1. FC Magdeburg – SC Preußen Münster, 24. Spieltag, 3:1 (3:1)
Wie gut, dass man sich auf einige Dinge im Leben einfach verlassen kann. Spielt beispielsweise der 1. FC Magdeburg in der 3. Liga gegen den SC Preußen Münster, kann man davon ausgehen, dass die Größten der Welt die Partie wohl gewinnen werden – so auch an diesem wichtigen 24. Spieltag, an dessen Ende ein vollkommen verdienter 3:1-Heimerfolg auf der Anzeigetafel des Heinz-Krügel-Stadions stand. Und auch wenn in dieser Partie längst nicht alles funktionierte und der Club beileibe nicht fehlerfrei agierte, lässt sich doch festhalten, dass der Auftritt gegen den Tabellen-14. (jetzt -15.) in so ziemlich allen Belangen das genaue Gegenteil dessen war, was Christian Beck, Tobias Schwede und Co. am letzten Wochenende in Würzburg auf den Rasen brachten. Die Konzentration lag auf dem eigenen Spiel und nicht auf dem Schiedsrichter, es wurde gekämpft, geackert, kombiniert, getroffen und plötzlich waren da wieder das Selbstvertrauen aus der Hinrunde und die Selbstverständlichkeiten im Spiel, die dem Club in den vorangegangenen Partien noch überwiegend abgegangen waren. Ob das schon wieder der FCM war, der uns in der Hinrunde so begeistert hat, wird sicher erst das nächste Spiel in Bremen zeigen können. Fest steht aber: der Sieg gegen Preußen Münster war definitiv ein großer Schritt zurück in die Erfolgsspur.
Beim Blick auf die erste Elf staunte der eine oder die andere mit Sicherheit nicht schlecht: Nico Hammann hatte es nach zuvor 55 Liga-Startelf-Einsätzen in Folge nicht einmal in den Kader geschafft, Michel Niemeyer musste vorerst auf der Bank Platz nehmen. So begannen vor Jan Glinker im Tor Steffen Schäfer, Felix Schiller, Christopher Handke und Nils Butzen in der Viererkette, Richard Weil und Dennis Erdmann auf der Doppel-Sechs, Tobias Schwede und Philip Türpitz auf den Flügeln sowie Christian Beck und Julius Düker in der Offensive. Je nach Interpretation und Spielsituation also entweder ein 4-4-2 mit hängender Spitze oder ein 4-2-3-1 mit Düker zentral hinter Beck.
Klar war schon vor der Begegnung, dass es nicht nur auf die Leistung der Spieler, sondern definitiv auch auf die Unterstützung von den Rängen ankommen würde. Und die wurde den Akteuren auf dem diesmal verhältnismäßig okayen Rasen bereits ein gutes Stück vor Anpfiff zuteil. „Kämpfen und siegen!“ und „Kämpfe, FCM!“ schallte es von den mit 15.166 Zuschauern besetzten Rängen, als die Mannschaften den Platz betraten. Genau wie das Stadion war auch das Team vom Start weg voll da, sehr präsent und sofort darauf bedacht, das Spiel zu machen. Das klappte eigentlich auch ganz gut, bis es dann in der 8. Minute einen Freistoßpfiff von Schiedsrichter Tim-Julian Skorczyk gab; Dennis Erdmann hatte – eigentlich ohne Not – Tobias Rühle gute 10 Meter vor dem Strafraum gefoult. Tja, und dann lief es eben so, wie es überhaupt gar nicht laufen sollte: Der Ball segelte von links hoch in den Sechzehner und Felix Schiller köpfte mittig an den Fünfmeterraum, wo sowohl Rühle als auch Scherder ohne jeglichen Begleitschutz eingelaufen waren und es letztlich Simon Scherder ist, der den Ball problemlos über die Linie drücken konnte.
Während man noch dabei war, den Rückstand gedanklich zu verdauen und das Team gleichzeitig weiter nach vorn zu peitschen („Luft holen gibt’s heute nicht!“ hieß es mehrfach und vollkommen zu Recht vom Vorsängerpodest), hätte es nur drei Minuten später gut und gerne 0:2 stehen können. Münster lief sehr früh und aggressiv an, erschwerte dem Club damit den Spielaufbau, provozierte Ballverluste und brachte das Spielgerät so über den sehr agilen Rühle und Michele Rizzi zu Philipp Hoffmann. Der macht im Strafraum einen Schritt nach rechts, kann sich dadurch Platz verschaffen und zirkelt den Ball scharf aufs Tor, aber eben auch direkt auf Jan Glinker, der den Schuss gerade so über die Latte lenken kann. Nicht auszudenken, welche Weltuntergangsszenarien jetzt wohl durch die virtuellen Welten wabern würden, hätte dieser Schuss gepasst…
So aber blieb es vorerst beim 0:1 und der großen Frage, ob es dem FCM wohl endlich mal gelingen würde, einen Rückstand auszugleichen und das Spiel eventuell sogar zu drehen. Die Antwort gab der an diesem Nachmittag sehr auffällige Tobias Schwede in der 14. Minute: Philip Türpitz hatte den Ball einfach mal nach vorn gehauen, Lion Schweers selbigen anschließend im Münsteraner Strafraum viel zu kurz auf seinen Torwart zurückgeköpft – Schwede sagte artig „Dankeschön!“, erlief den Ball, umkurvte den Keeper und netzte aus einigermaßen spitzem Winkel mit Schmackes zum Ausgleich ein. Wenn das mal nicht die beste Antwort auf den Rückstand war!
Nun hatten wir ein Fußballspiel mit recht hohem Unterhaltungswert, was vor allem daran lag, dass beide Mannschaften sich nichts schenkten, nach vorne spielten und sehr bemüht waren, den jeweils zweiten Treffer zu erzielen. Die etwas bessere Figur machte dabei der FCM: nach 19 Minuten wurde Schwede auf links erneut gut eingesetzt, konnte den Ball letztlich aber nicht gefährlich aufs Tor bringen. In der 22. Minute war es wieder Schwede, der diesmal über rechts bis zur Grundlinie durchmarschierte und in die Mitte spielte, wo Christian Beck knapp verpasste, der Ball aber heiß blieb. Düker kam noch mal zum Flanken, spielte den hohen Ball aber einen Ticken zu ungenau, sodass die Münsteraner Abwehr die Situation schließlich klären konnte.
Münster wurde derweil immer dann richtig gefährlich, wenn der FCM die Gäste ins Laufen kommen ließ. So auch in Spielminute 21, als Richard Weil bei einem Pass der Gäste im Mittelfeld einen Schritt zu spät dran war, der so eingeleitete Angriff dann aber glücklicherweise im Toraus endete. In der 25. Minute war es eine Ecke für den Club, der Preußen zum Kontern einlud. Zuvor war Türpitz in der Münsteraner Abwehr hängen geblieben, hatte den Ball aber noch irgendwie zu Julius Düker spitzeln können, dessen Abschluss dann abgefälscht worden war. Die Ecke jedenfalls brachte Münster in eine Umschaltsituation; der Angriff endete aber bereits kurz hinter der Mittellinie, weil der Club recht schnell seine defensive Ordnung wiedergefunden hatte.
Einen Türpitz-Hammer (30.) und eine Magdeburger Ecke (32.) später war es dann schließlich so weit: Das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit hatten die Größten der Welt einen Rückstand in eine Führung verwandelt. Christopher Handke war es vorbehalten, einen von links getretenen Schwede-Freistoß formschön und ohne jede Chance für Schulze Niehues aus dem Stand über den Fünfmeterraum bogenlampenmäßig ins Tor zu köpfen – zuerst von der Nordtribüne aus gar nicht so richtig wahrnehmbar, dafür dann aber im Anschluss um so härter gefeiert. Naja, und wenn Du halt nach drei Spielen ohne Sieg solche Comeback-Qualitäten an den Tag legst, dann klappen auch die unmöglichen Dinge – dachte sich wohl auch Christian Beck, der nur zwei Minuten später einen unglaublichen Seitfallzieher ansetzt und das Spielgerät nach Flanke von Julius Düker mutterseelenallein vor Schulze Niehues ins Tor hämmert. Eine Wahnsinnsbude, mit der sich unsere Nummer 11 wohl direkt mal wieder für das „Tor des Monats“ beworben haben dürfte:
Was für ein Treffer von Christian #Beck! https://t.co/fD8lOKIobB @1_FCM #FCMSCP #3Liga pic.twitter.com/xCWqcNomfL
— Sport im Osten (@SportimOsten) 10. Februar 2018
Der Doppelschlag hatte bei Münster mal ordentlich Wirkung gezeigt, während die Hausherren spätestens jetzt Ball und Gegner laufen ließen und wiederum nur 2 Minuten nach Becks Fabeltor die Möglichkeit hatten, sogar auf 4:1 zu stellen. Julius Düker hatte sich bis an die Grundlinie durchgespielt und den Ball in die Mitte gebracht, wo seine Hereingabe dann aber keinen Abnehmer fand. Münster hatte derweil einigen Gesprächsstoff mit dem Schiedsrichter-Gespann, nachdem Danilo Wiebe infolge eines Zweikampfes im Mittelfeld zunächst liegen blieb, länger behandelt wurde und letztlich tatsächlich ausgewechselt werden musste. Ein Foul von Blau-Weiß hatte der Schiedsrichter nicht gesehen, wohl aber das Reklamieren der Münsteraner zur Kenntnis genommen und Moritz Heinrich schließlich die gelbe Karte wegen Meckerns gezeigt. Interessant zu beobachten war in diesem Zusammenhang, dass sich aufseiten der Heimmannschaft niemand auch nur ansatzweise in Diskussionen verstricken ließ – gut so, hatten derlei Aktivitäten zuletzt vielleicht tatsächlich das eine oder andere Prozent gekostet, was dann an anderer Stelle fehlte. Viel passierte dann in Halbzeit 1 nicht mehr; mit einem komfortablen und verdienten Zwei-Tore-Vorsprung ging es in die Pause.
Durchgang 2 begann direkt mit einem „Hallo wach!“ der Preußen: Tobias Rühle war von Christopher Handke im Strafraum nicht zu stoppen, der Rechtsaußen folgerichtig durch und einschussbereit. Zeit für Jan Glinker, sich ein zweites Mal an diesem Nachmittag auszuzeichnen und seine Mannschaft im Spiel zu halten. Er parierte den Schuss von Rühle stark, den freien Ball klärten schließlich seine Vorderleute. So. Und von da an spielte eigentlich nur noch der FCM, der keine großen Anstalten machte, an dieses Spiel noch einmal irgendwie Luft kommen zu lassen. Im Gegenteil hatte man in zweiten Durchgang gleich mehrfach die Möglichkeit, die Partie endgültig zu entscheiden. Erst scheiterte aber Philip Türpitz mit einem direkten Freistoß (60.), dann war es Dennis Erdmann, dessen Schuss aus 13 Metern nach einem eigentlich eher mäßigen Handke-Einwurf und reichlich Kopfball-Pingpong im Münsteraner Strafraum knapp über die Latte segelte. Die Riesenchance zum 4:1 schließlich in Spielminute 65: Ein schöner Konter über Türpitz auf rechts bringt den Ball zu Julius Düker, der scharf in die Mitte passen kann. Nacheinander verpassen dann aber Nils Butzen, Philip Türpitz und Christian Beck aus besten Positionen: Der Schuss von Butzen wird auf der Linie geklärt, den Nachschuss von Türpitz hält Schulze Niehues stark, Beck semmelt schließlich mit vollem Risiko deutlich links vorbei.
In der Folgezeit beruhigte sich das Spiel dann etwas; der FCM stand sicher, Preußen Münster hatte hier und da ein bisschen mehr Ballbesitz, aber keine wirklichen Ideen, wie der blau-weißen Abwehr beizukommen sein könnte. Nach 74 Minuten war der Arbeitstag für Tobias Schwede beendet, er wurde positionsgetreu durch Michel Niemeyer ersetzt. In der 79. Minute kam noch Florian Pick für Philip Türpitz, eine Minute später übernahm schließlich Marius Sowislo für Dennis Erdmann, der in diesem Spiel gewohnt kernig austeilte, allerdings auch einige Male ordentlich einstecken musste. Es wird eigentlich Zeit, neben der Erläuterung des Begriffs „Robustheit“ im Duden noch ein Bild vom „Earthman“ abzudrucken.
Chancentechnisch tat sich bis zum Abpfiff, von einem Münsteraner Pfostentreffer in der Nachspielzeit einmal abgesehen, nicht mehr allzu viel, was aber nicht heißen soll, dass das Spiel in der Endphase langweilig war. Der FCM hatte hinten raus mehr von der Begegnung, spielte aber viel versprechende Angriffe nicht mehr wirklich sauber zu Ende (79., 83.) oder fand in Schulze Niehues seinen Meister (85.). Und so blieb es bei einem stimmungsvollen und immens wichtigen Heimsieg, der den Größten der Welt die ersten drei Punkte 2018 bescherte und genau die richtige Antwort war auf alles, was da zuletzt medial (Grüße in die Bahnhofstraße) und in den sozialen Netzwerken in die Diskussion um die aktuelle sportliche Situation eingebracht wurde.
„Genau so weitermachen“ kann jetzt eigentlich nur das Motto lauten, während der Spielplan Mannschaft und Fans nun zweimal in Folge auf des Gegners Platz führt. Die nächste Partie steigt in Bremen und klar ist Platz 11 jetzt nicht unbedingt die attraktivste Adresse, zahlreich begleiten sollten wir die Mannschaft aber trotzdem. Abgesehen davon, dass die Partie gegen Münster gezeigt hat, wie wichtig eben auch der Support von den Rängen ist – in Anbetracht der dann anstehenden Aufgabe in Rostock sollte man sich in Bremen schon noch mal ordentlich Schwung holen, um dann auch die wichtige Partie im Ostseestadion erfolgreich bestreiten zu können. In diesem Sinne, immer dran denken: „Wir folgen Dir scheissegal wo hin!“ – ob Bremen oder Rostock, Hauptsache Auswärtssieg!
Die Zusammenfassung des Spiels bei „Sport im Osten“ gibt es bei YouTube.
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