1. FC Magdeburg – SG Sonnenhof Großaspach, 20. Spieltag, 3:0 (3:0)
Wenn das mal nicht ein ordentliches Ausrufezeichen war, mit dem sich der 1. FC Magdeburg gegen die SG Sonnenhof Großaspach in die Winterpause verabschiedet hat! Es sind ja nicht nur die drei Tore und die Ergebnisse auf den anderen Plätzen, die die geneigte Anhängerschaft nun (mindestens) einen guten Monat lang handfest von der 2. Liga träumen lassen – es ist auch die Art und Weise, mit der die Größten der Welt dieses letzte Heimspiel eines sensationellen Jahres bestritten und völlig verdient gewonnen haben. Und auch wenn es selbst beim Aufschreiben noch schlichtweg unglaublich klingt: Mit nunmehr zehn (!!) Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz grüßt der 1. FC Magdeburg am Ende dieser 20. Runde in der Dritten Liga tatsächlich vom ersten Tabellenplatz. Zehn Punkte, das sind drei Siege und ein Unentschieden. Eigentlich sind das Welten. Und noch viel eigentlicher kann sich selbst ein 1. FC Magdeburg, der in seiner Geschichte ja nun schon so einige Dinger verpatzt hat, diese Chance, in die 2. Liga aufzusteigen, nicht mehr nehmen lassen. Darf sich diese Chance nicht mehr nehmen lassen. Was für eine unfassbar gute Ausgangsposition für verbleibenden 18 Partien der Saison.
Für das letzte Pflichtspiel des Jahres 2017 entschied sich Jens Härtel für zwei Wechsel in der Anfangsformation, von denen er einen aufgrund der 5. gelben Karte von Christopher Handke aus dem Spiel gegen Lotte gezwungenermaßen vornehmen musste. Den frei werdenden Platz in der Dreier-Abwehrkette nahm Felix Schiller ein, der damit das erste Mal seit dem 26.08. wieder von Beginn an spielen durfte. In der Mitte verteidigte Richard Weil, links, wie gewohnt, Steffen Schäfer. Dennis Erdmann kehrte in die Anfangsformation zurück und ersetzte Marius Sowislo, der diesmal gar nicht zum Einsatz kam, zusammen mit Björn Rother, Nico Hammann und Nils Butzen bildete ‚Erde‘ das Mittelfeld. Vorn wirbelten die drei späteren Torschützen Michel Niemeyer, Christian Beck und Julius Düker.
Bevor das Spiel richtig Fahrt aufnehmen konnte, war bereits die erste Torchance der Gäste zu verzeichnen – was an dieser Stelle erwähnenswert ist, weil das im Verlauf der gesamten Partie nicht allzu häufig vorkam. Timo Röttger lief in der 2. Minute Richard Weil auf der linken Seite davon und konnte ungehindert in die Mitte flanken, wo Pascal Sohm den Ball direkt nahm und nur knapp neben den rechten Pfosten setzte.
So. Und ab diesem Zeitpunkt spielte dann nur noch der FCM.
Vier Minuten nach dem Anpfiff war es Felix Schiller, der einen hohen Ball nach einer Ecke direkt in die Arme von Großaspachs Keeper Kevin Broll köpfte. Deutlich besser machte es drei Minuten später Michel Niemeyer: Dennis Erdmann hatte aus dem zentralen Mittelfeld Nils Butzen auf dessen rechter Seite bedient, der wiederum einen starken Flachpass auf den im Strafraum fast schon obszön freistehenden Niemeyer spielte. Tja, und der lässt solche Gelegenheiten in dieser Saison eben einfach nicht ungenutzt. Humorlos und trocken nagelte er den Ball aus halbrechter Position in die lange Ecke und stellte so auf 1:0 für seine Farben. Schönes Ding, das für die Gäste insgesamt doch deutlich zu schnell ging und Großaspach erst einmal ordentlich den Zahn zog.
Der Club machte allerdings keine Anstalten, locker zu lassen, und kam bereits in Spielminute 11 zum zweiten Tor. Eine schöne Kombination über die äußerst spielfreudigen Düker und Niemeyer landet links neben dem Pfosten im Toraus; da aber ein Großaspacher Bein dazwischen war, gab es folgerichtig Ecke. Die wurde auf Kosten eines zweiten Eckstoßes geklärt, der diesmal von der rechten Seite in Richtung Großaspacher Strafraum segelte. Dort bekommen die Gäste den Ball nicht geklärt (was im Verlauf der ersten Halbzeit im Übrigen einige Male zu beobachten war), Björn Rother blieb dafür dran und spielte noch einmal hoch in die Mitte. Kevin Broll versucht zu fausten, wird dabei aber von seinem eigenen Mitspieler und Felix Schiller derart irritiert, dass die Rettungsaktion viel zu kurz gerät, der Ball Christian Beck vor die Füße fällt und dieser ihn mit Schmackes zentral ins Tor hämmert. 2:0. Großaspachs Timo Röttger erlebte diese Szene in liegender Position am Rande des Fünfmeterraums, nachdem ihn wohl der Luftzug einer Armbewegung von Richard Weil derart hart im Gesicht traf, dass er vermutlich nie wieder feste Nahrung wird zu sich nehmen können. Tragisch. Hoffen wir das Beste für ihn. Nach einer kurzen Behandlungspause konnte er jedenfalls zumindest erst einmal wieder weiter Fußball spielen.
Die Körpersprache der Gäste nach diesem zweiten Magdeburger Tor sprach derweil Bände: Der Doppelschlag hatte mal richtig gesessen, und während in Großaspach Schultern und Köpfe hingen, spielte Magdeburg einfach weiter fantastischen Fußball. Angriff um Angriff und Kombination um Kombination rollten nun auf das Großaspacher Tor und es war eigentlich nur Kevin Broll im Aspacher Kasten zu verdanken, dass die Partie nicht schon nach 20 Minuten entschieden war. In der 16. Spielminute hatte erneut Michel Niemeyer das 3:0 auf dem Fuß, scheitert dann aber aus spitzem Winkel am glänzend reagierenden Schlussmann. Vorausgegangen war ein großartiger Pass von Düker, der in dieser Phase des Spiels fast schon schlafwandlerisch sicher nicht nur ständig die freien Räume fand, die Großaspach ihm ließ, sondern auch seine Mitspieler immer wieder gut in Szene setzen konnte. Vier Minuten nach Niemeyers Möglichkeit vergab schließlich noch Felix Schiller, dessen Drehschuss direkt in den Armen von Broll landet.
Und Großaspach? Die Gäste wurden in der ersten Hälfte nur noch anderthalb mal gefährlich: In der 24. Minute patzt Nico Hammann im Abwehrverbund und ermöglicht so Daniel Hägele einen Schuss, den dieser aber kläglich vergibt, in Spielminute 38 ist es Röttger, der Jan Glinker im Magdeburger Tor prüft, einen Kopfball nach Freistoß aus dem rechten Halbfeld allerdings direkt in dessen Arme spielt.
Zu diesem Zeitpunkt stand es freilich längst 3:0 für die Größten der Welt und war das Spiel im Wesentlichen entschieden. Gerade, als man nämlich begann, sich nach einer guten halben Stunde auf eher harmloses Mittelfeldgeplänkel einzurichten, schlug es bei Großaspach erneut ein und zeigten die Größten der Welt den vielleicht schönsten Spielzug der Partie. Eine hervorragende Seitenverlagerung von Nico Hammann bringt den Ball zu Nils Butzen auf dem rechten Flügel, der dort seinem Gegenspieler Michael Vitzthum gleich mehrere Knoten in die Beine spielt und anschließend in die Mitte passen kann. Diesmal ist es Julius Düker, der die Hereingabe aus kurzer Distanz und mit dem Außenrist durch die Hosenträger von Kevin Broll verwerten kann – das dritte Stürmertor der Partie vom dritten Offensiven auf dem Platz. Das war insgesamt alles schon sehr, sehr stark, was der 1. FC Magdeburg hier auf den Rasen brachte. Pünktlich und mit einer äußerst komfortablen Führung im Rücken ging es schließlich in die Halbzeitpause.
In der zweiten Hälfte war nun davon auszugehen, dass der Club den Gästen Ball und Raum überlassen und den Drei-Tore-Vorsprung verwalten würde, und so kam es dann auch. Zunächst machte allerdings Timo Röttger in der 51. Minute erst einmal Timo-Röttger-Dinge. Nach einem Zweikampf mit Björn Rother ließ er sich im Sitzen zu einem Kopfstoß in dessen Magengrube hinreißen, sah die fällige rote Karte von Schiedsrichter Weickenmeier allerdings nicht. Möglicherweise hatte Rother die Tätlichkeit aber auch ein bisschen zu dankbar angenommen. Im weiteren Verlauf der Partie fand Großaspachs Nummer 18 dann in Felix Schiller immer wieder einen interessierten Gesprächspartner, der die (auf der Nordtribüne natürlich nicht hörbaren) Expertengespräche irgendwann mit einem schnöden Fingerzeig auf die Anzeigetafel einfach beendete. Herrlich.
Beendet war die Partie nach reichlichen 71 Minuten auch für Joseph-Claude Gyau im Großaspacher Dress, der sich direkt nach einem gelb-würdigen Foul an Schiller dazu entschloss, vor den Augen des Schiedsrichters den Ball wegzuschlagen. Das kann man schon machen, nur ist das natürlich wenig clever und zog dementsprechend auch die gelb-rote Karte nach sich. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass ‚Maschine‘ Schiller da schon reichlich kernig in den Zweikampf geht und Gyau die erste gelbe Karte gar nicht sieht, wenn der Unparteiische Schillers Einsteigen vorher direkt abpfeift.
Aus spielerischer Perspektive passierte in den zweiten 45 Minuten indes nicht mehr so wahnsinnig viel. Der FCM beschränkte sich eben darauf, die komfortable Führung über die Zeit zu bringen, während Großaspach stets bemüht war, sich aber keine wirklich zwingenden Chancen erarbeiten konnte. So ergab sich für Jens Härtel die Gelegenheit, einigen Akteuren Spielzeit zu verschaffen, die zuletzt keine oder nur wenig Einsatzzeit gesehen hatten: Felix Lohkemper kam nach einer guten Stunde für Michel Niemeyer, Florian Pick ersetzte nach 75 Minuten Julius Düker und der mit Unterbrechungen fast zwei Jahre dauerverletzte Andre Hainault bekam in der 82. Minute seinen ersten Drittligaeinsatz seit dem 13.08.2016 (!), als er für Dennis Erdmann den Rasen betrat. Florian Pick und Felix Lohkemper waren es dann auch, die den aus Magdeburger Perspektive letzten spielerischen Glanzpunkt der Partie setzten: Nach einem schönen Solo von Pick (vorausgegangen war ein schicker Hackenpass von Beck auf dem rechten Flügel) bedient dieser die Nummer 7 links an der Strafraumgrenze. Kevin Broll reagiert aber glänzend, macht sich vor Lohkemper groß und verhindert so das 4:0.
Sehr, sehr pünktlich war dann Feierabend und zu „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“-Rufen machte sich die Mannschaft auf zu ihrer letzten Ehrenrunde im Jahr 2017. Vor der Nordtribüne angekommen, ergriff Kapitän Sowislo das Stadionsprecher-Mikro, bedankte sich herzlich für die großartige Unterstützung der Fans, wünschte ein schönes Weihnachtsfest und schwor alle noch einmal auf die Aufgaben ein, die in der ersten Jahreshälfte 2018 auf Mannschaft und Kurve warten. „Die Rückrunde wird anstrengend“ war die Botschaft des Kapitäns, womit er selbstverständlich vollkommen Recht hat. Klar ist allerdings auch: Angesichts der aktuellen Tabellenkonstellation dürfte es schon ausgesprochen schwer fallen, nicht breit grinsend in mindestens fünf Wochen lange Dauerträumereien zu verfallen. Aber hey: Wir sind Fans. Wir dürfen das. In diesem Sinne: Nur noch 18!
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