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„Wir sind die 1.300!“ – wirklich?

Um das vorneweg gleich ganz klar zu sagen: ich bin ein großer Fan vom Block U und habe einen Mordsrespekt vor den ganzen Aktionen, die die Jungs Spieltag für Spieltag organisieren. Seien es die oft sehr aufwändigen und einfallsreichen Choreos (hier können, nein, müssen unsere Freunde aus dem Süden noch viel lernen), sei es der Planet MD, der – dank neuer Platzwahl – seit der Rückrunde zu jedem Heimspiel gegen eine kleine Spende erstanden wird und sei es nicht zuletzt auch der unermüdliche Support, den der Block Spieltag für Spieltag daheim und unterwegs an den Tag legt. Für eine Mannschaft, die diese Bezeichnung in dieser Saison nicht verdient.

Kurzum: Block U fetzt. Beim gestrigen Gastspiel auf dem Kurt-Wabbel-Sportplatz in Halle (hier der gewohnt gute und ehrliche Spielbericht von Sportfotos MD) hatte ich allerdings so einen Gedanken, den ich jetzt hier irgendwie mal versuchen will, in Worte zu gießen.

Zum Kontext: vor dem Spiel (ich war ziemlich früh dran und dementsprechend auch ziemlich früh im Block) haben Vertreter von Block U alle Leute, die schon drin standen, gebeten, den Block vor dem Spiel zu verlassen. Begründung: man wolle als kompletter Mob gemeinsam einlaufen, und zwar gemeinsam für den Ersten FC Magdeburg. Aber explizit nicht für die Pappnasen, die derzeit auf dem Rasen unser Trikot spazieren tragen. Fand ich erst mal ne super Idee. Auch muss man dazu sagen, dass diese Aufforderung äußerst nett und besonnen geäußert wurde; man ging auf alle persönlich zu, hat nett gefragt und die ganze Sache erläutert. So viel zum Thema „Fußballfans sind ausschließlich saufende Idioten, die sich nicht benehmen können.“

Dann dauerte es natürlich erst mal eine Weile, bis alle vor dem Eingang zu Block 11 standen. Noch eine Weile länger dauerte es dann, bis die Ansage kam „wir gehen alle gleich rein, aber langsam und ohne zu singen“. In der Zwischenzeit wurden einige Fans doch etwas unruhig und haben angefangen, bei jeder Ansage der Capos zu pfeifen, gegen die Wellblechverkleidung vom Stadion zu schlagen (ja, Wellblechverkleidung, ganz recht) und irgendwelche Lieder zu grölen. Erster Gedanke meinerseits natürlich: „Idioten. Die sollen Block U mal machen lassen, die haben sich da bestimmt was bei gedacht. Das wird sicher großartig“. Beim Einlaufen in den Block gab es dann entsprechende Anweisungen der Jungs mit den Megaphonen, zügig aufzurücken und die Lücken zu schließen etc. UND auch die vermeintlichen Spackos haben sich tatsächlich artig zurückgehalten. Die Block U-Support-Nachricht war dann auch recht deutlich: wir – also alle 1.300 – repräsentieren hier heute unsere Farben, UNSEREN Verein und zeigen dem Mädchenchor in der H*C-Fankurve mal, wie das mit den Gesängen und so gemacht wird. Getreu dem Motto: „Alle sind da, für die Stadt und den Verein, ist doch klar…“.

So weit, so einfach.

Dann aber hab ich mich gefragt, ob es sich Block U eigentlich wirklich anmaßen kann, sich zum Sprachrohr für eine ganze Kurve zu machen und ob die besagten Spackos, zum Beispiel, nicht vielleicht doch auch ein Recht auf ihren Unmut haben. Zugegeben, das ist vielleicht etwas drastisch formuliert, aber mir fällt hier grad kein besserer Ausdruck ein. Böswillig formuliert, könnte man auch von Sippenhaft sprechen. Vielleicht gab es ja auch den einen oder anderen, der vielleicht nicht singen wollte. Oder den Block verlassen. Oder irgendwelche Lücken auffüllen bzw. dahin laufen, wo die Megaphonmänner sie haben wollten. Nur, weil ich einen blau-weißen Schal trage, muss ich ja nicht automatisch Teil des tobenden Mobs werden wollen. In so eine Richtung äußerte sich jedenfalls eine meiner Nebensteherinnen zu Anfang. Ich dachte mir dann, dass die Aufforderung von Block U, „alles hört auf unser Kommando“, ja eigentlich der Idee einer „autonomen Kurve“ widerspricht. Vielleicht war ich ja auch gar nicht zum Singen und Repräsentieren im Stadion, sondern um ein gutes Fussballspiel zu sehen? Okay, gut, ich merk’s grad selbst ;-).

Na jedenfalls schoss mir das so durch den Kopf, als diese ganzen Ansagen kamen und auch ich selbstverständlich kräftig mitsang und mitklatschte. Sicherlich ist das nur Meckern auf hohem Niveau, aber ich denke, auch so ein Gedanke kann mal gedacht werden. Das Spiel ließ dafür jedenfalls reichlich Gelegenheit, denn als Zuschauer reg ich mich ja mittlerweile nicht mal mehr auf über das, was ich von Blau-Weiß auf dem Rasen geboten kriege.

Faszinierend finde ich auch, dass Block U immer und immer wieder Kraft und Energie aufbringt, sein Ding durchzuziehen. Okay, ich renn auch zu jedem Heimspiel (und, wie gestern geschehen, dem einen oder anderen Auftritt auswärts), aber bei Heimspielen aufstehen, um die „Mannschaft“ applaudierend beim Einlaufen zu begrüßen? Sich gar erheben, wenn so etwas wie eine Torchance droht? Rhythmisch einklatschen bei tornahen Freistößen oder bei Ecken? Och nö, ich nicht mehr.

Vollmachen werde ich die letzten drei noch verbliebenen Heimspiele trotzdem. Warum? Ganz einfach: weil mir im Moment völlig unklar ist, wie oft man im HKS noch Fußball einer ersten Männermannschaft eines Ersten Fussballclubs Magdeburg wird sehen können. Unsere eh nie rosige finanzielle Situation wird sich durch das Pokalaus in Haldensleben (ich hatte es ja schon vermutet) und den durch völlig indiskutable Leistungen im Saisonverlauf hervorgerufenen Zuschauerschwund mit Sicherheit nicht verbessern. Sportlich bessere Zeiten brechen mit dieser Vereinsführung und dieser sportlichen Leitung garantiert auch nicht an. Unfassbare Weltfremdheit und Blauäugigkeit, von der zum Beispiel dieser Beitrag hier zeugt, kommen noch dazu. Alles zusammen ergibt eine sehr gefährliche Mischung, die mich wirklich – kurzfristig – um die neue Saison und – langfristig – diesen meinen Verein bangen lässt.

Außerdem: irgendwann kann ich mal meinen Enkeln erzählen, dass ich in der Saison, in der der erste Eff Zee Emm kein einziges Heimspiel gewann, bei jedem der kläglichen Versuche dabei war. Dass diese Mannschaft in dieser Saison noch ein Spiel zuhause gewinnt, ist nämlich nicht zu erwarten. Und wenn doch, wird es niemanden interessieren.

Und um noch mal auf den Anfang zurückzukommen: die einzigen Gewinner für mich in dieser Saison sind die Jungs vom Block U. Wenigstens sie haben es geschafft, unseren Verein international und positiv in den Blickpunkt zu rücken. Wenn auch nur kurz. Und auch wenn sie dafür eben manchmal eine ganze Kurve in Sippenhaft nehmen.

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