Chemnitzer FC – 1. FC Magdeburg, 18. Spieltag, 2:3 (1:3)
“…und wochenendlich grüßt das Murmeltier”, könnte man fast denken, machte es der 1. FC Magdeburg an diesem 18. Spieltag beim Chemnitzer FC doch mal wieder deutlich spannender, als es eigentlich notwendig gewesen wäre. Am Ende von recht unterhaltsamen 90 Minuten stand aus blau-weißer Sicht ein 3:2 auf der Anzeigetafel, was sowohl die Spielanteile ganz gut widerspiegelte als auch drei weitere Punkte im Kampf um den Aufstieg auf die Habenseite schaufelte. Dass es in einem eigentlich völlig überlegen geführten Spiel überhaupt noch einmal spannend wurde, lag einerseits an anderthalb defensiven Aussetzern der Gäste von der Elbe und andererseits an Daniel Frahn, der sein (auf die bisherige Saison gesehen) ziemlich strauchelndes Team mit einem Doppelpack in der Partie hielt. Sei es drum; am Ende bewiesen die Größten der Welt eine Qualität, die in dieser Spielzeit schon des Öfteren zu sehen war: Sie retteten einen knappen Vorsprung so über die Zeit, dass der Gegner zwar zum Ende hin mehr vom Spiel hatte, aber eben zu keinem wirklich klaren Abschluss mehr kam (okay, das letzte Spiel nehmen wir da mal aus). Möglicherweise ist genau das ja der Stoff, aus dem Zweitliga-Aufsteiger gemacht werden.
Erwartungsgemäß gab es gegenüber dem Heimerfolg vom letzten Wochenende keine großen Veränderungen in der Anfangsformation. Bei maikühlen 2 Grad schickte Trainer Jens Härtel vor Jan Glinker im Tor erneut Steffen Schäfer, Richard Weil und Christopher Handke in der Dreierkette ins Spiel. Davor agierten Björn Rother und Dennis Erdmann, der Kapitän Marius Sowislo ersetzte. Die linke Außenbahn bespielte (defensiv wie offensiv an jenem Tag ausgesprochen großartig) Nico Hammann, rechts agierte der ewige Nils Butzen, der saisonübergreifend zu seinem 40. Startelfeinsatz in Folge kam. In der Offensive wirbelten Michel Niemeyer links, Christian Beck zentral und Julius Düker rechts.
Die ersten fünf Minuten der Partie gehörten noch den Hausherren, danach spielte allerdings erst einmal nur der 1. FC Magdeburg. Im Mittelpunkt direkt: Torjäger Christian Beck, der nach sieben Minuten bei seinem Abschlussversuch im Anschluss an einen Freistoß von Nico Hammann und eine Kopfballverlängerung von Julius Düker leider im Abseits stand. 10 Minuten waren gespielt, als erneut Beck frei zum Schuss kam, den Ball nach einer Ecke aber nicht richtig traf, nachdem Björn Rother das Spiel vorher mit einem Diagonalpass überragend verlagert und Hammann Mbende zu einem klärenden Kopfball ins Toraus gezwungen hatte.
Was von Beginn an auffiel, war, dass der 1. FC Magdeburg sehr aggressiv und sehr früh presste, sodass die Bälle häufig bereits im Angriffsdrittel gewonnen und direkt verarbeitet werden konnten. Das sah sehr, sehr gut aus und stellte den Chemnitzer FC, der spielerisch insgesamt kaum überzeugen konnte, vor etliche Probleme. In dieser Phase des Spiels war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis das erste Tor für die Gäste fallen sollte. Lange warten mussten die knapp 1.500 Clubfans im mit 7.847 Zuschauern etwa zur Hälfte gefüllten Stadion jedenfalls nicht: in Spielminute 13 kam Christian Beck endlich zu seinem absolut verdienten Tor. Michel Niemeyer konnte auf der linken Seite in Richtung Grundlinie marschieren und scharf in die Mitte spielen, wo Beck den Ball am Elfmeterpunkt direkt nahm und selbiger sich dann genau vor der Gästekurve schön in die rechte Ecke drehte. Völlig verdiente Führung und die Kurve mit einem selbst angestimmten “Döp, döp, döp” – der Tormusik, die eigentlich der Heimmannschaft vorbehalten ist. Großes, großes Kino.
Kaum waren die Führungsfeierlichkeiten beendet, gingen sie in der 22. Minute direkt von vorne los. Wieder war es Christian Beck, der auf 2:0 für seine Farben stellte: Chemnitz hatte vorher den Ball nicht aus der Gefahrenzone klären können, sodass die Abwehr-Kerze wieder beim FCM landete. Schließlich ist es erneut Niemeyer, der Beck flach bedient und es der Nummer 11 wirklich leicht macht: er hält den Fuß dran und bugsiert das Spielgerät für sein zweites Tor in die Maschen. Chemnitz’ Keeper Kevin Kunz war, wie auch schon beim ersten Gegentreffer, machtlos.
Und Chemnitz? Der CFC war, das kann man schon so klar sagen, bis hierher aus dem Spiel heraus absolut chancenlos und kam allenfalls durch Standardsituationen zu Abschlussgelegenheiten. Da die allesamt nichts brachten, war es schließlich an Doppeltorschütze Beck, ein wenig Spannung in einen bis dato sehr entspannten Nachmittag zu bringen. Aus Gründen, die sich im Nachhinhein nicht mehr rekonstruieren lassen, hielt er es für eine gute Idee, einen harmlosen Chemnitzer Ball im Mittelfeld in Richtung des eigenen Strafraums zu spitzeln. Daniel Frahn bedankte sich artig, startete gedankenschnell und ließ Jan Glinker im Eins-gegen-Eins nicht den Hauch einer Chance. Ein Anschlusstreffer aus dem Nichts und der Assist-Punkt für den Gegner. Sehr, sehr ärgerlich, aber auch absolut kein Beinbruch. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei Veranlassung, daran zu zweifeln, dass die Größten der Welt dieses Spiel womöglich aus der Hand geben könnten.
Im Gegenteil, der FCM machte einfach weiter mit gefälliger Offensive und kam durch Christian Beck (29., nach einer Ecke) zu einer weiteren viel versprechenden Chance, die er aber einigermaßen frei links neben das Tor setzte. Vor dem Anschlusstreffer von Frahn hätte Nils Butzen übrigens den Aufstieg klar machen können (denn wenn er trifft, verlässt der Club die Liga in der entsprechenden Spielzeit immer nach oben), verstolperte dann aber im Strafraum beim Versuch, seinen Gegenspieler vor dem Schuss noch aussteigen zu lassen. Vielleicht ganz gut so, wer hätte schließlich Lust gehabt, die restlichen 20 Saisonpartien als Pflichtfreundschaftsspiele zu bestreiten…
Mit der ersten gelben Karte der Begegnung (33., Steffen Schäfer) gab es schließlich auch den ersten Schmunzler des Nachmittags: Präsentiert wurde die Verwarnung auf der Anzeigetafel nämlich von einem Sponsor, der mit dem Slogan “Lieber schwarze Zahlen statt bunte Karten” warb – ausgerechnet in Chemnitz entbehrt das schon nicht einer gewissen Komik.
Zurück zum Geschehen auf dem Rasen, das in der 35. Minute fast eine ganz merkwürdige Wendung genommen hätte. Bei einer Abwehraktion am Mittelkreis gehen sowohl Richard Weil als auch Steffen Schäfer zum Ball. An den Ball kommt allerdings keiner von beiden, stattdessen scheppert man zusammen und ermöglicht Chemnitz einen blitzsauberen Konter über Björn Kluft, der, ähnlich wie sein Kollege Frahn ein paar Minuten vorher, knochenfrei auf Jan Glinker im Magdeburger Tor zusteuerte. Diesmal blieb allerdings der Schlussmann Sieger und pariert bärenstark. Puh.
Viel Zeit zum Durchatmen blieb allerdings nicht, weil nun der FCM noch einmal aufdrehte bzw. genauer: den Ball offensiv weiterhin laufen ließ. Vergab Christian Beck nach 37 Minuten noch knapp über das Tor (vorausgegangen war eine gute Umschaltsituation nebst starkem Pass und klugem Laufweg des Stürmers), machte es Julius Düker in der 39. Minute besser: Einen von rechts in den Strafraum gespielten Ball lässt Beck noch durch; Düker nimmt ihn an und seinen Gegenspieler Fabio Leutenecker mit aufs Karussell. Der flache Abschluss in die rechte Ecke küsst noch den Innenpfosten und landet dann zum 3:1 hinter der Linie. Stark gespielt und noch stärker abgeschlossen, sodass es mit einer verdienten Führung und einem sehr, sehr guten Gefühl in die Pause ging.
Wenig verwunderlich waren es nun die Hausherren, die das Zepter zu übernehmen versuchten und mit ordentlich Engagement aus der Kabine kamen. Um die 52. Minute herum hatte man sich quasi in der Magdeburger Hälfte festgesetzt; ein Schuss von Björn Kluft, der deutlich über das Tor geht, war allerdings der einzige Ertrag. Im Gegensatz zur ersten Hälfte fehlte dem FCM nun häufiger die letzte Konsequenz in der Defensive, sodass sich Chemnitz im weiteren Verlauf den einen oder anderen optischen Vorteil erspielen konnte. Nach 58 Minuten hatte dann aber erst einmal wieder Christian Beck die Chance auf einen Treffer. Der Ball fällt ihm im Strafraum direkt vor die Füße, sein Schuss geht allerdings ein gutes Stück über das Tor.
Das war noch einmal so etwas wie eine Initialzündung; nur eine Minute nach dieser Aktion ist es nämlich Julius Düker, der eine Niemeyer-Hereingabe von links knapp verpasst. Einen Chemnitz-Freistoß aus zentralen 19 Metern (in die Mauer) später hat Michel Niemeyer auf seiner linken Seite die Chance zum 4:1, nachdem ihn Nico Hammann mit einem guten Pass in die Tiefe geschickt hatte – der Ball geht dann allerdings rechts am Tor vorbei. Dann die 70. Minute: Mittig vor dem Chemnitzer Tor und direkt vor der Heimkurve liegt der Ball für Nico Hammann zum Freistoß auf dem Präsentierteller. Sein Schuss kann die Mauer nicht überwinden und landet beim CFC, der versucht, schnell umzuschalten und ins Laufen zu kommen. Mit einer überragenden, weil beherzten und perfekt getimten Grätsche macht ebenjener Hammann diese Chance allerdings zunichte und beschert wiederum seinen Farben noch einmal Angriffsmöglichkeiten. Zu einem Torabschluss sollte es für den 1. FC Magdeburg aber nicht noch einmal reichen.
Doppelwechsel dann in Spielminute 71: Mit Dennis Erdmann und Björn Rother verließ die komplette Mittelfeldzentrale die Partie, für die letzten 20 Minuten sollten Marius Sowislo und Charles Elie Laprevotte übernehmen. Letzterer kam nach längerer Verletzungspause zu seinem ersten Drittliga-Einsatz in dieser Spielzeit. Ob es an diesen Wechseln lag, dass nun der Chemnitzer FC noch einmal aufkam oder ob die Hausherren schlicht und ergreifend gewaltig Moral zeigten, bleibt ungeklärt; in jedem Fall drückte der CFC im weiteren Verlauf auf den nächsten Anschlusstreffer und wurde nach 78 Minuten in Person von Daniel Frahn belohnt: Nachdem man sich viel zu lange und weitestgehend ungestört den Ball am Magdeburger Strafraum hin und her passen konnte, rutscht eine scharfe, flache Hereingabe von rechts (bzw. unserer linken Defensivseite) schließlich in der Mitte an allen Abwehrbeinen vorbei. Frahn steht als Mittelstürmer der älteren Schule genau da, wo er eben stehen muss und verwandelt mit einem sehenswerten Hackentreffer zum 2:3. Mit noch etwas mehr als 10 Minuten Spielzeit war nun natürlich vollkommen klar, dass es hier an der Gellertstraße noch einmal etwas hektischer werden würde…
Allein, so richtig viel passierte in den Schlussminuten nicht mehr. „Sie waren stets bemüht“, würde man dem Chemnitzer FC wohl ins Zeugnis schreiben, während der FCM defensiv nun wieder präsenter war und den knappen Vorsprung engagiert verteidigte. Besonders auffällig in dieser Phase: Christopher Handke, der seine Vorder- und Nebenleute immer wieder pushte und lautstark wie gestenreich dafür sorgte, dass ja bei niemandem die Konzentration nachließ. Felix Schiller kam für die letzten sieben Minuten noch für Michel Niemeyer, Marius Sowislo zeigte in der 89. Minute noch einmal einen schönen Lauf auf der rechten Außenbahn und bediente Beck in der Mitte, der den Ball über den Kasten haut, Nils Butzen brachte durch eine unglückliche Aktion und einen daraus resultierenden Freistoß vor dem eigenen Tor noch einmal Würze rein – und dann war es das auch schon in Chemnitz. Der am Ende unnötigerweise doch wieder recht erlösende Schlusspfiff schickte die Kurve ein weiteres Mal in den Partiemodus und eben, wie eingangs schon erwähnt, drei weitere Punkte an die Elbe.
Zwei Partien sind es nun noch bis zur Winterpause, zehn Tore Rückstand auf den ersten Tabellenplatz und beruhigende vier Zähler Vorsprung auf Relegationsplatz 3. Die nächsten Gegner heißen Lotte und Großaspach im Heinz-Krügel-Stadion und ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen, sollten sechs Punkte aus den verbleibenden zwei Begegnungen doch mehr als nur im Bereich des Möglichen sein. Und auch, wenn in Deutschland mittlerweile der Winter Einzug gehalten hat: Wenn diese Konstellation kein Grund ist, das Stadion noch zwei Mal so richtig voll zu machen, dann weiß ich’s auch nicht.
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