1.FC Magdeburg – F.C. Hansa Rostock, 29. Spieltag, 4-1 (2-1)
Am Ende war es doch nur ein ganz reguläres Fußballspiel. Keine Toten, keine Pyro-Exzesse, keine Gewalt-Orgien, einfach nur Fußball. Erstaunlich eigentlich nach der ganzen Panikmache im Vorfeld, bei der quasi schon der Weltuntergang herbeigeschrieben wurde. Ein Fußballspiel zudem, das die Größten der Welt souverän und völlig verdient, wenn auch vielleicht ein Tor zu hoch, gegen den F.C. Hansa Rostock mit 4-1 gewannen und sich damit wohl aller Abstiegssorgen entledigt haben. Die Pflicht ist mit 45 Punkten also gepackt, nun folgt die Kür und wer weiß, wo die uns in dieser Spielzeit noch hinspülen mag – nach dem Erreichen der magischen Marke ist Träumen nun in jedem Fall erlaubt. Irre, das alles. Vor allem, wenn man bedenkt, wo wir vor 12 Monaten noch standen…
Jens Härtel hatte seine Mannschaft nach der Großrotation unter der Woche gegen Aalen erwartungsgemäß wieder kräftig umgekrempelt. Jan Glinker kehrte ins Tor zurück, vor ihm verteidigten von links nach rechts Michel Niemeyer, David Kinsombi, Christopher Handke und Nico Hammann in der Viererkette. Für Niklas Brandt rutschte Jan Löhmannsröben ins Team, neben ihm begann Marius Sowislo, auf den Flügeln wirbelten Manuel Farrona-Pulido links und Tarek Chahed rechts. Sebastian Ernst besetzte die Position hinter der Spitze, die, wie gewohnt, von Christian Beck gegeben wurde. Und obwohl beim Einlaufen der Mannschaften das Gästeteam mit einigen Fußlängen Vorsprung voranschritt, waren es vom Start weg die Hausherren, die die Initiative übernahmen, ohne in den ersten 10 Minuten allerdings gefährlich vor das Tor der Rostocker zu kommen.
Auf den mit 20.361 Zuschauern sehr gut gefüllten Rängen war in der Anfangsphase ausschließlich die Nordtribüne zu hören; Suptras und Co. im Gästebereich schwiegen die ersten 10 Minuten und unterstrichen so noch einmal ihre Forderung nach einem generellen 10%-Gästekartenkontingent, die ja auch in den letzten Wochen und nicht zuletzt beim Marsch vom Bahnhof Herrenkrug zum Stadion schon Thema war. Als dann schließlich auch der Gästebereich sein Liedgut anstimmte, entwickelte sich ein Lautstärkecontest auf den Rängen, wie man ihn im Heinz-Krügel-Stadion schon lange nicht mehr, vielleicht noch nie, erlebt hatte.
Unten auf dem Rasen indes blieb Blau-Weiß deutlich im Vorwärtsgang und erarbeitete sich nun auch die ersten Möglichkeiten. In der 14. Minute kommt Tarek Chahed auf der rechten Seite zur Flanke, die allerdings etwas lang gerät, vom unermüdlich ackernden Christian Beck aber postwendend zurück in den Strafraum geschickt wird. Dort findet der Ball Farrona-Pulido, der sich die Kugel am Fünfmeterraum aber erst auf den linken Fuß legen muss, damit einen Ticken zu spät abschließt und an Torwart Schuhen scheiterte. Spätestens diese Szene deutete aber schon an, in welche Richtung es für die Größten der Welt in dieser Partie gehen würde: Man versuchte sich häufig mit dem Spiel über die Flügel, wo Farrona Pulido und mit zunehmender Spieldauer auch Tarek Chahed einen Sahnetag erwischt hatten. Gingen Bälle verloren, wurde sofort nachgesetzt und so relativ häufig (gefühlt jedenfalls häufiger als sonst) ein zweiter und auch mal ein dritter Ball gewonnen, der dann umgehend wieder in die Spitze befördert wurde. Kampf, ein bisschen Glück und Einsatz vom Feinsten – das konnte sich wirklich sehen lassen.
Nachdem Marius Sowislo in der 20. Minute mit einem Fernschuss noch gescheitert war, machte er es kurze Zeit später besser: Ein Eckball landet zunächst bei David Kinsombi, der den Ball noch mal quer legt und den Kapitän findet, der einigermaßen frei aus gut fünf Metern zum Kopfball kommt. Klar, dass Sowislo sich da nicht zweimal bitten lässt: 1-0 für die Guten und das zu diesem Zeitpunkt auch vollkommen verdient. Die Nordkurve jetzt natürlich völlig am Ausrasten, zumal Christian Beck nur fünf Minuten später hätte nachlegen können, seine Kopfball-Bogenlampe aber ein Stück zu weit ansetzt.
Nach dem Gegentor ließ der Club Hansa ein bisschen mehr kommen, Rostock dementsprechend nun die etwas aktivere Mannschaft, ohne aber dem Ausgleich wirklich zwingend näher zu kommen. Stattdessen stellt Manuel Farrona-Pulido nach einem großartigen Pass von Sebastian Ernst auf 2-0. Den ersten Versuch kann Schuhen noch parieren, im Nachfassen bleibt dann aber die Nummer 9 in Blau-Weiß Sieger: 2-0, immer noch verdient. Das Stadion ist längst da, auch auf der Gegengerade wird gestanden und gemeinsam gefeiert, bis Ronny Garbuschewski den party pooper spielen muss: Einen Freistoß in Strafraumnähe zirkelt er scharf aufs Tor, der Ball wird noch abgefälscht und landet, von Kofler als Letztem berührt, hinter Jan Glinker in den Maschen. Ärgerlich, aber was soll’s – kurz danach war Halbzeit und so einen Treffer kann man eben immer kassieren. “Jetzt nur nicht nachlassen, am besten gleich die dritte Bude nachlegen und schnellstmöglich den Deckel drauf machen” dürfte vermutlich die Halbzeitgedanken eines Großteils derjenigen, die es in diesem Spiel mit der Heimmannschaft hielten, ganz gut zusammenfassen.
Würde man nach einem 4-1-Erfolg vor voller Hütte an irgendetwas rummäkeln wollen, würden sich dafür vermutlich die ersten 15, 16 Minuten nach Wiederanpfiff anbieten. Zunächst stibitzt Christian Beck den anstoßenden Hanseaten noch den Ball, um seinerseits einen Angriff einzuleiten, danach läuft spielerisch beim Club aber nicht mehr viel zusammen. Großes Glück dann in der 56. Minute, dass Hansa nicht zum Ausgleich kommt: Ein Eckball wird schnell ausgeführt, 2 Rostocker sind vor dem Strafraum völlig frei, einer bringt den Ball, im Sechzehnmeterraum schafft es dann in mehreren Anläufen aber kein Gästespieler, ein Tor zu erzielen. Warum genau, wird man sich im Rostocker Mannschaftsbus auf der langen Rückfahrt wohl noch einige Male gefragt haben. Schließlich ergibt sich noch eine Kopfballgelegenheit, der Ball klatscht aber an die Latte und von dort ins Toraus. Riesenglück und vielleicht die spielentscheidende Szene – fortan agiert Blau-Weiß nämlich wieder zielstrebiger, erspielt sich zwischen der 60. und 70. Minute Standardsituation um Standardsituation und verpasst es aber, mit dem 3. Treffer für die Vorentscheidung zu sorgen.
Die ist schließlich Christian Beck vorbehalten. Endlich wieder Christian Beck! In der 77. Minute ist er, wie schon so oft in dieser Saison, mit dem Kopf zur Stelle und nickt zum 3-1 ein. Die Last, die da von ihm abgefallen sein muss, als er sich an der Eckfahne von einem ganzen Stadion und allen seinen Mannschaftskollegen feiern ließ, war quasi mit den Händen zu greifen. Eine Minute zuvor war für Manuel Farrona-Pulido bereits Feierabend, für ihn hatte Niklas Brandt das Spielfeld betreten. Das führte dazu, dass Marius Sowislo und der letztgenannte die Positionen tauschten, während sich Sebastian Ernst links auf den Flügel begab und so die Position von Farrona-Pulido übernahm. Den Schlusspunkt der Begegnung setzte letztlich erneut der Kapitän: Christian Beck hatte sich auf der linken Seite überragend durchgesetzt und den Ball in den Strafraum spielen können, wo Rostocks Kofler sich nur mit einem Handspiel zu helfen wusste. Den fälligen Elfmeter platziert Marius Sowislo quasi mit dem Schlusspfiff ganz souverän links unten in die Ecke.
Der Sieg gegen Rostock damit doppelt fett unterstrichen, mit Ausrufezeichen versehen und, wie eingangs bereits erwähnt, vielleicht den einen Treffer zu hoch. Am Ende kümmert das aber niemanden mehr und nehmen die Größten der Welt diesen Erfolg selbstverständlich sehr gern mit. Und die Mannschaft? Bedankte sich in Person von Tarek Chahed und Manuel Farrona-Pulido nach der Partie bei der Kurve für den Support, indem beide ein Handtuch mit dem Clublogo vor der Nordtribüne niederlegten, bevor dann nach einer kurzen Ansprache vom Vorsängerpodest gemeinsam eingeklatscht und der Sieg gefeiert wurde.
Beim Thema ‚Support‘ vielleicht mal noch zwei, drei Worte zum Gästeblock: Inzwischen haben ja nun schon einige gegnerische Fanszenen das Heinz-Krügel-Stadion mit ihrer Anwesenheit beehrt; was aber Hansa Rostock an diesem 29. Spieltag drüben auf der Südtribüne zeigte, war noch mal eine ganz eigene Liga. Respekt für diesen Auftritt und ein ernst gemeinter, großer Dank dafür, zu einem stimmungsvollen Ostduell einen ordentlichen Teil beigetragen zu haben!
Die Größten der Welt beenden die englische Woche damit mit sehr großartigen sieben von neun möglichen Punkten aus drei Spielen und damit angesichts der hohen Belastung, der kurzen Regeneration und des nahezu komplett getauschten Teams in Aalen eigentlich schon fast mit sowas wie der Optimalausbeute. Und wenn jemand vor der Saison behauptet hätte, wir würden nach 29 Partien starke 45 Punkte auf unserem Konto haben, hätten wir das vermutlich alle ohne zu zögern so unterschrieben. Manchmal, aber nur manchmal kann einem unheimlich werden bei dem Gedanken, was diese Mannschaft potentiell noch alles erreichen kann.
Danke, FCM! Nächster Halt: Cottbus!
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