Viktoria Köln – 1. FC Magdeburg, 13. Spieltag, 1:1 (1:1)
So fühlt es sich also an, das Spielgeschehen nur am Twitter-Ticker und später in der Wiederholung im Bett eines Nürnberger Hotelzimmers mitzubekommen. Ist lange her, dass ich ein Punktspiel der Größten der Welt nicht live im Stadion gesehen habe; der 28.4.2018 war das, das Spiel bei der Mannschaft aus dem Süden, seitdem: 48 Ligapartien in Folge live. Nun also Konserve statt Stadionflair, schön ist das nicht und deswegen gibt es diesmal hier anstelle eines ausführlichen Berichts auch nur ein paar Fernsehbildeindrücke. Ein leidlich kommentiertes Re-Live in 15-Minuten-Schritten quasi. Sport frei!
Die erste Überraschung gab es ja eigentlich schon vor der Partie, als die Aufstellung in die Twitter-Timeline gespült wurde: Leon Bell Bell würde seine erste Drittliga-Bewährungschance beim 1. FC Magdeburg erhalten, für ihn rotierte Björn Rother aus der Mannschaft. Ansonsten spielten die, die zuletzt auch gespielt hatten: Morten Behrens hütete das Tor, die Viererkette bildeten neben besagtem Bell Bell auf der linken Seite Tobias Müller, Brian Koglin und Dominik Ernst. Im Vierer-Mittelfeld liefen Jürgen Gjasula, Thore Jacobsen, Rico Preißinger und Tarek Chahed auf, die Doppelspitze gaben Beck und Bertram. Mittlerweile hat hier im Hotel auch der Stream geladen, es kann also losgehen. Anpfiff!
15. Minute
Das Spiel läuft eine Viertelstunde und ich habe eigentlich jetzt schon keinen Bock mehr. Der Fernsehkommentar ist anstrengend, das Spiel ist es auch. Bei den knackigen Gesängen aus dem Gästeblock (was ist das überhaupt für ein Stadion?!) blutet mir das Herz; ich hätte da ja schon auch ganz gern gestanden, kann nun aber die Zeit natürlich nicht zurückdrehen.
Die Führung für Köln in Minute 9 absolut verdient; der Club stört zwar insgesamt früh, in dieser Szene aber nicht resolut genug. Offensiv ist nicht viel zu sehen, der Gastgeber macht das Spiel – und muss eigentlich schon nach fünf Minuten führen. Mir ist schleierhaft, wie man dieses deutliche Tor nicht geben konnte. Aber hey, wer wird sich beschweren wollen?
Nach 13 Minuten die nächste große Chance für die Kölner: Bunjaku wird stark freigespielt und muss den eigentlich zwingend machen. Puh. Vorher Preißinger mit der Möglichkeit, nachdem sich Blau-Weiß mal schick durchspielen konnte. Sein Abschluss von links rauscht dann aber rechts am Tor vorbei.
30. Minute
Der Club ist jetzt besser im Spiel. Der Ausgleich von Sören Bertram in der 20. Minute wurde natürlich von einem ordentlichen Bock im Kölner Spielaufbau begünstigt, war dann aber von Christian Beck auch gut vorbereitet. Ball erkämpft, in die Mitte geflankt und dort stand dann der Sturmpartner, der „nur noch“ den Kopf dranhalten musste. „Olé, FCM! Du bist mein Verein!“ Und wenn Müller oder Jacobsen in der 26. Minute ihre Gelegenheiten genutzt hätten, könnten wir sogar führen. Das ist doch was.
Jürgen Gjasula gefällt mir gut als Ballverteiler, schön auch die Läufe von Dominik Ernst auf der rechten Seite. Überhaupt bin ich ja dafür, „Dodo“ in „Duracell“ zu ändern. Debütant Bell Bell spielt unauffällig, was für einen linken Verteidiger aber eher Lob als Kritik ist.
45. Minute
Stromsparmodus in Köln, gleich in mehrfacher Hinsicht: Erst fallen Teile des Flutlichts aus, dann übernimmt Viktoria wieder stärker die Initiative. Das leichte spielerische Übergewicht der Gastgeber übersetzt sich aber nicht in Torgelegenheiten. Der FCM ist defensiv aufmerksam, darf aber gern wieder mehr (oder überhaupt etwas) nach vorn machen. Die Kurve lässt auf jeden Fall nicht abreißen, „Wir wollen Blau-Weiß siegen sehen!“ erklingt es aus dem Laptoplautsprecher. Insgesamt ist das Halbzeitergebnis leistungsgerecht, nach den jeweiligen Toren kam von beiden Teams nicht mehr so furchtbar viel.
60. Minute
Ich suche verzweifelt die „Stadionton“-Option bei MagentaSport, finde sie aber nicht, weil es keine gibt. Kurz überlege ich, ganz auf stumm zu schalten, auf den Kurvensound möchte ich aber auch nicht verzichten. Es ist anstrengend, zum hundertsten Mal erklärt zu bekommen, dass Block U und Co. für gute Laune sorgen und dass wir „akustisch ganz weit vorn“ sind, weiß man ja und höre ich außerdem selber. Ich frage mich hier, wie man sich das Woche für Woche freiwillig geben kann, und damit meine ich nicht den Fußball, sondern den Kommentar im Stream. Ich beschließe, dass das vorerst das letzte Spiel ist, bei dem ich nicht live im Stadion bin, vom Kick in der kommenden Woche aus naheliegenden Gründen mal abgesehen.
Sportlich müsste der Club derweil führen, der FCM ist jetzt gut am Drücker, ein Kopfball von Beck nach einer Ecke und gut 50 Minuten landet nur am Innenpfosten.
In der 59. Minute dann ein fantastischer Angriff von den Größten der Welt, der vom starken Gjasula ausgeht. Beck legt letztlich für Jacobsen auf (den der Kommentator wiederholt für Sören Bertram hält); den Ball kann der Mittelfeldspieler dann allerdings nicht aufs Tor bringen, weil noch ein Kölner Defensivspieler dazwischen kommt.
75. Minute
Ernst tut nach 62 Minuten Ernst-Dinge und geht mit allem, was er hat, in den Zweikampf mit Kölns Keeper Mesenhöler. Gefällt mir. Die Kopfball-Bogenlampe wird auf der Linie geklärt, Mesenhöler kann nach dem zünftigen Zusammenprall mit unserem Rechtsverteidiger glücklicherweise weiterspielen.
In der 67. Minute die nächste Großchance. Ernst mit Bertram über rechts, Letzterer steckt auf Beck und der scheitert am Kölner Schlussmann. Kurz darauf eine weitere Gelegenheit, diesmal ist es Tarek Chahed, der eine Kopfballmöglichkeit vergibt.
Das Spielergebnis kenne ich natürlich schon, die Chancenverwertung lässt mich trotzdem die nicht vorhandenen Haare raufen. Das gibt‘s doch gar nicht. Können wir nicht einfach mal einen versenken, einfach so?
90. Minute
Wir müssten führen, spätestens mit dem Konter in der 77. Minute muss es in Köln eigentlich 2:1 für die Guten stehen. Beck bringt das Ding aus aussichtsreichster Position aber nicht auf den Kasten. Spielerisch ist das jetzt hier längst eine klare Sache, aber wenn Du eben das Tor nicht machst, dann kannst Du auch kein Spiel gewinnen. Hmpf.
Der Rest der Partie trudelt dann irgendwie so aus und ich bin mit dem Abpfiff, den ich inzwischen in der DB Lounge des Nürnberger Hauptbahnhofs sehe, relativ ratlos. Nicht Fisch, nicht Fleisch irgendwie, aber immerhin schon mal eine Steigerung im Vergleich zu den letzten Partien, in der zweiten Hälfte jedenfalls. Vielleicht ist diese Saison ja so etwas wie ein Baukasten-Ding. Stück für Stück kommen die Teilchen zusammen und ergeben dann hoffentlich eher früher als später ein funktionierendes Gesamtkonstrukt, mit dem wir dann auch mal wieder verlässlich Spiele gewinnen. Gute Anfangsphasen können wir eigentlich (auch wenn das jetzt gegen Köln anders war), defensiv passt es überwiegend eh, diesmal kamen noch herausgespielte Chancen dazu. Wenn es jetzt auch noch mit Toren klappt, sind wir auf Jahre hinaus unschlagbar.
Und Fernsehfußball? Naja. Der gehört für mich hoffentlich auch erst einmal wieder der Vergangenheit an.