FC St. Pauli – 1. FC Magdeburg, 18. Spieltag, 4:1 (1:1)
Vereinsgeburtstag, letztes Pflichtspiel des Jahres, ein schönes, streckenweise ordentlich lautes Auswärtsstadion, 2.800 (zunächst) gut aufgelegte Blau-Weiße im Gästeblock, eine richtig starke erste Halbzeit – es war eigentlich alles angerichtet für eine große, blau-weiße Party am Millerntor zum Jahresabschluss. Eigentlich. Denn anstatt sich endlich mal für eine wirklich gute Leistung zu belohnen, gab der 1. FC Magdeburg einmal mehr ein Spiel aus der Hand, das er nicht verlieren muss. Und schon gar nicht mit 1:4. Es ist einfach nicht mehr zu fassen und ganz ehrlich? Irgendwie bin ich froh, dass nun erst einmal Winterpause ist. Doch, diese Niederlage schmerzt schon noch ein bisschen mehr als viele der acht anderen, die wir in der Saison 2018/2019 bisher erleben mussten.
Trainer Michael Oenning nahm anderthalb Veränderungen in der Anfangsformation vor, indem er Romain Brégerie für Steffen Schäfer beginnen ließ und ihn auch direkt zum Abwehrchef machte. Dennis Erdmann rutschte dafür auf die linke Seite, Tobias Müller verteidigte rechts. Ansonsten blieb es bei der Formation aus dem Köln-Spiel: Michel Niemeyer und Marius Bülter beackerten die Außenbahnen links und rechts, in der Zentrale begannen Rico Preißinger und Charles Elie Laprevotte, die offensive Mittelfeldposition besetzte Philip Türpitz, Christian Beck und Felix Lohkemper bildeten die Doppelspitze
Ein Schuss, ein Tor, St. Pauli
Das Spiel begann auf beiden Seiten ziemlich stimmungsvoll, ganz anders noch als in Köln, wo eigentlich nur der Gästeblock überzeugen konnte. Endlich mal ein Stadion, gegen das man tatsächlich ansingen musste – phasenweise konnte man jedenfalls ganz gut erahnen, was es mit diesem legendären Millerntor Roar auf sich haben könnte. Und unten auf dem Rasen? Nun, da gab tatsächlich der 1. FC Magdeburg über weite Strecken des ersten Durchgangs den Ton an. Oder wie es der kicker formulierte: „Am Ende von Abschnitt eins standen 71 Prozent Ballbesitzanteil und 7:2 Torschüsse zu Gunsten des Abstiegsaspiranten zu Buche.“ Ist dann halt bitter, wenn Du als Mannschaft, die wirklich jedes Pünktchen braucht, nichts draus machst. Aber dazu später.
Den ersten Abschluss des Spiels hatte Felix Lohkemper in der 9. Minute, als er plötzlich frei vor Robin Himmelmann auftauchte, allerdings im glänzend reagierenden Hamburger Schlussmann seinen Meister fand. Ansonsten war die Anfangsviertelstunde davon geprägt, dass der Club im Wesentlichen das Spiel machte, ohne entscheidend durchzukommen und St. Pauli sich das erst mal anschaute, ohne wirklich gefährlich zu werden. Ein schnell ausgeführter Freistoß der Hausherren nach 12 Minuten war bis zum 1:0 tatsächlich die einzige erwähnenswerte Szene, in der Alexander Brust im Magdeburger Tor eingreifen musste.
Tja, und dann gab es in Spielminute 17 einen Freistoß für den FC St. Pauli auf der rechten Seite und aus einer Entfernung, die beim geneigten Clubfan durchaus Sorgenfalten hervorrufen durfte. Dennis Erdmann war gegen seinen Gegenspieler zuvor zu spät gekommen und hatte ihn von den Beinen geholt, Marvin Knoll legte sich nun den Ball zurecht – und trat eine perfekte Freistoßflanke, die auf dem Kopf von Bernd Nehrig und von dort aus im Tor landete. Erster Torschuss des Gegners, erstes Tor, alles wie immer. Es durfte einfach nicht wahr sein und war vor allem auch deshalb ärgerlich, weil der Kapitän der Gastgeber am Fünfmeterraum mutterseelenallein zum Abschluss kommen konnte. Tja nun.
Mit Wut im Bauch zurück ins Spiel
Der Treffer hatte erst einmal Wirkung gezeigt, für einen kurzen Moment war vom blau-weißen Anfangsschwung nicht mehr viel übrig. Zugute halten muss man der Mannschaft aber unbedingt, dass sie sich mit diesem erneuten Tiefschlag nicht lange beschäftigte, sondern relativ schnell den eigenen Offensivgeist wiederfand. So dauerte es auch nur fünf Minuten, bis der Ball erneut im Netz zappelte, diesmal allerdings auf der richtigen Seite: Über rechts und Felix Lohkemper geht es im Strafraum bis an die Grundlinie, der Flachpass in die Mitte erreicht Christian Beck. Sein Schuss wird zwar zur Ecke geklärt, diese verwertet dann aber Tobias Müller zum überhaupt nicht unverdienten Ausgleich.
Und zu einem Tor nach einem Standard! Für den 1. FC Magdeburg! In einem Pflichtspiel! Okay, an dem Punkt hätte man eigentlich schon wissen können, dass das wohl zu schön war, um wahr zu sein, und das bestätigte sich dann auch: Auf den Jubel im Gästeblock folgte erst die Ernüchterung und kurz darauf dann große Freude im Heimbereich: Das Schiedsrichtergespann hatte ein Foul von Tobias Müller gesehen und den Treffer wieder zurückgenommen. Natürlich. Was auch sonst.
Diese Entscheidung (die man, wenn man sich die Fernsehbilder ansieht, wohl so treffen kann) reihte sich aus Sicht des Gästeblocks in eine ganze Reihe, nun ja, merkwürdiger Pfiffe des Unparteiischen ein, die Blau-Weiß jetzt nicht unbedingt zugute kamen und dafür sorgten, dass die Emotionen relativ schnell relativ hoch kochten. So zum Beispiel auch in Spielminute 29, in der Tobias Müller im eigenen Strafraum gegen Möller Daehli in den Zweikampf geht, den Ball stark gewinnt, er von Möller Daehli ins Aus gespielt wird und Schiedsrichter Daniel Schlager aber auf Eckball entscheidet. Mal gut, dass diese Fehlentscheidung nicht gleich noch zum zweiten Gegentreffer führte… Dennis Erdmann regte sich über diesen Pfiff übrigens so sehr auf, dass er dafür die gelbe Karte sah.
Gut aber: Der Club versuchte weiter, spielerisch zu antworten, nutzte den Frust also positiv und kam zu weiteren guten Ansätzen, allerdings zu keinem weiteren Torabschluss. Bis der Ball in der 35. Minute dann doch und diesmal wirklich im Tor der Hausherren landete: Ein langer Pass von der rechten Seite findet den Kopf von Christian Beck, der wieder unheimlich viel arbeitete und ein ums andere Mal die Bälle in der Offensive gut weiterverteilte. So auch hier: Seine Kopfballweiterleitung erreicht Michel Niemeyer, der links im Strafraum unheimlich viel Zeit hat und den Ball formvollendet zum diesmal aber wirklich mehr als verdienten Ausgleich über die Linie schiebt.
Und es war ja noch nicht Schluss. Eine Minute nach dem Tor wurde erst einmal Dennis Erdmann vor der Gegengerade saftig abgeräumt (Schiedsrichter Schlager beließ es bei einer Ermahnung) und machte sich im weiteren Verlauf der ersten Hälfte auf eben jener Tribüne jede Menge Freunde. Gellende Pfiffe bei jedem Ballkontakt, die im Gästebereich bei der einen oder dem anderen zu einem fetten Grinsen führten. Erdmann auspfeifen? Klar, kann man machen, ist dann aber so ähnlich, wie Popeye zum All-you-can-eat-Spinatessen einzuladen. Und fast, nur beinahe, hätte Erdmann in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs seinen inneren Vorbeimarsch bekommen: Ein toller Lauf von Marius Bülter bis an die Grundlinie endete nämlich in einer Ecke, die unser „Feinmechaniker“ ziemlich frei knapp über den Kasten köpfte. Schade eigentlich, das hätte sicher eine sehr unterhaltsame Jubelpose gegeben.
Knapp vier Minuten vorher war Philip Türpitz noch mit einem Flachschuss an Himmelmann gescheitert, in der 39. Minute hatte Möller Daehli (ebenfalls nach einer Ecke) die Gelegenheit, auf 2:1 zu erhöhen, scheiterte mit seinem Schuss aus dem Rückraum aber an Alexander Brunst. Weitere Offensiv- oder sonst irgendwelche erwähnenswerten Aktionen gab es in Halbzeit eins nicht mehr, dafür ging es (auch nicht zum ersten Mal) mit einem richtig guten Gefühl in die Halbzeitpause. Dass hier der Tabellenvierte gegen den Vorletzten spielte, war allenfalls an den nicht genutzten Magdeburger Torchancen zu erkennen. Hier musste heute einfach was gehen.
Bescherung für St. Pauli, die Rute für den Club
Die Geschichte der zweiten Halbzeit endet dann eigentlich bereits in der 58. Minute. Bis dahin hatte erneut der Club mehr vom Spiel und war in Person von Felix Lohkemper zur ersten gefährlichen Aktion gekommen. Marius Bülter hatte aus dem rechten Halbfeld eine Flanke auf Christian Beck geschlagen, der den Ball auf den heranrauschenden Lohkemper klatschen ließ. Die Nummer 7 fackelte nicht lange, drosch die Kugel dann aber doch deutlich über den rechten Dreiangel. Macht er den rein, ist das ein Tor-des-Monats-Kandidat. So aber blieb es – vorerst – beim 1:1.
Naja, und dann passiert in der 58. Minute eigentlich nichts weiter, als dass St. Pauli eine Flanke von links ziemlich misslingt und die Magdeburger Defensive den so quasi schon gewonnenen Ball nur irgendwo hin klären oder sauber herausspielen muss (und ja, ich weiß, das schreibt sich immer viel leichter, als es sich auf dem Feld tatsächlich darstellt). Da das aber nicht passiert, bleibt die Kugel gefährlich bzw. kommen die Hausherren ohne großes Zutun erneut in Ballbesitz. Schließlich holt Rico Preißinger Bernd Nehrig von den Beinen, entscheidet Daniel Schlager auf Strafstoß und erzielt Marvin Knoll mit einem platzierten Schuss in die rechte Ecke die erneute Führung für die Hausherren. Tja, und wenn man solche Situationen entstehen lässt, muss man sich auch nicht wirklich wundern, dass man da unten drin steht.
Erneut antwortete der Club aber mit großer Moral und dem festen Willen, hier noch wenigstens einen Punkt mitzunehmen. Im Stile einer Handballmannschaft belagerte man jetzt phasenweise den Strafraum des FC St. Pauli, der nun natürlich tiefer stand, die Räume ordentlich eng machte und so gar nichts zuließ. In der 63. Minute hatte Rico Preißinger dann eine Idee und versuchte, Michel Niemeyer mit einem starken Pass hinter die Abwehrkette einzusetzen. Das klappte nicht ganz, dafür kam nun aber St. Pauli zu einem Konter, den die Mannschaft von Trainer Kauczinski dann halt auch nahezu perfekt ausspielt. Nehrig auf Diamantakos, der auf und davon und zack! steht es 3:1 für die Gastgeber.
Damit war der Drops im Wesentlichen gelutscht, auch wenn die Größten der Welt tapfer weiterspielten und u.a. in Person von Brégerie (72., nach einem Freistoß), Lohkemper (77., nach einem schönen Spielzug über Bülter, Rother und Niemeyer) und Niemeyer (Kopfball, 87., kein Problem für Himmelmann) noch Möglichkeiten hatten, auf 2:3 zu verkürzen. St. Pauli machte das im Endeffekt aber souverän, spielte das Ding jetzt recht entspannt herunter und kam mit einem weiteren Konter in der Nachspielzeit sogar noch zum 4:1. Erneut war es Diamantakos, der den Gegenangriff mit seinem zweiten Tor des Nachmittags abschloss. Geschenkt.
Fazit:
Das war nun also das erste Spiel der Rückrunde, in der man sich eigentlich keine weiteren, unnötigen Punktverluste mehr leisten kann, wenn man die Klasse halten will. Und unnötig war diese Niederlage in Hamburg allemal. Klar, St. Pauli hat das abgezockt und effektiv gemacht, wurde aber zumindest beim 1:0 und 2:1 vom Club auch arg zum Toreschießen eingeladen. Naja, und so wird es dann irgendwann mal richtig eng…
Ich würde das Jahr hier im Blog ja sehr gern sehr viel euphorischer ausklingen lassen, aber es hilft ja nichts, sich etwas vorzumachen. Wir haben von 18 Spielen eins gewonnen, neun verloren und acht unentschieden gespielt. Da war viel Pech dabei, sicher, mitunter fehlt(e) der Mannschaft aber einfach auch die Qualität, das eigene Spiel durchzudrücken oder Führungen mal über die Zeit zu retten. Auch wenn es weh tut: Das Team steht mit seinen elf Punkten wohl nicht ganz zu Unrecht auf dem Tabellenplatz, auf dem es eben steht. Aber: Es hilft ja nichts, zu jammern, davon hat noch keine Fußballmannschaft Punkte geholt. Also werden wir im neuen Jahr wohl das machen, was wir als Magdeburgerinnen und Magdeburger eh immer gemacht haben: Nicht rumheulen, sondern die Ärmel hochkrempeln und anpacken.
Insofern geht es jetzt zwar durchaus nachdenklich, aber auch ein Stück weit kämpferisch-trotzig in die Winterpause. Wie eingangs schon geschrieben, tut eine längere Pause vielleicht gerade ganz gut. Es gilt nun, Kraft zu tanken, mal auf andere Gedanken zu kommen, zu schauen, was sich die sportliche Leitung in Sachen Kaderveränderungen so überlegt hat und dann eben am 29.01. gegen Erzgebirge Aue wieder loszulegen. Mit Wut, mit Wucht, mit Zuversicht – und ganz vielleicht ja auch direkt mit dem ersten Heimsieg der Saison 2018/2019. Am 19. Spieltag. Aber hey: Besser spät als nie.
Hier im Blog geht es aller Voraussicht nach erst mit dem Punktspielauftakt im neuen Jahr weiter, sodass mir an dieser Stelle und abschließend nur noch eins zu sagen bleibt: Vielen, vielen Dank fürs Lesen, Interagieren und Unterstützen in den vergangenen 12 Monaten! Habt schöne Feiertage, eine gute und erholsame Zeit und rutscht gut ins neue Jahr! Und nicht vergessen, auch 2019 gilt natürlich:
Nur der FC Magdeburg!
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