1. FC Magdeburg – Spielvereinigung Greuther Fürth, 31. Spieltag, 2:1 (2:1)
Es kneife mich bitte mal jemand. Haben wir gegen Greuther Fürth wirklich den zweiten Heimsieg der Saison geholt? Und dann auch noch vollkommen verdient? Ich bin ehrlich: Wirklich damit gerechnet habe ich nicht. Kurios ist außerdem, dass die Freude über den Heimerfolg hier eher gedämpfter Natur ist. Klar, wir konnten das 1:0 von Ingolstadt gegen Dresden am Freitagabend kontern und stehen weiter auf dem Relegationsplatz und ja, die Mannschaft hat das über weite Strecken sehr gut gemacht. Nur: Beim letzten Mal, als ein Sieg völlig euphorisierte, endete das in ziemlicher Ernüchterung am folgenden Spieltag und da man ja auch als Clubfan noch lernfähig ist, ist vorerst vielleicht einfach ein bisschen Vorsicht geboten. Was der Heimdreier wert war, wird nämlich erst der Auftritt in Bochum am kommenden Wochenende zeigen.
Auch vor dem Spiel herrschte im Stadion irgendwie eine ganz merkwürdige Stimmung, die man fast als lethargisch bezeichnen könnte. Die Stadionsprecher spulten ihr übliches Animationsprogramm ab, klar, auf der Südtribüne war aber verhältnismäßig wenig Bewegung. Viele blieben lange sitzen, auch das Skandieren der Mannschaftsaufstellung gestaltete sich irgendwie behäbig, kurzum: Die letzte emotionale Achterbahnfahrt der letzten Wochen ist wohl an der Kurve nicht ganz spurlos vorübergegangen. Und trotzdem war da wieder diese Gänsehaut beim Einlaufen der Mannschaften. Jedes verdammte Mal. Man kann eben buchstäblich nicht aus seiner Haut.
Fürther Gastgeschenke
Nach dem Auftritt gegen Regensburg hatte Trainer Michael Oenning seine Mannschaft auf mehreren Positionen verändert bzw. krankheits- und verletzungsbedingt verändern müssen. Außerdem drehte er auch so ein bisschen an der taktischen Ausrichtung: Mit Mario Seidel stand der inzwischen vierte Torhüter der Saison zwischen den Pfosten, sowohl Loria als auch Brunst mussten passen (und die Saison begonnen hatte ja Jasmin Fejzic). Auf der Bank nahm demzufolge Tim Kips aus der U19 Platz. Die Defensive kam in Form einer Dreierkette daher, die bei gegnerischem Ballbesitz zur Fünferkette wurde und in der Nico Hammann so etwas wie eine Liberorolle einnahm. Links und rechts neben ihm agierten Tobias Müller und Dennis Erdmann, die weiten Positionen besetzten Timo Perthel und Marius Bülter. Davor im zentralen Mittelfeld begannen Charles Elie Laprevotte und Aleksandar Ignjovski, Rico Preißinger sollte das Spiel nach vorn ankurbeln. In der Offensive teilten sich Christian Beck und Felix Lohkemper die Stürmer-Aufgaben.
Das Spiel begann mit einem Pyro-Intro im Gästeblock, der mit über 700 Fürtherinnen und Fürthern sehr ordentlich gefüllt war. Die Südtribüne konzentrierte sich derweil auf verbale Akzente und legte nach einer kernigen Ansprache vom Vorsängerpodest mit einer ordentlichen Lautstärke los. In der 3. Minute die erste Ecke für Blau-Weiß, Hammanns Standard verpuffte dann aber leider im defensiven Niemandsland. Kurz darauf dafür fast die Führung für die Größten der Welt: Christian Beck war knochenfrei vor Sascha Burchert im Tor der Spielvereinigung aufgetaucht, konnte den Keeper umkurven und den Ball auf den fast leeren Kasten bringen. Dabei übersah er aber Felix Lohkemper, der in hervorragender Abschlussposition auf das Abspiel wartete. Das Ende vom Lied war, dass Becks Abschluss von einem Fürther noch von der Linie gekratzt wurde. Ärgerlich.
Das war es dann auch erst einmal mit blau-weißem Offensivzauber, ab hier spielte dann nämlich zunächst nur der Gast aus Franken. In der siebenten Minute die erste Fürther Ecke, die auf den kurzen Pfosten kommt und dort zunächst geklärt werden kann. Richtig gefährlich wurde es im Anschluss zwar nicht, trotzdem war das jetzt offenbar so etwas wie der Startschuss zu einer ganzen Reihe ansprechender Fürther Ballaktionen. Eine davon führte in der 11. Minute konsequenterweise auch zum 0:1 – Flanke von rechts und am langen Pfosten steht mutterseelenallein Daniel Steininger, der den Ball in aller Ruhe ins Tor nicken kann. Sehr ärgerliches Gegentor, von unserer Defensive war da wenig zu sehen.
Glücklicherweise hatte Greuther Fürth aber ein paar Gastgeschenke mit an die Elbe gebracht. Zwei, um genau zu sein. Das erste übergab Sascha Burchert in der 17. Minute, sehr zur Freude der etwa 17.500 Clubfans unter den 18.243 Anwesenden: Ein Abschlag des Keepers gerät viel zu kurz und findet zwar keinen Mitspieler, dafür aber den Kopf des sehr agilen Felix Lohkemper. Der Kopfball wird zur Vorlage für Christian Beck, der die Kugel direkt nimmt und mit einem satten Schuss ins untere linke Eck den Ausgleich erzielt. Schönes Ding, wenngleich auch nicht unhaltbar, aber: Solche Fehler des Gegners nimmt man in unserer Situation natürlich sehr gern mit. Zur Wahrheit gehört aber auch: Von dieser Fürther Vorlage abgesehen war das offensiv bis dahin nicht so wahnsinnig dolle bzw. konnten die Gäste das, was tatsächlich auch bis vor das Tor kam, recht locker wegverteidigten.
Das Momentum im Spiel kippte nun wieder zugunsten der Hausherren, die jetzt ihrerseits zu der einen oder anderen Möglichkeit kamen. Schon interessant, wie so ein doofes Gegentor eine Mannschaft (in dem Fall glücklicherweise die gegnerische) verunsichern kann, aber das haben wir in dieser Spielzeit ja schon oft genug selbst erlebt… Jedenfalls war der Club jetzt am Drücker, agierte, statt zu reagieren und versuchte, das zweite Tor nachzulegen. Symptomatisch für den Auftritt der Größten der Welt vielleicht eine Szene in der 20. Minute: Preißinger setzt im Mittelfeld ein schönes Dribbling an und nimmt Timo Perthel zentral mit. Der verliert zwar Laufduell und Ball, dafür setzt aber Felix Lohkemper gut nach und kann wenigstens noch einen Einwurf herausholen. Keine Frage: Einsatz und Willen stimmten.
In der 22. Minute dann einiges an Aufregung vor Sascha Burcherts Kasten: Lohkemper wird von Beck in der Mitte tief geschickt und setzt sich stark gegen gleich zwei Gegenspieler durch. Beim Abschluss wird er dann allerdings noch entscheidend behindert, der eine oder die andere im Stadion hätte da gern einen Elfmeterpfiff gehabt. Den gab es aber nicht, stattdessen schießt Lohkemper Burchert an, der zu Timo Perthel klärt. Dessen Flanke endet wieder an der Faust des Fürther Keepers, was die Situation letzten Endes bereinigt. Kurz darauf mal wieder Fürth, erneut über die rechte Offensivseite, wo der Ball bis zum kurzen Pfosten durchlaufen kann. Dort steht dann Fabian Reese, der seinen Abschlussversuch ans Außennetz setzt.
Nach einem Schuss von der Sechzehnerkante, den Ignjovski knapp rechts neben das Tor platziert, stand in den nächsten Minuten Christian Beck im Mittelpunkt des Geschehens. In der 35. Minute holt er sich im Mittelfeld recht rustikal den Ball gegen Julian Green und marschiert direkt in Richtung gegnerisches Tor. Sein Schuss aus gut 18 Metern landet dann aber nur am Gestänge hinter dem Kasten. In den Minuten 38 und 39 wird er dann gleich zweimal sehr zünftig abgeräumt, erst via Ellenbogschlag ins Gesicht, dann per Foul von Steininger, wofür dieser die gelbe Karte sieht. Beide Freistöße brachten aber keinen nennenswerten Ertrag (und vielleicht wird es irgendwann müßig, das immer wieder zu erwähnen).
Auch wenn das zweite Tor fehlte, war der FCM seit dem Ausgleich die bessere Mannschaft. Fürth versuchte zwar, sich mit viel Ruhe in den Strafraum zu kombinieren, oft fehlte dann dort aber der letzte Pass (kommt das hier noch jemandem irgendwie bekannt vor?). Und als alle schon dachten, dass es wohl mit dem Unentschieden in die Pause gehen würde, kam Paul Seguin um die Ecke und brachte das zweite Gastgeschenk vorbei. Christian Beck hatte Marius Bülter mitgenommen, sein Pass auf den Mann mit der Nummer 26 bleibt aber zunächst an Seguin hängen. Dessen sehr eigenartiger Rückpass von der Strafraumkante zu Burchert kurze Zeit später findet erneut Bülter, der da halt noch so rumstand und sich zunächst wohl auch fragte, ob der Linienrichter Abseits anzeigen würde. Tat er nicht, der Ball kam ja auch vom Gegner. Bülter dann mit dem Blick zum freien Mann, der in diesem Fall Felix Lohkemper hieß. Naja, und der machte dann gewissermaßen mit dem Pausenpfiff aus spitzem Winkel das 2:1. Spiel gedreht, gut gespielt, lief beim Club! Wenn da nur nicht die Erinnerungen an die vielen, vielen Partien diese Saison gewesen wären, in denen man ähnlich gute Ausgangspositionen hinten raus verlässlich wieder verspielte…
Fragen und Antworten
Die Frage für die zweiten 45 Minuten war also, wie Fürth reagieren würde. Und ob der Club jetzt auf die Idee kam, die Führung einfach nur zu verwalten. Letzteres tat Blau-Weiß glücklicherweise nicht, stattdessen versuchte man, hier den dritten Treffer nachzulegen. 51 Minuten waren gespielt, als Marius Bülter in den Strafraum flanken konnte und die von der Fürther Defensive vorgenommene Kopfballabwehr genau vor den Füßen von Felix Lohkemper endete. Der zieht direkt ab, kann den Ball aber nicht auf das Tor bringen. In der 54. Minute betätigte sich dann Christian Beck im Mittelfeld als Balldieb und versuchte im Anschluss, Sturmkollege Lohkemper mit einem Diagonalpass zu bedienen. Der fiel zwar etwas zu kurz aus, eine schöne Aktion des Kapitäns war das aber trotzdem – weil sie eben zeigte, dass der FCM hier weiterhin selbst bestimmen wollte, wie das Spiel laufen soll. Recht so.
Von Greuther Fürth war derweil so gut wie nichts zu sehen, was schon einigermaßen erstaunlich war. Interessant wurde es höchstens mal durch Standards, wie z.B. nach 61 Minuten, als zwei Ecken in Folge in die Richtung von Mario Seidel segelten. Es gab dann so ein bisschen Verkehr in seinem Strafraum, richtig eingreifen musste er aber nicht.
Nach 62 Minuten war der Arbeitstag für Felix Lohkemper beendet, der es immer wieder mit Läufen in die Tiefe versucht und ordentlich an den Ketten gezerrt hatte. Für ihn kam Tarek Chahed, der Lohkempers Position direkt übernahm. Das deutete darauf hin, dass die Mannschaft weiter früh pressen sollte, was tatsächlich auch geschah. Klar, in der einen oder anderen Szene sah die erste Reihe vielleicht nicht unbedingt glücklich aus, wenn eine Attacke misslang und dadurch dann im Mittelfeld Lücken entstanden; es war aber alles besser, als tief zu stehen und auf das mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende Gegentor zu warten. In der 67. Minute stellte Tobias Müller seine starken Verteidiger-Skills unter Beweis, nur leider auf der falschen Seite des Feldes: Es gibt einen langen Freistoß von Nico Hammann, der Müller ziemlich frei rechts im Strafraum erreicht. Statt aber mit Schmackes abzuziehen, entscheidet sich der Abwehrmann für eine nochmalige Ablage, die dann zum Abstoß wird.
In der 70. Minute dann eine Doppelchance für den 1. FC Magdeburg und eine Eins mit Sternchen für Fürths Keeper Sascha Burchert. Nach einer Ecke holt er zunächst mit der linken Patsche einen Magdeburger Kopfball irgendwie noch aus der Ecke; den Nachschuss durch Marius Bülter aus spitzem Winkel auf den kurzen Pfosten pariert er ebenfalls ganz stark. Hatte Burchert dem Club das 1:1 aufgelegt, hielt er sein Team mit dieser Aktion im Spiel.
Im weiteren Verlauf wurde es dann etwas hektisch auf dem Rasen, und das lag zu einem guten Teil an der zunehmend merkwürdigen Spielleitung von Schiedsrichter Lasse Koslowski. Erst hatte er ein klares, taktisches Foul der Fürther im Mittelfeld entweder als solches nicht gesehen oder nicht sehen wollen und die fällige gelbe Karten stecken lassen. In der 72. Minute erläuft dann Tarek Chahed einen langen Schlag aus dem Mittelfeld und ist im Prinzip frei durch, wird im letzten Moment aber noch ordentlich abgeräumt. Koslowski entschied auf Weiterspielen und zumindest der Lautstärke nach zu urteilen war einige mit dieser Entscheidung alles andere als einverstanden. Tja nun. Kurz darauf dann ein weiteres, kerniges Fürther Foul. Hier war jetzt ordentlich Strom drauf!
Weil Fürth offensiv immer noch recht wenig anbot, die Spielzeit aber inzwischen schon ordentlich fortgeschritten war, begann sich der geneigte Clubfan so langsam zu fragen, wann und wie denn nun das gleichermaßen unsinnige wie überfüssige, dafür aber gewohnte Gegentor fallen würde. Die Antwort: Gar nicht, glücklicherweise, obwohl sich für Fürth noch einmal eine sehr gute Gelegenheit ergeben sollte. Vorher wurde aber erst einmal Steffen Schäfer für Timo Perthel eingewechselt (78.), später kam dann noch Björn Rother für Tobias Müller (88.), der den Platz angeschlagen verließ.
Die Schlussviertelstunde gehörte dann wieder den Gästen: In der 79. Minute versuchte es Fabian Reese mal nach einer Umschaltbewegung, zielte mit seinem Schuss aus 16, 17 Metern aber ein Stückchen zu hoch. Und in der 87. Minute ließ Mario Seidel den Clubfans im Stadion noch mal kurz den Atem stocken: Einen Pass aus dem Strafraum spielt er zu kurz und in die Füße von Julian Green, der den Ball an der Kante des Sechzehners erhält. Direkt aufs Tor bringen kann der Deutsch-Amerikaner das Spielgerät allerdings nicht, sieht dafür aber einen Mitspieler auf der rechten Seite, der scharf in die Mitte passt. An normalen Tagen ist das dann das fällige Gegentor, die Spielminute passte ja auch ungefähr. Gut aber, dass der 31. Spieltag offenbar nicht auf einen normalen Tag fiel. Es blieb beim 2:1.
Der Rest ist dann schnell erzählt. Fürth versuchte noch mal einiges, unter anderem mit einer kurz ausgeführten Ecke kurz vor Schluss, bekam aber keinen weiteren Abschluss. Die Kurve drückte den Ball mit einem knackigen „FCM, Blau-Weiß!“ aus dem eigenen Strafraum. Und Lasse Koslowski beendete das Spiel schließlich nach reichlichen 93 Minuten und sorgte für große Erleichterung in den allermeisten Stadionbereichen.
Fazit:
Tja, was macht man jetzt aus diesem Sieg? Hoffen, dass das nun die viel beschworene Initialzündung für den Saisonendspurt ist? Bangen, ob sich die Mannschaft nach dieser guten Leistung am kommenden Wochenende in Bochum wieder eine kleine Auszeit nimmt? Oder einfach nur freuen, dass wir in dieser Saison immerhin mindestens zwei Heimsiege gefeiert haben werden? Vielleicht ist ja auch so ein Modus gedämpfter Euphorie ganz gut, also den Heimsieg feiern, aber für die nächste Partie auch nicht gleich in eskalative Dominierungsfantasien verfallen. Irgendwie so. Drei Punktspiele sind es jetzt jedenfalls noch in dieser Zweitligasaison und wenn alles so bleibt, wie es jetzt ist, bekommen wir noch zwei Bonuspartien oben drauf. Das ist ja schon mal was. Und durchaus auch ein Ziel, auf das man hinarbeiten kann. Noch ist Magdeburg nicht verloren! Nächster Halt (im wahrsten Sonderzug-Sinne): Bochum.