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Strohfeuer

Strohfeuer

MSV Duisburg – 1. FC Magdeburg, 27. Spieltag, 1:0 (1:0)

Es bleibt dabei: Freitagabend und Duisburg, das ist keine gute Kombination für den 1. FC Magdeburg. Wobei: So spielerisch limitiert, so uninspiriert, wie der Club an diesem 27. Spieltag überwiegend auftrat, wäre wohl auch jede andere Drittliga-Mannschaft, wenn sie denn nicht gerade Jena heißt, zu einer größeren Herausforderung für Claus-Dieter Wollitz und sein Team geworden. Diesmal halfen selbst 30 Minuten Überzahl nicht beim Versuch, aus dem Spiel heraus zu einem Torerfolg zu kommen; das klitzekleine Euphorie-Flämmchen, das nach dem Kantersieg in der Vorwoche vorsichtig züngelte, ist vorerst jedenfalls wieder gelöscht. Und das, was die Größten der Welt spielerisch „auf die Platte bringen“, ist und bleibt wirklich schwere Kost.

Die Aufstellung, die Cheftrainer Wollitz für dieses Freitagabendspiel wählte, war durchaus überraschend: Gegenüber der letzten Partie rotierten Rico Preißinger und Timo Perthel aus der Mannschaft, Jürgen Gjasula fehlte ja ohnehin gelbgesperrt. Ersetzt wurden sie durch Charles Elie Laprevotte, Tobias Müller und Dominik Ernst. Gespielt wurde in einer 4-4-2-Grundordnung mit Behrens im Tor, Bell Bell, Müller, Koglin und Ernst in der Viererkette, Jacobsen und Laprevotte davor, Chahed und Costly auf den Außenbahnen und Beck sowie Bertram im Sturm. Größere Rotation also, sowohl taktisch als auch personell, was man gut feiern kann, wenn es funktioniert. Dumm nur, dass es in der Partie gegen den Tabellenführer nicht so wahnsinnig viel zu feiern gab.

Gegentor mit Ansage

Die Partie begann mit einem schicken Duisburger Angriff in der 3. Minute, an dessen Ende Laprevotte den Ball in der Mitte klären konnte. Danach passierte erst einmal wenig, die Begegnung spielte sich überwiegend im Mittelfeld ab. Immerhin: Der Club wartete nicht nur auf das, was die Hausherren so anbieten würden, sondern versuchte selbst – wenn auch mit leidlichem Erfolg – irgendwie vor das Tor zu kommen. In Minute 15 dann der erste kleine Ertrag: Im Mittelfeld legt Christian Beck den Ball zunächst raus auf Dominik Ernst, orientiert sich direkt nach vorn und wird dann im Strafraum postwendend wieder angespielt. Der erste blau-weiße Abschluss führt zur ersten Ecke, die Sören Bertram tritt – und die in den Armen von Leo Weinkauf im Duisburger Tor landet.

Es sollte dann bis zur 26. Minute dauern, eher wieder ein Torabschluss zu bewundern war, und der brachte direkt die Führung für die Gastgeber: Im Mittelfeld bedient, marschierte Yassin Ben Balla (mit diesem Namen müsste der Mann eigentlich Offensivspieler sein) über den halben Platz, wobei er von Dominik Ernst aufmerksam, aber mit ordentlichem Sicherheitsabstand beobachtet wurde. Aus gut 20 Metern schlenzte Ben Balla die Kugel schließlich ins Tor – erster Abschluss, erster Treffer, 1:0 für Duisburg.

Die Antwort des Clubs? Nun, man machte zunächst einfach da weiter, wo man vor dem Gegentreffer aufgehört hatte, mit zaghaften Angriffsbemühungen, aber wenig breiter Brust, viel Sicherheitsfußball und wenig zündenden Idee nämlich. Allerdings waren es die Duisburger, die nach einer guten halben Stunde die Gelegenheit bekamen, auf 2:0 zu stellen. Stoppelkamp wird der Ball hinter der Abwehrkette serviert, sein Abschluss aber noch vor der Linie geklärt, bevor es einschlagen kann.

Der FCM näherte sich dem Duisburger Kasten in Durchgang 1 noch dreimal, die Spielkontrolle lag nach dem Führungstreffer allerdings deutlich beim MSV. Nach 36 Minuten und einem Foul an Dominik Ernst segelt Christian Beck am Fünfmeterraum knapp am gut getretenen Freistoß vorbei. Kurz vor der Halbzeitpause kombiniert sich Marcel Costly zusammen mit seinem Kapitän in den Duisburger Strafraum, donnert den Ball dann aber mit vollem Risiko deutlich über den Kasten. Die beste Chance für den Club in der ersten Halbzeit vergibt allerdings Dominik Ernst nach 42 Minuten, als er eine Costly-Flanke von links auf den langen Pfosten mit der Brust mitnimmt, den Ball allerdings nicht über die Linie drücken kann. Stattdessen fährt Keeper Weinkauf die Pranke aus und klärt zur Ecke.

Insgesamt war das bis zum Pausentee ein eher zähes Ding mit wenigen Highlights, was allerdings für beide Seiten galt. Nicht unerwähnt bleiben soll in jedem Fall aber die Spruchband-Kaskade, die in der Duisburger Kurve präsentiert wurde. Mit Witz, Zuspitzung und ein paar schönen Einfällen äußerte man sich dort im Prinzip laufend zur Causa Hopp und brachte eine Tapete nach der anderen, ohne, dass es eine Stadiondurchsage oder eine Spielunterbrechung gab. Schöne Sache und Daumen hoch an die fleißigen Tapetenbastler*innen, die unter der Woche vermutlich wenig anderes taten, als Spruchbänder vorzubereiten.

Rat- und hilflos gegen 10

Zu Beginn der zweiten Halbzeit nahm Claus-Dieter Wollitz eine Änderung vor und brachte Sirlord Conteh für den diesmal recht blassen Sören Bertram. Die Grundordnung blieb dabei die gleiche; im 4-4-2, in dem der FCM in Halbzeit 1 kaum mal wirklich Zugriff im Mittelfeld bekam, ging es also in den zweiten Durchgang.

Der präsentierte den 12.239 Zuschauer*innen im Stadion zunächst einen durchaus engagierten Club, der sich gleich in der 48. Minute eine Abschlusschance erarbeitete. Beck leitete einen hohen Ball im Strafraum per Kopf auf Conteh weiter, der auf Chahed durchsteckte. Letzterer probierte es mal, zielte allerdings knapp rechts am Tor vorbei. Danach gab es wieder das alte Bild: Die Größten der Welt zwar bemüht, aber ohne jegliche Durchschlagskraft, der MSV hinten stabil und vorne würde sich schon irgendwann irgendwas ergeben. Das war schon interessant zu beobachten: Duisburg ließ den Club etwa zehn Minuten einfach mal machen und schaffte es dann, mit einer einzigen guten Mittelfeldaktion direkt wieder den Schalter umzulegen und die Kontrolle zu übernehmen. Das ist dann wohl dieser Qualitätsunterschied, von dem hier und da immer mal zu lesen ist.

Bevor sich der MSV aber wieder im Offensivmodus einfinden konnte, nahm das Spiel eine unerwartete und ziemlich unschöne Wendung: Nach ziemlich genau einer Stunde ging Dominik Ernst auf der rechten Seite ins Dribbling, lief Ahmet Engin davon und wurde von selbigem ohne jegliche Chance auf den Ball von hinten mustergültig umgetreten. Vom Gästeblock aus war nur zu sehen, wie Ernst fällt und dann nicht wieder aufsteht, die Fernsehbilder belegen später ein wirklich übles Foul, das unserem Außenverteidiger nach erster Diagnose wohl einen Knöchelbruch bescherte. Schiedsrichter Badstübner zückte glatt rot, kurz darauf musste Ernst vom Platz getragen werden. Gute Besserung an der Stelle!

Patrick Möschl kam nun ins Spiel und orientierte sich nach vorn; Tarek Chahed nahm dafür den Platz von Ernst hinten in der Viererkette ein. Der Club also mit einem Tor im Rückstand, aber für eine halbe Stunde mit einem Mann mehr und einer zusätzlichen Offensivkraft auf dem Feld, was zumindest auf dem Papier nach guten Voraussetzungen aussah, dem Spiel ergebnistechnisch noch mal eine andere Wendung zu geben. Was der FCM allerdings daraus machte, war relativ ernüchternd.

Bis zur 77. Minute hatte es zwar eine Handvoll Ecken und Freistöße gegeben, wirklich gefährlich wurde für Duisburgs Keeper Weinkauf aber nichts. Aus dem Spiel heraus hatte Christian Beck in der 69. Minute mal eine Costly-Hereingabe direkt zu verwerten versucht, den strammen Schuss aber nicht auf den Kasten gebracht. Gut auf den Punkt brachte das ganze Offensivdilemma der zuletzt auffällige Sirlord Conteh nach 79 Minuten: Von Möschl auf der linken Bahn gut eingesetzt, dribbelt er stark bis in den Strafraum, ist in einer guten Abschlussposition – macht bis dahin wirklich alles richtig – und legt dann ohne Not noch mal in die Mitte (und das dortige Nichts), anstatt einfach mal aufs Tor zu schießen. Es war zum Heulen.

Den zweiten Torschuss in Überzahl brachte schließlich Möschl nach etwa 80 Minuten (!) an, kurz darauf hatte Charles Elie Laprevotte Feierabend und wurde durch Philipp Harant ersetzt. Je nachdem, wie viel Wohlwollen man dem Club noch entgegenbringen wollte, ließ sich dieser Wechsel ganz unterschiedlich interpretieren. Da sich Harant direkt offensiv orientierte, war die Idee sicher, in der Schlussphase noch einen großen Spieler in den Strafraum zu bringen, der ja durchaus auch Angreiferqualitäten hat und, mit langen Bällen gefüttert, vielleicht noch mal für etwas Gefahr sorgen kann. Einen als Innenverteidiger geführten 21Jährigen mit 20 Minuten Drittliga-Erfahrung in dieser Phase einfach mal vorn reinzuwerfen, erkennt allerdings eben auch an, dass die Mannschaft spielerisch an diesem Abend nicht in der Lage war, den Tabellenführer in Überzahl unter adäquaten Druck zu setzen.

Harant hatte dann auch ein paar Strafraumszenen, Zählbares sprang allerdings nicht mehr heraus. Und so blieb es beim 0:1, das den geneigten Clubfan im Gästeblock doch einigermaßen ratlos zurückließ.

Fazit:

Wer (wie ich) hoffte, dass das Jena-Spiel vielleicht eine kleine Trendwende einleiten könnte, dürfte nach diesem Auftritt doch eher frustriert und sorgenvoll nach Hause gefahren sein. Von gestiegenem Selbstvertrauen und einem besseren spielerischen Selbstverständnis war wenig zu sehen. Außerdem muss die Frage erlaubt sein, warum Claus-Dieter Wollitz eine Mannschaft, die es im letzten Spiel ganz gut gemacht hat, ohne (erkennbare) Not wieder auf mehreren Positionen veränderte und ihr dazu noch eine andere Grundordnung verpasste. Klar, wenn das funktioniert, war es ein genialer Schachzug, so aber bleibt der Eindruck einer gewissen Ratlosigkeit, die für die kommenden Aufgaben nicht eben Mut macht. Ein klarer Plan sieht jedenfalls anders aus und das ist ziemlich bedenklich.

War Jena also nur ein Strohfeuer? Kann es die Mannschaft tatsächlich nicht besser? Und wo wird das noch hinführen, wenn man die Nicht-Entwicklung seit der Winterpause konsequent zu Ende denkt? Fragen über Fragen, die sich wohl erst in den kommenden Wochen werden beantworten lassen. Es gab an der Elbe definitiv schon bessere Tage. Oder um es dem Zeitgeist entsprechend auszudrücken und es mit einem großartigen Doppelhalter nebst Spruchbrand im Gästeblock zu sagen:

„Abstiegsgespenst, Du bist ein Hurensohn!“

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