Permalink

0

Mut zum eigenen Spiel

Club

Im Heimspiel gegen Aufsteiger Türkgücü München überraschte der 1. FC Magdeburg mit einer veränderten Aufstellung und einem anderen Ansatz als noch in den Vorwochen. Warum das gut funktionierte und warum es nicht nur 3 Punkte, sondern auch einen Sieg für das Trainerteam gab, beleuchtet @virtualfootball in einer weiteren taktischen Analyse.

Taktische Vorteile in Halbzeit 1

Der Heimsieg des FCM gegen Türkgücü München basierte größtenteils auf einer gänzlich veränderten taktischen Grundordnung und Herangehensweise an das Spiel im Vergleich zu den Vorwochen. Bei den Begegnungen gegen Halle, Köln und Dresden setzte man noch auf ein ‚flaches‘ 4-4-2 mit zwei zentralen, defensiven Mittelfeldspielern, bestehend aus Gjasula und Jacobsen oder Malachowski. Nur beim Punktgewinn gegen 1860 München lief man in einem 4-1-2-1-2 System mit enger Raute auf (ZDM, 2 ZMs, ZOM) und verzichtete auf Flügelspieler.

Im Heimspiel am Freitag wechselte der Trainer nun in ein variables 4-3-3-System. Beim Aufbauspiel durch das Zentrum äußerte sich dieses durch eng stehende zentrale Mittelfeldspieler, um ausreichende Anspielstationen zu schaffen. Verlief das Aufbauspiel jedoch über die Außenbahn, griff das Trainerteam auf einen besonderen taktischen Kniff zurück und besetzte mit Malachowski (rechts) und Müller (links) die offensiven Halbpositionen, wodurch die Außenverteidiger Münchens konsequent gedoppelt wurden, während Türkgücü in ihrem standardmäßigen, prognostizierten 4-3-1-2-System ohne echte Flügelspieler keine Lösungsmöglichkeiten fand, die eigenen Außenverteidiger zu entlasten.

Des Weiteren machte sich immer wieder bemerkbar, dass sich jeweils einer der Außenverteidiger des FCM (zumeist Ernst) in das Offensivspiel integrierte und die drei verbliebenen Verteidiger sich zur Entschärfung von Kontersituationen zu einer Dreierkette verschoben. Währenddessen ließ sich der zentrale, defensive Mittelfeldspieler Jacobsen mehrere Meter fallen und fungierte als Abräumer sowie entlastende Anspielstation vor der Abwehrkette. Durch die Überzahl auf den Außenbahnen konnten die schnellen Flügelspieler des FCM endlich ihr Tempo ausnutzen und individuell ins Dribbling gehen oder durch die 2-gegen-1-Situation eine Flanke erzwingen.

Taktik

Gegen den Ball versuchte der FCM zumeist in einem 4-1-4-1-System zu pressen. In diesem System lief Steininger den Torwart und die beiden Innenverteidiger von Türkgücü an, während Obermair – Müller – Malachowski – Franzke zumeist als Viererkette offensiv gegenschoben. Durch diese sehr agile und offensive Gegenpressingmethode konnte der Club einige Ballgewinne bereits in der gegnerischen Hälfte verzeichnen, während bei den Umschaltsituationen jedoch noch einiges an Optimierungspotential besteht. Dieses gewählte System kann zwar auch gehörig nach hinten losgehen und zu schwerwiegenden Kontersituationen der Gegner führen, strahlte jedoch wesentlich mehr Mut aus und bot Räume bei Ballgewinnen. Zusammengefasst schwankte der FCM in der ersten Halbzeit zwischen einem 4-3-3-System hin zu einem asymmetrischen 3-1-5-1 und 4-1-4-1.

Hoßmang: 1, Schmidt: 0

Der taktische Vorteil der ersten Halbzeit mündete darin, dass Türkgücü sich in der Pause gezwungen sah, von ihrem favorisierten System abzuweichen und auf ein 4-2-3-1 mit Flügelspielern umzustellen. Ein Sieg für unser Trainerteam, da man zum ersten Mal in dieser Saison die gegnerische Mannschaft zu einer unangenehmen Systemumstellung zwang und diese somit aus ihren Automatismen löste.

In der zweiten Hälfte ließ sich Steininger öfter fallen und trat als hängende Spitze auf, außerdem ist die gewählte Pressingtaktik unheimlich kraftintensiv. Bis zu 70. Minute trat man in einem 4-3-3-System mit falscher 9 auf und versuchte dabei, die beiden Flügelstürmer häufig durch Steilpässe in Tempoläufe zu positionieren, was sich in einigen guten Chancen des FCM äußerte, bspw. der Großchance Obermairs, als er nach langem Steilpass von Tobias Müller frei auf das Tor zulief.

Durch die Einwechslung von Gjasula und Brünker stellte der Trainer für die letzten knapp 20 Minuten auf das gewohnte 4-4-2 mit zwei zentralen defensiven Mittelfeldspielern (Gjasula, Jacobsen) um, damit der Sieg verteidigt werden kann. Außerdem traten Steininger und Brünker fortan als Doppelspitze auf. Im Gegensatz zu den Vorwochen zog sich der FCM jedoch nicht gänzlich in die eigene Hälfte zurück, sondern lief den Gegner im Pressing als 4-2-4 bis in die letzten Minuten mit 4 Leuten in der gegnerischen Hälfte an, wodurch München bei eigenen Angriffen enorm viel Zeit einbüßte, da sie sich zuerst freispielen und aus dem Pressing lösen mussten.

Fazit:

Weder ist diese Taktik ein Wunder gewesen, noch funktioniert sie gegen jeden Gegner, weswegen jedwede Euphorie nach dem ersten Saisonsieg noch nicht angebracht ist. Aber nach Wochen der teilweise sehr harten Kritik hat sich das Trainerteam um Hoßmang, Mincu und Bankert die Anerkennung für die Leistung gegen Türkgücü verdient. Das Spiel wurde weder gewonnen, weil „Beck nicht spielte“, noch, „weil endlich mit Einsatz gespielt wurde“. Nein, dieser Sieg ist auf eine Taktik zurückzuführen, die über ihr flexibles 4-3-3, das frühe Gegenpressing und das konsequente Doppeln der Außenverteidiger in der ersten Halbzeit das Gegnerteam seiner Stärken beraubte und Türkgücü das eigene Spiel aufzwang.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.