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Sorgenfalten

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1. FSV Mainz 05 II – 1. FC Magdeburg, 6. Spieltag, 1:0 (0:0)

Wenn der Tabellenletzte gegen die Nummer 17 im Klassement spielt, kann man wohl auch an einem 6. Spieltag schon von einem Kellerduell sprechen. Und wenn der Auftritt – und vor allem das Ergebnis – dieses Duells für den 1. FC Magdeburg so etwas wie ein Fingerzeig waren, wird man sich an den Begriff „Kellerduell“ in dieser Saison im Zusammenhang mit Spielen des Clubs wohl gewöhnen müssen. Nach einer wirklich guten ersten und einer phasenweise schlimmen zweiten Hälfte, in der den Größten der Welt trotz Rückstandes lediglich zwei mehr (Razeek) oder weniger (Müller) gefährliche Torschüsse gelangen, unterlag man den Gastgebern mit 1:0 und musste eigentlich froh sein, nicht noch das eine oder andere weitere Tor kassiert zu haben. Während die jungen Mainzer sich nun über ihren ersten Saisonsieg freuen, steht der 1. FC Magdeburg mit 4 Niederlagen aus 6 Spielen erst einmal unter dem Strich – und muss am nächsten Spieltag zum Tabellenvorletzten nach Münster.

Dabei war die Vorfreude auf das Bruchwegstadion in den ganzen letzten Tagen eigentlich recht groß. Hier hatten wir unseren ersten Auswärtspunkt im Profifußball geholt und nach dem vermeintlichen kleinen Schritt in die richtige Richtung in der Vorwoche in Zwickau würde doch jetzt wohl gegen den Mainzer Nachwuchs der erste Auswärtsdreier der Saison aufs Punktekonto wandern können. Wenn nicht gegen eine extrem junge Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz, wann dann? Nun, auf dem Weg zum Stadion konnte ja noch keiner ahnen, dass sich diese Frage frühestens in einer Woche in Münster zufriedenstellend beantworten lassen wird…

Am Stadion angekommen, durfte man sich erst einmal den üblichen Sicherheitskontrollen unterziehen, denen diesmal unter anderem ein bis auf ein T-Shirt leerer Stoffbeutel (!) zum Opfer fiel, der neben dem Einlass abgegeben werden musste. Schon gefährlich, die Dinger, muss man verstehen. Nach einem kurzen Interview mit Portmonee-Kontrolle (!!) und der Frage, ob man denn irgendwelche verbotenen Gegenstände mit sich führen würde (was erwartet man da eigentlich für eine Antwort? „Klar! Meine Aufkleber habe ich in der linken, das Klappmesser in der rechten Arschtasche und die Pyrotechnik ist da, wo die Sonne nicht scheint!“?), ging es mit einem kurzen Zwischenstopp am Getränkestand zunächst ab in den Stehplatzbereich, der bei ansonsten brütender Hitze glücklicherweise zunächst noch im Schatten lag.

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Unten auf dem Rasen in der prallen Sonne machten sich derweil die Spieler warm, Jens Härtel schickte die gleiche Mannschaft in die Partie, die den Größten der Welt schon in Zwickau den Punkt sicherte. Vor Torhüter Jan Glinker spielten also Moritz Sprenger links, Christopher Handke und Felix Schiller in der Innenverteidigung, rechts der abermals richtig starke Nils Butzen. Vor der Abwehr agierten Niklas Brandt und Marius Sowislo im 4-2-3-1, die offensiven Mittelfeldpositionen besetzten der agile Tobias Schwede links, Gerrit Müller zentral und Manuel Farrona Pulido rechts. Christian Beck spielte wenig überraschend im Sturmzentrum. Und der Club legte vom Anpfiff weg gleich richtig gut los – bereits nach 3 Minuten kommt Marius Sowislo nach einem Handke-Einwurf im Fünfmeterraum an den Ball, kann ihn aus schwieriger Position allerdings nicht im Tor unterbringen. Im Vorwärtsgang ging es direkt weiter, und auch wenn die Mainzer U23 mit zwei schönen Kontern nach etwa einer Viertelstunde zweimal aussichtsreich in der Magdeburger Hälfte auftauchte, war es die Mannschaft in blau, die das Spiel fast vollständig kontrollieren konnte.

Und in der 20. Minute eigentlich in Führung gehen muss. Christian Beck kommt über die rechte Seite und legt scharf in den Strafraum zum völlig frei einlaufenden Manuel Farrona Pulido, der aber verpasst die gut gespielte Hereingabe um die berühmten paar Zentimener. Überhaupt war es in Durchgang 1 einige Male knapp, kamen dann aber Zuspiele eben das kleine bisschen zu ungenau, fehlte vielleicht der letzte Schritt oder die Millisekunde im Antritt und kam man dann eben im entscheidenden Moment den Ticken zu spät. Von Mainz war jedenfalls offensiv nur relativ wenig zu sehen und es hätte sich wohl auch niemand verwundert die Augen gerieben, wären die Größten der Welt (z.B. durch ein Tor von Christian Beck in der 37. Minute nach einem Freistoß aus dem Halbfeld) mit einer Führung in die Pause gegangen. Stattdessen jubelten die Gastgeber: Mit dem zweiten wirklich ernst zu nehmenden Abschluss (den ersten gab es nach knapp 40 Minuten und einem haarsträubenden Ballverlust von Niklas Brandt am eigenen 16er) geht Mainz in Führung: Man setzt sich auf der rechten Seite energisch durch, kann scharf in den Strafraum flanken und findet den Kopf von Aaron Seydel, der sich dann eben auch nicht zweimal bitten lässt.

Dann war erst einmal Pause und so richtig wusste man gar nicht, was man mit diesem Zwischenstand nun eigentlich anfangen sollte. Immerhin konnte man zu dem Zeitpunkt wenigstens noch darauf hoffen, dass man einfach an die starken ersten 44 Minuten vor dem Gegentor anknüpfen und das Ding dann schon irgendwie noch drehen würde. Vorher war aber zunächst ein wenig Bewegung angesagt und rückte der gesamte Stehplatzbereich eine Etage nach oben unters Dach. Einerseits, um der Sonne zu entgehen, die inzwischen in den Block schien, andererseits wohl auch, um mit den insgesamt knapp 700 Clubfans einen kompakteren Block zu bilden und es unter der Wellblechbedachung des Bruchwegstadions im zweiten Durchgang noch einmal ordentlich scheppern zu lassen.

Die neue Position ziemlich weit oben war Fluch und Segen gleichzeitig: Man hatte beste Sicht, war nun aber geneigt, sich noch stärker auf das Spiel zu konzentrieren, was phasenweise zu Lasten des Supports ging. Außerdem konnte man aus der Vogelperspektive nun Aspekte im Spiel der Blau-Weißen entdecken, die man aus den üblichen Positionen hinter dem Tor oder eben von der Seite kaum wahrnehmen kann – und vielleicht auch nie sehen wollte. Auffällig war zu Beginn der Halbzeit zunächst, dass vieles im Spielaufbau viel zu langsam vonstatten ging, sodass die jungen Mainzer immer wieder Gelegenheit hatten, die defensiven Reihen zu schließen und die Angriffe des Clubs dann einigermaßen entspannt zu verteidigen. Außer in Minute 63, als der kurz vorher eingewechselte Waseem Razeek frei vor Keeper Müller auftaucht, voll abzieht und den jungen Mainzer Torhüter zu einem sensationellen Reflex zwingt. Oder wenige Minuten später, als es Gerrit Müller stark aus der zweiten Reihe versucht, den Ball aber nicht auf den Kasten bringt, sondern ihn knapp drüber setzt.

Ansonsten kam offensiv vom 1. FC Magdeburg in der zweiten Hälfte viel zu wenig Zwingendes und hatte zumindest ich zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass die Mannschaft den Rückstand mit aller Macht noch würde drehen wollen. Oder können. Und ich bin nicht so richtig sicher, was schlimmer ist. Auffällig war auch, dass Mainz nun (verständlicherweise) überwiegend mit 11 Leuten hinter dem Ball agierte und es beim Club offenbar keine richtige Idee gab, wie man mit der Situation umgehen soll. Ebenfalls auffällig war, dass die Impulse, die Jens Härtel von der Bank brachte, allesamt nahezu verpufften, sieht man von Razeeks Chance in der 63. Minute einmal ab. Maurice Exslager (kam für Moritz Sprenger) fand als Offensivkraft kaum statt, Sebastian Ernst (für Gerrit Müller) merkte man die fehlende Spielpraxis deutlich an. Unklar auch, was eigentlich für eine Idee hinter der Herausnahme von Tobias Schwede steckte; zusammen mit Nils Butzen und Gerrit Müller war er einer der stärksten Magdeburger auf dem Platz.

Das Kuriose ist: Den Vorwurf, nach dem Rückstand nicht konsequent nach vorn gespielt zu haben, kann man der Mannschaft nicht mal machen. Nur fehlten halt in diesem Spiel einfach sowohl der Schlüssel als auch die Ideen und die Präzision, die tief stehenden und leidenschaftlich verteidigenden Mainzer zu knacken. Und hätte Jan Glinker in Minute 75 nicht so glänzend reagiert und ein Mainzer Abschluss kurz vor Abpfiff (nach einem Abschlag vom Torwart und einem einfachen Querpass) nicht nur das Außennetz getroffen, wäre es bis zum Schluss nicht einmal mehr spannend gewesen. Kurzum: In Halbzeit 2 gab es, auch wenn Jens Härtel das in der Pressekonferenz nach dem Spiel anders sah, eigentlich kaum etwas, das für die kommenden Aufgaben wirklich positiv stimmen könnte. Was wohl auch ein größerer Teil der anwesenden Clubfans so sah und recht unmittelbar nach dem Abpfiff den Block verließ, ohne abzuwarten, ob das Team wohl noch mal an den Zaun kommen würde.

Unter dem Strich steht also eine ziemlich ernüchternde und sorgenvoll stimmende Auswärtsfahrt, an deren Ende es eigentlich kein Vertun geben kann: Niederlagen haben wir jetzt erst einmal genug gesammelt – es wird Zeit, endlich Siege einzufahren. Und alles andere als 6 Punkte aus den nächsten beiden Spielen ist eigentlich schon jetzt zu wenig.

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