1. FC Magdeburg – 1. FC Lokomotive Leipzig, 23.11.2013, 14. Spieltag
Das war es also, das letzte Heimspiel des 1. FC Magdeburg im Kalenderjahr 2013. Und so sehr ich mich auch auf das Spiel gefreut hatte (was sich unter anderem auch durch das Spielankündigungsplakat im Büro im fernen Westen ausdrückte), so erstaunlich wenig hat mich diese Partie des 14. Spieltags letzten Endes emotional gepackt.
Zum einen mag das daran liegen, dass Lokomotive Leipzig für mich sportlich zu den eher weniger ernstzunehmenden Gegnern in unserer Staffel zählt, was sich ja dann auch auf dem Rasen eindrucksvoll bestätigte. Zum anderen ist mir mal wieder aufgefallen, dass mich die vermeintliche Rivalität zu den Probstheidaern doch einigermaßen kalt lässt – ganz im Gegensatz zu einige Verirrten sowohl im Gästeblock, als auch auf unserer Seite, die aber vermutlich eher der Kategorie „Erlebnistouristen“ zuzuordnen waren und denen man wohl vergessen hat zu sagen, dass Silvester noch ein paar Tage hin ist. Vielleicht lag es auch an diesen erlebnisorientierten Jugendlichen und den entsprechenden Begleiterscheinungen rund um’s Spiel, dass ich nicht so richtig reinkam – man weiß es nicht.
Die Partie selbst begann zunächst mit einem einigermaßen leeren Gästeblock und einer ganz starken Anfangsphase unserer Blau-Weißen, in der sich vor allem (wie aber auch über das Spiel insgesamt) Fabio Viteritti positiv hervorgetan hat – sein individuell vielleicht bestes Heimspiel in dieser Saison, so darf es gern weitergehen! Allein – das Tor wollte nicht fallen, und so waren es die Leipziger, die fast aus dem Nichts die 1-0-Führung erzielten. Vorausgegangen war eine kollektive Schlafeinlage unserer Abwehr und ein kapitaler Fehlpass von Nico Hammann, der ohnehin (zumindest in der ersten Hälfte) ungewohnt häufig irgendwie neben sich stand und nicht konzentriert wirkte. So bedankte sich nach knapp 20 Minuten Rico Engler, der trocken abzog und den (meiner Meinung nach durchaus haltbaren) Ball im Tor versenkte. Kommentare zum provokativen Torjubel des jungen Mannes schenke ich mir an der Stelle mal – schließlich ist er ja schon gestraft genug damit, jedes Wochenende im Lok-Trikot auflaufen zu müssen.
Der Gästeblock war natürlich nun da und mittlerweile auch gut gefüllt, nachdem der größere Teil der Auswärtsfahrer kurz nach Anpfiff gemeinsam in den Block gelaufen kam – was irgendwie unbeholfen aussah, weil zu dem Zeitpunkt ja schon geschätzte 100 Leute drin standen und die gemeinsame Einlaufaktion des ‚harten Kerns‘ somit etwas unterging. Sei es drum – schön war auf jeden Fall, endlich mal wieder einen stimmgewaltigen Gästeblock im HKS zu haben, nachdem zuletzt ja mit Neustrelitz, Nordhausen und der U23 von Hertha BSC Berlin Mannschaften zu Gast waren, die nun nicht unbedingt für ihren krassen Auswärtsmob bekannt sind.
Dass unsere Elf eben inzwischen doch eine gewisse Entwicklung hinter sich hat und mittlerweile auch mit Rückständen gut umzugehen weiß, zeigte sich für mich recht eindrucksvoll nach besagtem Gegentor, weil die Mannschaft glücklicherweise nicht flatterig wurde, sondern konsequent weiter versucht hat, ihr Spiel aufzuziehen. Wobei es im Wesentlichen bei Versuchen blieb, da das spielerische Niveau gegenüber den ersten starken 15 Minuten doch merklich abflachte und man sich zunehmend dem von den Leipzigern gebotenen Rumpelfußball anpasste. Erstaunlich, dass unter anderem Lars Fuchs nach der Partie vom vielleicht besten Heimauftritt der Saison sprach. Für mich war er das definitiv nicht und das Spielergebnis letzten Endes eher in die Kategorie „Ein gutes Pferd springt eben nur so hoch, wie es muss“ einzuordnen. Man könnte auch sagen: ein spielerisch insgesamt eher schwacher Auftritt hat an diesem Tag gegen weitgehend harmlose Leipziger ausgereicht – gegen Mannschaften aus den Top 5 der Tabelle wären wir mit der Leistung allerdings mit Sicherheit nicht als Sieger vom Platz gegangen. Da der Gegner glücklicherweise nicht sonderlich stark war (erwähnte ich das bereits?), fiel es diesmal auch nicht so sehr ins Gewicht, dass insbesondere Marius Sowislo einen eher schwärzeren Tag erwischt hatte. Er kam im defensiven Mittelfeld ein ums andere Mal zu spät bzw. wählte den ungünstigeren Laufweg und offenbarte in der Vorwärtsbewegung lange nicht mehr gesehene Schwächen im Spielaufbau. Nun ist Marius Sowislo ohnehin nicht der geborene Spielmacher (davon ist er ein ganzes Stückchen entfernt), aber wenn er eben noch dazu einen schlechten Tag erwischt, treten unsere Spielaufbauprobleme doch ziemlich deutlich zutage und bringt man halt den Gegner durch Fehlpässe und Ungenauigkeiten vor der eigenen Abwehr unnötig ins Spiel.
Natürlich war nicht alles schlecht und gab es auch spielerische Glanzpunkte, so zum Beispiel der vielleicht beste Spielzug der ganzen Partie, der dann auch folgerichtig die (verdiente) 2-1-Führung brachte (Hammann hatte zuvor per Elfmeter ausgeglichen): der ansonsten durchschnittliche Reinhard sieht in einem genialen Moment den mitlaufenden Viteritti, der den Kopf oben behält und überlegt in die Mitte spielt, in der Publikumsliebling Lars Fuchs nur noch einschieben muss. Ein ganz feines Stück Fußball. So richtig spannend wurde es dann eigentlich nicht mehr, wenngleich die Probstheidaer mit einem tollen Freistoß nach einer ziemlich fragwürdigen Schiedsrichterentscheidung fast noch den Ausgleich erzielt hätten. Trotzdem war ich recht froh, als Fuchs in der Nachspielzeit nach einer irgendwie slapstickmäßigen Situation im gegnerischen Strafraum den Ball zum viel umjubelten 3-1 im Tor unterbrachte und sich nicht zuletzt durch dieses zweite Tor neben Viteritti als bester Mann der Partie auszeichnete. Mehr gibt es zum Geschehen auf dem Rasen aus meiner Sicht auch nicht zu sagen; das letzte Heimspiel 2013 fällt für mich sportlich tatsächlich einfach in die Kategorie „glanzloser Pflichtsieg“.
Was das ganze Drumherum betrifft, so wurde bereits vor dem Spiel auf dem Weg zum Stadion deutlich, dass die Partie offenbar von einigen zum Krawalltouristenfeiertag auserkoren wurde – so viel Polizeipräsenz kennt man sonst eigentlich nur von Spielen gegen die Thekenmannschaft aus Merseburg-Nord. Auf der Zielgeraden in Richtung Kräuterbratwurststand sah man die ersten Krankenwagen und Polizeifahrzeuge mit Blaulicht auf dem Stadionvorplatz im Einsatz; sogar der Fußweg gegenüber der erwähnten Imbissbude wurde von einer Polizeikette geschützt. Ein ums andere Mal waren Böller zu hören, die dann ärgerlicherweise auch auf beiden Fanseiten ins Stadion gelangten und dort etwa in der 80. Minute auch zur zweiten Spielunterbrechung führten (die erste wurde durch einen Feuer-Fehlalarm im Stadion ausgelöst), als nämlich eines dieser Exemplare auf Höhe des Sitzplatzopa-Rentnerblocks 10 (Gegentribüne, Höhe Mittellinie) neben dem Linienrichter detonierte. Vorher gab es noch eine kleine Pyro-Einlage des Leipziger Blocks, der die Erinnerung an den Vorgängerverein VfB Leipzig aufleben ließ.
Recht witzig fand ich ja in dem Zusammenhang auch die auf dem Bild zu erkennende digitale Werbebande, die mir so vorher noch nie wirklich aufgefallen war und die aber in schöner Regelmäßigkeit, wie oben zu sehen, „1.FCMAGDEBURG.DE“ direkt vor dem Gästeblock aufleuchten ließ. Kann man mal machen.
Zu den negativen Begleiterscheinungen einer solchen Partie gehört es offenbar auch, dass sich bestimmte Menschen (und ganz offensichtlich deutlich mehr als sonst) dazu berufen fühlen, das Stadion (genauer: den Stadionumlauf) als Arena für körperliche Auseinandersetzungen mit den Anhängern des jeweils anderen Vereins oder, wahlweise, der Polizei nutzen zu müssen. So hörte man während der Halbzeitpause mehrere Böller, die außerhalb des Stadions detonierten und offenbar sowas wie ein Signal sein sollten, weil sich nämlich plötzlich sowohl unser, als auch der Gästeblock merklich leerte. Später war in dem Zusammenhang an verschiedenen Stellen von einem mehr als fragwürdigen Polizeieinsatz hinter der Nord- bzw. der Gegentribüne zu lesen, den ich aber nicht weiter kommentieren möchte, weil ich davon schlichtweg nichts mitbekommen habe. Wer dazu mehr wissen muss, sei an dieser Stelle an die FCM-Gruppe bei Facebook, das Fanforum oder einschlägige Nachrichtenseiten verwiesen.
Apropos Nachrichtenseiten: schon interessant, wie die verschiedenen Medien insbesondere die Krawall-Ereignisse rund um das Spiel sehen und bewerten. Während der MDR erstaunlicherweise noch einigermaßen neutral von ‚Ausschreitungen‘ berichtet, die von beiden Seiten (also der Magdeburger und der Leipziger) gleichermaßen ausgingen, hängt die Magdeburger Volksstimme vor allem dem Leipziger Block die Hauptverantwortung für verschiedene Eskalationen an. Die LVZ hingegen, als Leipziger Lokalzeitung, will von 200 Magdeburger Rowdys erfahren haben, die explizit versucht hätten, den Leipziger Block zu stürmen. Die – so oder so unschöne – Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Leider. Der Verein hat mittlerweile in einer Stellungnahme zu den Vorkommnissen rund um das letzte Heimspiel, aber auch das Auswärtsspiel in Babelsberg und das Pokalfinale gegen Halberstadt reagiert und eine entsprechende Pressemitteilung herausgegeben. Die darin angekündigte härtere Vorgehensweise gegen Böllerwerfer, Randalierer und sonstiges Volk, das beim Fußball nichts zu suchen hat, stößt dabei natürlich nicht bei allen auf Verständnis (einige haben eben eine ganz, ganz eigene Weltsicht), ist aus meiner Sicht aber richtig und der einzig gangbare Weg, besagte Krawalltouristen in Zukunft möglichst aus dem Stadion fernzuhalten.
Neben diesen ganzen ärgerlichen Nebengeräuschen gibt es aber auch noch zwei positive Dinge, die man aus dem Spiel gegen die Probstheidaer mitnehmen kann: zum einen ist da der erste Punktspiel(kurz)einsatz des Matthias Steinborn, der neben Patrick Bärje der bisher vielleicht größte Pechvogel der Saison ist. Kam er bereits verletzt (Kreuzbandriss) zu Saisonbeginn vom BFC Dynamo Berlin, brach er sich nach erfolgreicher Reha direkt beim Comeback den Mittelfuß und konnte so erst vor wenigen Wochen wieder ins Training einsteigen. Mit einer ziemlich beeindruckenden Torquote von 34 Treffern in 79 Spielen für die Berliner sollte er eigentlich eine ernstzunehmende Alternative hinter Christian Beck sein und allein der Umstand, dass er bereits verletzt verpflichtet wurde zeigt, dass die sportliche Leitung von dem jungen Mann doch einigermaßen überzeugt sein muss. Viel konnte Steinborn im Spiel gegen Lok nicht zeigen, aber es ist auf jeden Fall schön, dass er endlich dabei ist und es bleibt zu hoffen, dass er nunmehr mit den großen Verletzungen durch ist und zu einem wichtigen Teil der Mannschaft werden kann.
Der zweite positive Effekt betrifft den zweiten Tabellenplatz, den sich der Erste Fußballclub Magdeburg mit dem Sieg über Lok erobern konnte. Natürlich ist die Tabelle aufgrund der unterschiedlichen Anzahl gespielter Spiele pro Verein noch etwas schief und natürlich steht die TSG Neustrelitz schon mit einem ziemlich Vorsprung an der Spitze; dennoch ist Tabellenplatz 2 eine schöne Momentaufnahme und vielleicht, ja vielleicht tun uns ja die anderen Mannschaften den Gefallen und spielen ihre letzten Spiele vor der Winterpause so, dass wir den Jahreswechsel auch auf der derzeitigen Position erleben dürfen.