SV Darmstadt 98 – 1. FC Magdeburg, 12. Spieltag, 3:1 (1:0)
Es gibt momentan ja durchaus angenehmere Aufgaben, als Texte über die Spiele des 1. FC Magdeburg zu schreiben. Warum? Weil das Schema in etwa immer das gleiche ist: Die Mannschaft ist stets bemüht, haut sich rein, zeigt großartige Moral – und kassiert viel zu leichte Gegentore, was in Kombination mit einer reichlich harmlosen Offensive dann eben zu Niederlagen führt. Die beim SV Darmstadt 98 war die dritte in Serie, immerhin gelang aber ein eigener Treffer. Angesichts des eher mäßigen Niveaus von Spiel und Gegner stellt sich in schlechten Momenten allerdings die Frage: Gegen wen wollen wir in dieser Liga eigentlich gewinnen? Und wo soll man auf dieser Grundlage einen Spielbericht anfangen? Vielleicht ja mal bei den Dingen, die schön waren: Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und das großartige Stadion am Böllenfalltor kam als fußballromantischer Sehnsuchtsort daher, Flutlichtmasten, Waldweg zum Gästeblock und unüberdachte, reine Stehplatz-Gegengerade inklusive. Schade nur, dass das wohl nicht mehr lange so sein wird.
Auf eben jener Gegengerade präsentierten die Heimfans vor Spielbeginn eine große Blockfahne; im Gästebereich wurden indes zwei Tapeten mit der Aufschrift „Harte Arbeit wird belohnt. Trainer und Team, wir glauben an Euch“ gezeigt. Ein schönes, wichtiges und richtiges Zeichen an die Truppe (wie übrigens auch die „Jens Härtel!“-Sprechchöre nach dem Spiel, wenngleich ich zugeben muss, dass es mir kurz nach Abpfiff schwer fiel, da mit einzustimmen.). Jetzt galt es „nur noch“, die harte Arbeit auf den Platz zu bringen und dort auch endlich in Punkte umzumünzen.
Mit diesem Ziel schickte Jens Härtel die folgenden Akteure in der 4-2-3-1-Grundordnung in die Partie: Alexander Brunst hütete das Tor, vor ihm in der Viererkette agierten von links nach rechts Tobias Müller, Nico Hammann, Christopher Handke und Nils Butzen. Dass Müller außen und Hammann innen in der Viererkette spielten, dürfte vor allem als Maßnahme gegen den schnellen Marcel Heller auf Darmstadts rechter Außenbahn zu deuten gewesen sein. Das zentrale Magdeburger Mittelfeld besetzten Dennis Erdmann und Björn Rother, davor spielten Marius Bülter links, Philip Türpitz zentral und Marcel Costly rechts. Christian Beck gab den Mittelstürmer.
Same shit, different game
Der FCM zeigte im ersten Durchgang, oder besser: in den ersten 35-40 Minuten ein zwar nicht überragend gutes, aber immerhin ein solides Auswärtsspiel. Gleich in der 3. Minute versuchte es Philip Türpitz nach einem Einwurf direkt, konnte den Ball aber nicht aufs Tor bringen. Überhaupt hatte man in der Anfangsphase mehr Ballaktionen, versuchte es häufiger über links, kam aber eben nicht in zwingende Abschlussaktionen. Darmstadt tat sich offensiv ebenfalls schwer und kam mit einem Konter in der 10. Minute erstmals vor das Magdeburger Tor. Alexander Brunst war aber zur Stelle und griff ein, bevor es wirklich gefährlich werden konnte.
In der 13. Minute sah dann Fabian Holland die gelbe Karte für ein Foul an Marcel Costly, der zunächst mit ordentlich Schmerzen liegen blieb, glücklicherweise aber weitermachen konnte. Den fälligen Freistoß von der rechten Seite brachte Nico Hammann in Richtung Tor, wo Daniel Heuer Fernandes nur mit der Faust klären konnte, damit aber einen Darmstädter Konter einleitete. Über die rechte Darmstädter Offensivseite marschierte Heller in Richtung Grundlinie und zwang wiederum Brunst zum Eingreifen, dessen Abwehrversuch schließlich von der Magdeburger Defensive endgültig geklärt wurde. So ein bisschen war das auch das Grundmuster der ersten etwa 25 Minuten: Darmstadt überließ dem Club zunächst den Spielaufbau und versuchte es dann mit Kontern über die Außen. Bei unseren ausbaufähigen Offensivabläufen und einer Passquote von 58% (!) sicher ein vollkommen probates Mittel.
In der 21. Minute dann erst einmal der letzte, ansatzweise verheißungsvolle Angriffsversuch des Clubs: Dennis Erdmann konnte im Zuge eines Konters in den Darmstädter Strafraum eindringen, zögerte dort aber vielleicht einen Ticken zu lange mit dem Abschluss und legte schließlich auf Marius Bülter zurück. Der setzte den Ball dann über den Kasten. Schade eigentlich, in dieser Szene war insgesamt mehr drin. Trotzdem galt bis hierher, dass man der Mannschaft eigentlich kaum einen Vorwurf machen konnte. Darmstadt blieb überwiegend ungefährlich und das einzige, was fehlte, waren klare, eigene Offensivaktionen. Wie allerdings viel zu häufig in dieser Saison.
Nach gut 25 Minuten wurden dann auch die Hausherren auffälliger: Zunächst führte ein eher glücklicher Ballgewinn vor dem Strafraum zu einem Abschlussversuch, drei Minuten später sahen die insgesamt 15.410 Zuschauer am Böllenfalltor die bis dato beste Szene der Gastgeber: Über links kommend, ging es an der Grundlinie bis in den Strafraum; wieder war es Alexander Brunst, der eingreifen musste, den Ball allerdings nur prallen lassen konnte. Da glücklicherweise aber niemand da war, der hätte abstauben können, blieb es auch in dieser Szene zunächst beim 0:0.
Wie oben schon angedeutet, übernahm der SV Darmstadt 98 nach ca. 35 Minuten mehr und mehr die Initiative und damit auch größere Teile des Ballbesitzes. Der Club trat nun offensiv eigentlich nur noch durch Standards in Erscheinung, von denen aber tatsächlich keiner eine extra Erwähnung wert ist. Und das ist natürlich auch ein mittelgroßes Problem: Wenn es spielerisch schon nicht passt, dann sollten doch wenigstens Freistöße und Ecken für Torgefahr sorgen. Was der Club allerdings derzeit aus ruhenden Bällen macht, ist ähnlich harmlos wie die offensiven Abläufe. Naja, und dann wird es eben schwierig mit dem Toreschießen…
Besser machte es in dieser Hinsicht in der 43. Minute der SV Darmstadt 98: Joevin Jones setzt sich auf links stark gegen Nils Butzen durch und flankt scharf ins Zentrum. Dort war Serdar Dursun einfach durchgelaufen, hatte sich dann im Rücken von Christopher Handke davongestohlen, wird auch von Tobias Müller nicht mehr entscheidend gestört und kann relativ entspannt einschieben. Schon krass, wie einfach das war. Same shit, different game. Man nimmt es halt so zur Kenntnis.
Viel passierte dann nicht mehr in Halbzeit 1 und so ging es mit dem 0:1-Rückstand in die Kabine. Die gegenseitigen, kurzen Aufmunterungen in der Kurve, verbunden mit den Erinnerungen an die Comebacks in Paderborn und gegen Dresden, wirkten da fast schon wie Galgenhumor. Denn zur Wahrheit einer ersten Hälfte, in der der Club bemüht und zunächst durchaus auch mutig zu Werke ging, gehört eben auch, dass kein Ball auch wirklich auf das von Daniel Heuer Fernandes gehütete Tor kam. Tja nun.
Bülter bringt Hoffnung, Sulu die Entscheidung
Durchgang 2 begann dann eigentlich genauso wie die erste Hälfte: Die Gäste bemüht, die Gastgeber abwartend. Völlig verständlich auch mit der Führung im Rücken. Nach 46 Minuten versuchte es Philip Türpitz gleich mal aus der 3. oder 4. Reihe, weil Heuer Fernandes recht weit vor seinem Kasten stand. Der Keeper war aber rechtzeitig zurück und konnte den Ball problemlos fangen. Direkt im Gegenzug gibt es erst einen Darmstädter Freistoß im Mittelfeld, den Christian Beck und Tobias Müller kollektiv (und irgendwie auch ohne Not) zur Ecke klären. Die kommt gut und, von der Defensive weitgehend unbeachtet, auf den Kopf von Darmstadts Kapitän Aytac Sulu, der den Ball nur knapp über den Kasten köpfte. Meine Güte. Der war da schon sehr, sehr frei…
Das Herausspielen aus der Abwehr gestaltete sich im weiteren Verlauf für die Größten der Welt erneut einigermaßen schwierig; in der 52. Minute konnte allerdings Dennis Erdmann auf Philip Türpitz durchstecken, der mit etwas Platz vor dem Strafraum auch an den Ball kommt, dann aber zu weit nach links abgedrängt wird und nur noch in die Mitte spielen kann. Dort war Marcel Costly zwar eingelaufen, konnte den Ball dann aber nicht mehr erreichen. Ärgerlich.
Naja, und dann steht es nach 60 Minuten eben 2:0 für die Hausherren und fällt wieder ein Tor, das so eigentlich nicht fallen darf. Die Situation vor dem Gästeblock und am eigenen Strafraum ist mit einem scharfen Pass von Marius Bülter auf Philip Türpitz im Prinzip schon geklärt. Türpitz verliert aber den Ball gegen Sloboban Medojevic und setzt nicht noch einmal energisch genug nach, wobei Medojevic das dribbelnderweis‘ aber auch stark macht. Nach einem Tänzchen mit Müller und wieder Türpitz kann Darmstadts Nummer 5 tatsächlich noch in die Mitte flanken, wo Nico Hammann den Ball noch leicht abfälscht und sich das Spielgerät dann hinter Alexander Brunst in die Maschen senkt.
Kurz darauf ist der FCM dann nur noch zu zehnt – ein Allerweltsfoul (wenn überhaupt) von Dennis Erdmann wird durch Schiedsrichter Benjamin Cortus mit einer gelben Karte bedacht und da es schon Erdmanns zweite war, hieß es folgerichtig „gelb/rot“. An der Stelle war das Spiel emotional eigentlich durch: Zwei Tore Rückstand, ein Mann weniger, was sollte da noch groß passieren?
Die Antwort: Marius Bülter sollte passieren und an der Stelle sei die Frage erlaubt, wie es eigentlich aussehen würde, wenn dieser Zugang aus der 4. Liga nicht so eingeschlagen hätte, wie er es derzeit tut. Inzwischen hieß es wieder 10 gegen 10, weil sich auch Fabian Holland (der mit dem Foul an Marcel Costly in Durchgang 1) seine zweite Gelbe abgeholt hatte und vorzeitig duschen gehen durfte. Außerdem waren Felix Lohkemper für Costly und Aleksandar Ignjovski für Philip Türpitz (66.) in die Partie gekommen. Bülter jedenfalls geht in Spielminute 71 etwa 20, 25 Meter vor dem Tor ins Dribbling, nimmt die halbe Darmstädter Defensive mit aufs Karussell und verwandelt mit einem schönen Schlenzer in die linke Ecke. Kein kollektiv herausgespieltes Tor, aber eine grandiose Einzelleistung, und plötzlich wieder Hoffnung im Block: Würde hier vielleicht doch noch was gehen?
Auch hier wieder die klare Antwort: Nö. Zwar kam für Christopher Handke noch Michel Niemeyer in die Partie und brachte Jens Härtel damit so etwas wie dosierte Offensive, die Entscheidung oblag in Spielminute 81 allerdings den Hausherren. Und die zeigten gleich mal, was Standards für eine Waffe sein können: Freistoß von links, Sulu mutterseelenallein im Pulk und per Kopfballaufsetzer ins Tor. War. Das. Einfach. Und wenn man Tore so herschenkt, muss man sich am Ende über nichts mehr wundern.
Hier war jetzt jedenfalls der Deckel drauf und änderten auch zwei vielversprechende Abschlussmöglichkeiten von Lohkemper (88.) und Rother (in der Nachspielzeit) nichts mehr an Ergebnis und Spielausgang. Der Club, wie gesagt, mit der 3. Niederlage in Folge und Darmstadt am Ende mit dem verdienten Dreier, weil die Hausherren ihre Chancen eben einfach genutzt haben. Drei Schüsse aufs Tor, drei Treffer, effektiver geht es nicht. Wobei böse Zungen jetzt natürlich behaupten könnten, dass der FCM mit seinen Bällen aufs Tor auch äußerst effektiv war. Es gab halt nur einen und der war direkt drin…
Fazit:
12 Spiele, ein Sieg, sechs Unentschieden, fünf Niederlagen, drei davon direkt hintereinander. Was soll man da noch groß sagen? Es bleibt halt dabei: Es ist derzeit zu einfach, gegen uns Tore zu erzielen, während wir uns unheimlich schwertun, selbst zu guten Abschlüssen zu kommen. So wird es ganz schwer im Kampf um den Klassenerhalt, auch wenn die Tabelle im Moment noch die trügerische Sicherheit eines Nichtabstiegsplatzes vermittelt. Aber machen wir uns nichts vor: Nur stets bemüht zu sein, großen Einsatz zu zeigen und zu versuchen, mit viel Moral Rückstände wettzumachen, wird auf Dauer nicht reichen. Das weiß auch Jens Härtel, dem natürlich völlig klar ist, dass nur gute Ergebnisse die aufkommenden Diskussionen, auch um seine Person, werden beenden können. Sechs Spiele sind es jetzt noch bis zur Winterpause und mit so Mannschaften wie Fürth, Union Berlin und dem 1. FC Köln werden die Aufgaben bis Weihnachten mit Sicherheit nicht einfacher.
Mit viel Ratlosigkeit geht es nun also erst einmal in die neue Woche und es bleibt einfach zu hoffen, dass gegen Regensburg endlich der erste Heimsieg gelingt. Wie auch immer. Denn sonst, auch da muss man kein Prophet sein, werden wohl auch in Magdeburg irgendwann mal die so genannten Mechanismen des Profifußballs greifen.
In diesem Sinne: Unter der Woche gut arbeiten, gegen Regensburg wieder alles reinhauen und dann schauen wir alle gemeinsam mal, was am Sonntag im Heinz-Krügel-Stadion passiert. Einmal – immer eben. In guten wie in nicht so guten Zeiten.
5 Kommentare