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Mit allen Mitteln

1. FC Magdeburg – Kickers Offenbach, Hinspiel zum Aufstieg in die 3. Liga, 1-0 (1-0)

Wenn man ‚Relegation‘ definieren müsste, könnte man das Hinspiel zum Aufstieg in Liga 3 zwischen dem 1. FC Magdeburg und den Kickers aus Offenbach gut und gerne als Referenz heranziehen. Die Partie hatte alles, was das Fußball-Herz begehrt: Einen hochintensiven Schlagabtausch auf dem Rasen, eine Wahnsinns-Kulisse, eine unglaubliche Stimmung im Stadion und eben auch den einen oder anderen unsauberen Trick, mit dem beide Clubs versuchten, das bessere Ende für sich zu haben. Gelungen ist das im ersten Spiel der Relegation letztlich dem FCM, der mit 1-0 die Oberhand behielt und nun mit sehr guten Voraussetzungen in das Rückspiel am Bieberer Berg startet. 

Ich gebe zu, es fällt nicht leicht, aufgrund eines recht weiten An- und Abreiseweges und daher mit nur 3 Stunden Schlaf in den Knochen über diese so wichtige Partie zu schreiben. Ich möchte aber wenigstens versuchen, einige Eindrücke wiederzugeben, solange sie noch frisch und nicht gleich wieder der Rückspielaufregung zum Opfer gefallen sind.

23.139 Zuschauer waren gekommen und bereiteten der ersten von zwei Partien zwischen dem Meister der Regionalliga Nordost und dem Staffelsieger im Südwesten einen würdigen Rahmen. Lustiger Fakt am Rande: In das Stadion der Gäste passen laut Wikipedia ziemlich genau 20.500… Trainer Jens Härtel überraschte zumindest mich so ein wenig dadurch, dass Christopher Handke für Silvio Bankert in der Startelf stand und auch Nicolas Hebisch von Beginn an mitmischen durfte. Und was soll man sagen? Beide Personalentscheidungen zahlten sich vollumfänglich aus. Während Hebisch in der 40. Minute das Tor des Tages erzielte und im weiteren Spielverlauf gleich zweimal die Möglichkeit hatte, den Deckel drauf zu machen, half Handke mit, hinten wenig bis gar nichts anbrennen und die Angriffsbemühungen der Kickers auf den letzten Metern weitgehend ins Leere laufen zu lassen.

Die Partie begann dabei zunächst mit einer schicken Choreographie von Block U über die gesamte, zum Bersten gefüllte Nordtribüne, die ich sozusagen erst einmal nur von hinten sah:

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Auch insgesamt gab es vom Start weg einen Support, bei dem das Label ‚brachial‘ noch eine deutliche Untertreibung wäre. Was die Nord in diesem ersten Relegationsspiel ins Stadion zauberte, war mindestens mal zweitligawürdig und hinterließ beim Gästeanhang und, was noch viel wichtiger war, auch beim Gästeteam offensichtlich ordentlich Eindruck. So viel, dass Offenbachs Giuliano Modica sich nach 11 Minuten erst einmal genötigt sah, den Gästeblock zum Lärm machen zu animieren.

Dabei war von Anfang an ordentlich Pfeffer in der Begegnung und wurde sich auf beiden Seiten nichts geschenkt. Insgesamt 5 gelbe Karten sprechen hier, so denke ich, doch eine deutliche Sprache, wobei bei einem kleinlicheren Schiedsrichter sicherlich noch der eine oder andere zusätzliche gelbe Karton drin gewesen wäre. Über die 90 Minuten gesehen war die Spielleitung meiner Meinung nach aber in Ordnung und hatte der Unparteiische die hitzige Begegnung gut im Griff. Großes Glück für uns vielleicht, dass Schiedsrichter Martin Thomsen das körperliche Spiel eher großzügig auslegte und zum Beispiel vor dem 1-0 laufen lässt, was einem Spieler wie Christian Beck natürlich sehr entgegenkommt. Und während Offenbach noch haderte, wurde im Heinz-Krügel-Stadion schon gefeiert – Nicolas Hebisch netzte zum 1-0 ein und Sekundenbruchteile später hatte ich einen bierdurchtränkten Pullover, nasse Haare und so ungefähr 4-5 wildfremde Leute nacheinander jubelnd in den Arm genommen.

Hinterher kann man es ja immer sagen, aber: Seitdem Nicolas Hebisch regelmäßiger zum Einsatz kam hatte ich immer so ein Gefühl, dass er für uns in der Relegation mal noch einen ganz wichtigen Treffer erzielen wird ;-). Warum er sich im Spiel nicht gleich ein Denkmal setzt, indem er noch 2 Buden nachlegt, die ihm quasi schon auf dem Schlappen saßen, wird allerdings nur er selbst beantworten können…

Sei es drum, der Club ging mit dem 1-0 in die Pause und führte aus meiner Sicht zu diesem Zeitpunkt auch verdient, wenngleich Offenbach eigentlich immer irgendwie gefährlich blieb und man eine Ahnung davon bekam, welche Spielidee die Mannschaft von Rico Schmitt so verfolgt. Und ganz ehrlich: Ich kann mir schon gut erklären, warum man dieses Team aus Kickers-Sicht mögen muss. Die Truppe ist unheimlich robust, ganz offensichtlich mit dem einen oder anderen richtigen ‚Typen‘ bestückt und eben wirklich spielstark – auch wenn es für eine sehr klare Chance meiner Erinnerung nach nicht gereicht hat. Was aber auch daran lag, dass der Club sehr geschickt und laufintensiv verteidigte und bis auf eine Phase in der zweiten Halbzeit, in der der Druck der Offenbacher doch deutlich zunahm, immer einen Fuß dazwischen hatte und in den wichtigen Momenten für Entlastung sorgen konnte.

Trotzdem, wie gesagt, die richtig großen Chancen auf Offenbacher Seite (glücklicherweise) nicht zustande kamen, bin ich der Meinung, dass diese Relegation noch lange nicht gegessen ist – machen die Kickers im Rückspiel ein frühes Tor, brennt auch am Bieberer Berg die Hütte und dann wird es noch einmal richtig interessant. Das gilt aber natürlich auch umgekehrt: Gelingt uns ein Treffer in Offenbach, dürfte der Drops doch einigermaßen gelutscht sein. Denn trotz allen Respekts für den Gegner: Nach einem 0-1-Rückstand gegen uns sehe ich Kickers Offenbach keine drei Tore schießen.

Dass es im Rückspiel überhaupt noch einmal spannend wird, liegt neben den beiden nicht genutzten Hebisch-Möglichkeiten natürlich auch daran, dass Christian Beck die Kugel in der 90. Minute nach einem Pfostenschuss von Marius Sowislo nicht an Daniel Endres im Tor vorbeibringt. In der Situation habe ich, glaube ich, ganze Büschel an Haaren verloren. So ist die Konstellation für die zweite Begegnung eigentlich recht klar: Offenbach muss mit 2 Toren Unterschied gewinnen, um den Aufstieg noch zu packen, während wir natürlich alles daran setzen werden, dass das nicht passiert. Und ich denke immer noch und nach diesem ersten Spiel erst recht, dass wir uns am Ende auch durchsetzen werden!

Durchgesetzt haben sich leider im Hinspiel auch mehrere Male die unsäglichen „Wessi-Schweine“-Gesänge, die wohlgemerkt aber nicht vom Capo, sondern von irgendwelchen – Entschuldigung – Hohlbirnen irgendwo auf der Nordtribüne angestimmt wurden. Und auch wenn das wieder Popularitätswerte kostet, aber: Was genau will man mit solchen unsäglichen Gesängen eigentlich zum Ausdruck bringen? Und hat eine(r) derjenigen, die da mit Inbrunst gesungen haben, mal eine Sekunde darüber nachgedacht, was solche Gesänge eigentlich mit Spielern wie Nico Hammann oder Steffen Puttkammer machen, die ja nun auch deutlich aus den alten Bundesländern kommen? Vermutlich nicht und das ist eigentlich traurig. Genauso traurig ist es übrigens, Gegenstände auf das Spielfeld zu werfen und dabei die offensichtliche Absicht zu verfolgen, Gegenspieler zu verletzen. Auch das werde ich in meinem Leben nicht mehr nachvollziehen können – ebenso wenig allerdings wie das affige Gehabe von Benjamin Pintol im Offenbacher Dress in diesen Szenen in der ersten Halbzeit, als er mit jedem aufgehobenen Feuerzeug zu Schiri Thomsen flitzte und ihm zeigte, was er da gerade Tolles gefunden hat. Vielleicht ist er ja aber auch bei den Feuerzeugfreunden Offenbach im Fanclub, man weiß es nicht…

Von diesen unschönen Begleiterscheinungen mal abgesehen war das doch eine insgesamt ziemlich großartige Veranstaltung, dieses Hinspiel um den Aufstieg in Liga 3. Da kann man dann schon auch mal insgesamt 750 km für fahren. Schließlich möchte man sich dann, in 10 Jahren, wenn wir in der ersten Liga angekommen sind und auf die Relegation damals („Weißt Du noch, gegen Offenbach?“) zurückblicken, nicht sagen lassen müssen, man wäre ja nicht dabei gewesen ;-). Und klar ist das bekloppt, aber wir sind ja auch beim 1. FC Magdeburg. Alles andere ist bekanntlich nur Fußball.

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