1. FC Magdeburg – FC Rot-Weiß Erfurt, 1. Spieltag, 2-1 (0-1)
Was für ein Auftakt in die neue Spielzeit! Mit 2-1 schlagen die Größten der Welt den FC Rot-Weiß Erfurt im Eröffnungsspiel der Drittligasaison 2015/2016, drehen dabei einen Rückstand und verleihen damit der unglaublichen Fußball-Euphorie in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt einen weiteren Schub. Das Spiel war sicher nicht hochklassig, aber intensiv und hätte durchaus mit etwas Pech auch in die andere Richtung kippen können. So aber blieben die drei Punkte – letztlich verdient – an der Elbe und können die Größten der Welt mit breiter Brust die anstehende Auswärts-Aufgabe in Mainz in den Blick nehmen.
Die Nordtribüne eröffnete die Partie mit einer sensationellen Choreographie, die noch einmal in Erinnerung rief, wo wir herkommen und was für einen Weg wir hinter uns haben:
Hallo @DFB_3Liga, wir sind da. #fcmrwe #zeigtsuns #einmalimmer pic.twitter.com/3DtxM9digC
— 1. FC Magdeburg (@1_FCM) 24. Juli 2015
Los geht’s! #fcmrwe pic.twitter.com/3TFvEr8nn2
— 1. FC Magdeburg (@1_FCM) 24. Juli 2015
Überhaupt, die Kurve: 90 Minuten starker Dauersupport, kein Einknicken nach dem Rückstand und trotz anstrengender Abendschwüle eine sehr ordentliche Mitmachquote. So ordentlich, dass sich der Capo am Ende bei allen (!) bedankte (wann gab es das eigentlich zuletzt ;-)?) und auch noch einmal klar machte, mit welcher Motivation und Zielsetzung Block U die neue Spielzeit und die neue Konstellation „Block U Hintertortribüne – 1. FC Magdeburg“ angeht. Das klang schon ganz anders als die eher martialischen Ansagen in den Wochen vorher – zusammen mit einem guten und vernünftigen Vorwort im „Planet MD“ war das nach dem ganzen Geklappere im Vorfeld der Partie wirklich sehr angenehm und macht Lust auf mehr. Witzig übrigens auch, wie bereits eine Stunde vor Spielbeginn fast alle ihre Plätze auf der Nordtribüne eingenommen hatten und sich trotz freier Platzwahl wie selbstverständlich an den jeweils gewohnten Stellen einfanden.
Der Gästeblock auf der anderen Stadionseite erst mal mit einer ordentlichen Pyroshow zum Anpfiff, die von einigen Stadionbesuchern mit Pfiffen quittiert wurde. Das sind dann so die Momente, in denen man merkt, wie die leider sehr einseitige mediale Diskussion des Themas dann offensichtlich doch voll durchschlägt.
Jens Härtel schickte für den Auftakt die Formation aufs Feld, die weitestgehend auch im letzten Test gegen den BFC Dynamo begann: Jan Glinker im Tor, davor Michel Niemeyer links, Felix Schiller und Christopher Handke in der Innenverteidigung und rechts Nils Butzen. Vor der Abwehr spielten Jan Lömannsröben und Marius Sowislo, davor Lars Fuchs zentral, links Manuel Farrona-Pulido, in der Mitte Christian Beck und rechts Nicolas Hebisch. Also durchaus eine offensive Aufstellung und ein klarer Fingerzeig, dass man sich im eigenen Wohnzimmer nicht hinten reinstellen und abwarten, sondern selber Akzente setzen wollte. Gut so.
Das Spiel in seiner Güte insgesamt einzuschätzen, fällt mir zugegebenermaßen schwer – zu sehr ist die 3. Liga noch fußballerisches Neuland (mal ganz davon abgesehen, dass ich bei einer Vielzahl vermeintlich wichtiger Szenen – so auch dem 0-1 und 1-1 – immer irgendeine Fahne im Gesicht hatte). Einteilen lässt sich die Begegnung aber vielleicht in vier große Abschnitte: Da wären die ersten 20 Minuten, in denen der Club zunächst gut ins Spiel findet, sehr präsent ist und nach 10 Minuten eigentlich in Führung gehen kann, eine Doppelchance aber ungenutzt lässt. Die Gäste aus Erfurt kommen dann besser in die Partie, große Chancen bleiben aber Mangelware. Für mich etwas überraschend daher dann auch das 0-1 in der 30. Minute, das bezeichnenderweise nach einer Standardsituation fällt und viel Glück für den Club, dass Erfurt bis zur Pause nicht noch ein zweites Tor nachlegt. Wäre das gelungen, da bin ich mir ziemlich sicher, hätten wir die 3 Punkte nicht in Magdeburg behalten.
So aber ging es mit dem 0-1 in die Pause. Sorge, dass der Auftakt verloren gehen könnte, hatte ich allerdings nicht – die Mannschaft erarbeitete sich bereits in der ersten Hälfte Torchancen und es war eigentlich klar, dass der Ausgleich irgendwann fallen muss, wenn man nur geduldig weiterspielen würde. Das wussten offensichtlich auch die Spieler, die genau das taten; hier sieht man dann auch deutlich die Handschrift von Jens Härtel, der eben eine Mannschaft hervorragend einzustellen und mit einem soliden Matchplan auszustatten weiß.
Nach der Pause war zunächst Erfurt am Drücker, erarbeitete sich dann bis zur 60. Minute aber der Club wieder ein Übergewicht. Getragen vielleicht auch ein gutes Stück von der abstrus lauten Nordtribüne, die den Ball förmlich ins Tor schreien wollte – was dann nach einer Stunde Spielzeit ja auch gelang. Christian Beck – wer sonst? – köpft den Ball nach einer Ecke überlegt ein und sorgt auf der Nord für die ersten Bierduschen der Saison. Der Ausgleich zu diesem Zeitpunkt aus meiner Sicht absolut verdient.
Ab der 60. Minute war es dann (man verzeihe mir den Ausdruck) ein richtig geiles Fußballspiel. Das mit dem Treffer von Lars Fuchs in der 89. Spielminute glücklicherweise den richtigen Sieger fand – ein Tor, das vor meinem inneren Auge inzwischen wieder und wieder in Zeitlupe ablief und das in dieser Art und Weise vielleicht auch nur Lars Fuchs schießen kann. Während vermutlich alle damit rechnen, dass ‚Fuchser’ den Ball noch mal in die Mitte legt, zieht dieser einfach mal humorlos ab und donnert die Kugel rechts in den Kasten. Was für ein Treffer und was für kollektive Ausraster hinterher auf der Nord. Unglaublich!
Bis zum Abpfiff war dann noch mal ordentlich zittern angesagt, weil die Erfurter Mannschaft eben auch die Qualität besitzt und die Chancen hatte, noch ein zweites Tor nachzulegen. Und vielleicht wäre ein Unentschieden, wenn man den gesamten Spielverlauf betrachtet, letzten Endes auch in Ordnung gewesen. Mit dem Abpfiff dann aber natürlich grenzenloser Jubel auf unserer Seite und die ersten 3 Punkte für den 1. FC Magdeburg im bundesdeutschen Profifußball!
Ohne, wie gesagt, eine fundierte Einschätzung geben zu können, wie sich die Begegnung mit Blick auf die fußballerische Qualität in der 3. Liga so einordnen lässt, hier noch ein paar Eindrücke von unserem ersten Auftritt im Profigeschäft:
Auffällig war, dass unser Mittelfeld mitunter noch Probleme im Spielaufbau hatte und man dementsprechend häufig mit hohen, langen Bällen agierte. Vielleicht war das aber auch das taktische Mittel der Wahl in einem Spiel, in dem die Gäste im Mittelfeld doch die reifere Spielanlage zeigten.
Eindruck 2: Die im Vergleich zur Regionalliga deutlich höhere Spielgeschwindigkeit, die auch unsere Defensivspieler ein ums andere Mal zu spüren bekamen. So mussten sich Felix Schiller und Co. mitunter beim Ab- und Erlaufen von Bällen doch gehörig straffen. Diese Umstellung werden die Jungs, da bin ich mir ganz sicher, aber recht schnell meistern, zumal damit zu rechnen ist, dass die Spielgeschwindigkeit beim nächsten Auswärtsspiel in Mainz noch einmal eine deutlich größere Rolle spielen könnte.
Eindruck 3 ist, dass wir mit Jan Löhmannsröben einen ganz feinen Fußballer für das Mittelfeld verpflichtet haben. Und mit „fein“ meine ich jetzt nicht unbedingt das fußballerisch Filigrane, sondern die hervorragende Präsenz und Kompromisslosigkeit, mit der der junge Mann gegen Erfurt zu Werke ging. Kann er dieses Niveau halten, wird es richtig schwer für Niklas Brandt und Co., ihn von der Position neben Kapitän Sowislo zu verdrängen.
Eindruck 4 hat ebenfalls mit einem Neuzugang zu tun, mit Ahmed Waseem Razeek nämlich. Was der, als er in der zweiten Hälfte für Manuel Farrona-Pulido kam, auf seiner rechten Seite veranstaltete, macht deutlich Lust auf mehr. Schnell, trickreich, wendig – das könnte noch großen Spaß machen im weiteren Saisonverlauf.
Was bleibt also vom ersten Spiel 2015/2016? Auf jeden Fall die Erkenntnis, dass der 1. FC Magdeburg die 3. Liga kann – wobei aber auch gegen Erfurt schon klar wurde, dass man in der Spielklasse nur wird bestehen können, wenn man jederzeit voll fokussiert und mit 100% Einsatz zu Werke geht. Kleinere Unkonzentriertheiten, das wurde recht gut deutlich, werden sofort bestraft und so ist die neue Liga nicht nur spielerisch, sondern auch mental eine ganz andere Nummer als die Regionalliga.
Der Auftakt ist gelungen und sehr, sehr gern kann es so weitergehen. Und das wird es auch – am 31.07. im alten Bruchwegstadion zu Mainz. Der FCM ist wieder da!
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