu verdanken. In der 60. Minute hatte er einen strammen Schuss von Dominik Ernst mit einer starken Parade über die Latte gelenkt – es sollte die einzige klare Möglichkeit der Kölner im zweiten Durchgang bleiben. In der 76. Minute dann der erste Wechsel auf Magdeburger Seite: Felix Lohkemper ersetzte Nico Hammann, der nach seinem Ausflug auf die Laufbahn in Halbzeit 1 in der 66. Minute noch einmal gewaltig auf die Socken bekommen hatte und länger behandelt werden musste. Torschütze Düker wurde nach 82 Minuten durch Marius Sowislo ersetzt, was das Spiel einmal mehr gut beruhigte und auch wichtig war, weil Köln in den letzten 10, 15 Minuten noch mal ordentlich Druck aufbaute und sich zumindest bis an den Strafraum kombinieren konnte. Die besseren Gelegenheiten in der Schlussphase hatte aber einmal mehr der 1. FC Magdeburg. So verpasste es Christian Beck mehrfach, den Deckel auf diese Partie zu machen und auch Felix Lohkemper kam mit seiner Schnelligkeit noch einmal in zwei gute Situationen, wurde aber jeweils im entscheidenden Moment noch durch ein Kölner Bein gestoppt.
So blieb es in einer aufregenden Schlussphase, in der auch Felix Schiller (92., für Christian Beck) noch zu seinem Comeback kam, beim 2:1 aus Magdeburger Sicht und einem immens wichtigen Auswärtserfolg. Unter dem Strich ein ganz starker Auftritt, der an den hervorragenden Saisonauftakt anknüpfte und für die letzten Partien im Jahr 2017 noch einmal ordentlich Schwung verleihen sollte. Das gilt insbesondere für die nun anstehende Aufgabe gegen die Sportfreunde aus dem Süden Sachsen-Anhalts, die bekanntermaßen gleich in verschiedener Hinsicht brisant werden dürfte. In diesem Sinne: Am Samstag alle ins Stadion, den Gästeblock geflissentlich ignorieren, gemeinsam alles geben für den nächsten Erfolg – und wer weiß? Vielleicht führt uns die nächste Dienstreise nach Köln in der neuen Spielzeit dann ja eher nach Köln-Müngersdorf…
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