1. FC Magdeburg – SpVgg Unterhaching, 13. Spieltag, 0:3 (0:2)
Tja, so schnell kann es manchmal gehen: In der Vorwoche noch bärenstark in Osnabrück, zeigte der 1. FC Magdeburg gegen Unterhaching zumindest in der zweiten Hälfte eine der deutlich schwächeren Leistungen der Saison und verlor am Ende auch in der Höhe nicht unverdient mit 0:3. “Kein Beinbruch”, ist man angesichts von immer noch vier Punkten Vorsprung auf Platz 4 geneigt zu sagen. Trotzdem lässt sich nach den euphorischen letzten Wochen und den überwiegend hervorragenden Auftritten eine gewisse Ernüchterung nicht ganz verhehlen. Es war halt ein eher gebrauchter Tag für die Größten der Welt, allerdings auch einer, aus dem sich für Mannschaft und Trainerteam sicherlich dennoch wertvolle Erkenntnisse gewinnen lassen.
Während ein kleiner, aber erlesener Unterhachinger Auswärtsmob vor dem Spiel im Gästeblock schon mal ein wenig Stimmung machte (vermutlich in dem Wissen, nach Anpfiff ohnehin kein Gehör mehr zu finden), poppten auf dem Handy irgendwann die Anfangsaufstellungen für beide Mannschaften auf. Und zumindest die des 1. FC Magdeburg hielt doch die eine oder andere Überraschung bereit. Jens Härtel schickte sein Team im 4-3-3 aufs Feld und ließ Nico Hammann, Steffen Schäfer, Christopher Handke und Nils Butzen in der Viererkette verteidigen. Davor agierten im Mittelfeld Björn Rother, Richard Weil und Andreas Ludwig, der Dennis Erdmann ersetzte. Letzterer stand gar nicht erst im Kader. Offensiv waren Startelf-Rückkehrer Michel Niemeyer (spielte für den verletzten Tobias Schwede) links und Philip Türpitz rechts unterwegs, im Sturmzentrum begann Julius Düker für Christian Beck.
Die Entscheidung pro Düker war eine, das wurde relativ schnell deutlich, die insbesondere für Philip Türpitz, aber auch für Michel Niemeyer die Aufgabe “Unterhaching” nicht unbedingt einfacher machte. Warum? Weil der Mittelstürmer fehlte, der Verteidiger bindet und dadurch Räume eröffnet, die sowohl Türpitz als auch Niemeyer in dieser Saison bisher effektiv zu nutzen wussten. Düker anlasten kann man das freilich nicht – er war bemüht (agierte allerdings häufig eher unglücklich) und ist aber eben ein ganz anderer Spielertyp als Christian Beck, der die gegnerische Innenverteidigung allein mit seiner Präsenz ganz anders zu beschäftigen weiß. Nun denn. Dass die mit dem Einsatz von Düker wohl verbundene Marschroute für die Partie trotzdem keine schlechte war, belegt der Umstand, dass einige der gefährlicheren Aktionen in Durchgang 1 tatsächlich über den jungen Braunschweiger liefen.
Allerdings hatte das Spiel ja noch gar nicht richtig begonnen, als der 1. FC Magdeburg bereits einem Rückstand hinterherlaufen musste – keine zwei Minuten nach dem Anpfiff zappelte der Ball nämlich das erste Mal auf der falschen Seite im Netz. Bei einem langen Pass aus der Unterhachinger Hälfte verschätzt sich Steffen Schäfer total und lässt Hain in seinem Rücken laufen, der den Ball annehmen und links auf den starken Sascha Bigalke ablegen kann. Der nimmt noch ein Stückchen weiter links Thomas Hagn mit, dessen Schuss aus spitzem Winkel hinter Jan Glinker in der Torwartecke einschlägt. Ein langer Ball und ein individueller Fehler nach nicht einmal zwei Minuten hatten ausgerecht, um den starken Aufsteiger aus Bayern in der Festung Heinz-Krügel-Stadion in Führung zu bringen. So hatte man sich das an der Elbe mit einiger Sicherheit nicht vorgestellt.
Positiv allerdings: Der Club zeigte sich vom frühen Rückstand weitgehend unbeeindruckt und versuchte es im weiteren Verlauf spielerisch, während die Ausgangsposition für Unterhaching nun natürlich eine glänzende war und man sich mit seinen schnellen Spitzen in aller Ruhe aufs Kontern verlegen konnte. In Spielminute 13 dann fast die erste, richtig gute Gelegenheit für den Club: Julius Düker fällt der Ball nach einer missglückten Unterhachinger Abwehraktion im Strafraum vor die Füße, war dann allerdings schneller wieder weg, als unsere Nummer 21 reagieren konnte. Nur drei Minuten später der erste sehr ordentliche blau-weiße Spielzug: Nils Butzen wird mit einem langen Diagonalball auf der rechte Seite schön freigespielt und bedient Düker flach im Sechzehner. Der fackelt nicht lange; sein Schuss landet aber denkbar knapp neben dem linken Pfosten, weil Korbinian Müller im Unterhachinger Tor mit einer starken Abwehraktion noch dran war. Folgerichtig gibt es Eckstoß; über mehrere Stationen landet der Ball schließlich bei Philip Türpitz, dessen Abschluss aus dem Rückraum dann allerdings deutlich über den Schlappen rutscht. Gute Gelegenheit trotzdem für den Club und gut, zu sehen, dass man trotz des Rückstands selbstbewusst das eigene Spiel aufzog und zu vielversprechenden Abschlüssen kam. Das blieb zwar nicht so, sorgte aber über weite Strecken der ersten Hälfte zunächst noch für Zuversicht im mit 16.384 Zuschauern ganz ordentlich gefüllten Rund.
In der 26. Minute dann die nächste gute Möglichkeit, den Ausgleich zu erzielen: Einen verunglückten Kopfball-Klärungsversuch der Unterhachinger am eigenen Strafraum versucht Philip Türpitz zu erlaufen, was nicht ganz gelingt, immerhin aber dazu führt, dass Hachings Keeper Müller den Ball nicht festhalten, sondern nur nach vorn prallen lassen kann. Letztlich ist es Björn Rother, der dadurch zum Schuss kommt, den Ball ärgerlicherweise aber ein Stückchen zu weit rechts am leeren Tor vorbei schiebt.
Der Club war hier nun – vom Rückstand einmal abgesehen – Herr im eigenen Haus, hatte mehr vom Spiel und bewegte den Ball immer wieder aussichtsreich um den Unterhachinger Strafraum. Was allerdings fehlte, war der letzte Punch, der genaue, tödliche Pass und damit eben auch die hundertprozentige Chance auf den Ausgleich. Einer, der solche Pässe eigentlich spielen können müsste, ist Andreas Ludwig, der das Spiel allerdings häufig (so jedenfalls die Wahrnehmung von der Nordtribüne aus) eher langsamer als schneller machte und mitunter auf Laufwege seiner Mitspieler zu warten schien, die diese aber irgendwie nur selten antraten. Auch für Ludwig war es dadurch unter dem Strich einer der unglücklicheren Auftritte im blau-weißen Dress.
Die Gäste aus Bayern taten ihrerseits derweil – verständlicherweise – zwar selbst nicht so wahnsinnig viel für das Spiel, blieben aber trotzdem stets gefährlich und ließen sich außerdem nach einer guten halben Stunde mal wieder vor dem Magdeburger Tor blicken. Nach einem Angriffsversuch über die eigene linke (und damit unsere rechte) Seite gab es einen Eckball, für dessen Ausführung Sascha Bigalke zunächst ein paar Werbeaufsteller aus dem Weg räumen wollte. Aus irgendwelchen Gründen führte das zu einer riesigen Aufregung auf den Rängen, reichlich hitziger Atmosphäre und einem Eckstoß von Bigalke, mit dem er den Ball zwar nicht in den Strafraum brachte, dafür aber Philip Türpitz abschoss. Jetzt war es am Unterhachinger, sich mächtig aufzuregen und einen zu geringen Abstand des Gegenspielers zum ruhenden Ball zu monieren. Im Endeffekt eine eher alberne Episode, die aber zumindest dazu führte, dass nun auch das Publikum noch einmal eine Schippe drauflegte und es von den Tribünen mächtig scheppern ließ. Manchmal reicht halt einfach schon ein kleiner Funke…
Als wäre das noch mal ein ordentlicher Kick, gab es fast direkt im Anschluss die vielleicht größte Möglichkeit für den Club im gesamten Spiel: Am Ende eines sauber vorgetragenen Konters ist es Philip Türpitz, der im Strafraum zum Abschluss kommt und Korbinian Müller im Unterhachinger Tor zu einer überragenden Parade zwingt. In 9 von 10 Fällen ist das der Ausgleich, dieses mal bringt der Keeper noch die linke Hand an den Schuss und verhindert damit das 1:1.
Tja, und dann wäre da noch die alte Fußball-Weisheit, dass es sich irgendwann rächt, wenn man seine Chancen nicht nutzt.
42. Spielminute, Spielaufbau über Ludwig und Christopher Handke. Letzterer rutscht aus, verliert den Ball dadurch an den aufmerksamen Bigalke und muss dann zuschauen, wie das schnelle Unterhachinger Umschalten zu einer 3-gegen-1-Situation vor dem Magdeburger Tor führt. Bigalke bedient Hain, dessen Schuss Jan Glinker zunächst noch stark parieren kann. Beim Kopfball im Nachsetzen ist er dann aber machtlos, auch, weil Steffen Schäfer nach dem Schuss wohl schon abgeschaltet hatte und Stephan Hain ungehindert zum neuerlichen Abschluss kommen konnte: 0:2 und die nächste kalte Dusche für die Größten der Welt. Glinker war es auch zu verdanken, dass es nicht gar mit einem Drei-Tore-Rückstand in die Halbzeitpause geht. Einen völlig freien Kopfball nach einem Hachinger Freistoß von rechts nahe der Grundlinie kann der Keeper gerade so aus dem Winkel fischen. Nach dieser letzten Aktion in Halbzeit 1 wurde die Mannschaft mit einem beherzten “Kämpfen und siegen!” in die Kabine verabschiedet – und nach dem Pausentee genau so auch wieder empfangen.
Allein, in Halbzeit 2 wollte nun so überhaupt nichts mehr zusammengehen. Kampf und Einsatz kann man der Mannschaft definitiv nicht absprechen, gelungene Spielzüge waren allerdings kaum, gefährliche Torabschlüsse gar nicht mehr zu verzeichnen. Zwar hatte man in der 47. Minute nach einem Freistoß und einem Türpitz-Nachsetzer noch mal eine Kopfball-Gelegenheit am Fünfmeterraum und fasste sich Christopher Handke nach 52 Minuten mit einem Fernschuss (rechts vorbei) ein Herz, vom Offensivdrang der letzten Wochen und der Selbstverständlichkeit im eigenen Angriffsspiel war allerdings nicht mehr viel zu sehen.
Daran änderten, das muss man so deutlich sagen, auch die von Jens Härtel vorgenommenen Einwechslungen nichts. Nach 58 Minuten war der Arbeitstag für Björn Rother und Michel Niemeyer beendet, es kamen Gerrit Müller und Christian Beck. Für die letzten gut 20 Minuten durfte außerdem der etatmäßige Kapitän Marius Sowislo noch mitspielen, für ihn hatte Julius Düker Platz gemacht. Groß etwas bewegen konnte Sowislo zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr – in der 64. Minute hatte Linksverteidiger Max Dombrowka auf Unterhachinger Seite in der Vorwärtsbewegung alle Zeit der Welt, zog ungehindert aus gut 20 Metern einfach mal ab und schweißte den Ball rechts ins Tor. Für Glinker war da nichts zu halten.
3:0 jetzt also, der Drops längst gelutscht und dann vielleicht doch das kommende DFB-Pokal-Spiel gegen Borussia Dortmund schon deutlicher im Hinterkopf – viel passierte in der zweiten Hälfte jedenfalls nicht mehr. Und weil das längst auch in der Kurve klar war, wurden neben einem neuen Lied einfach mal ein paar großartige, alte Gassenhauer angestimmt und unter anderem “FCM, Du wunderschöne…” und “Auf einer grünen Wiese” zum Besten gegeben. Ein 0:3 zuhause? Das kann doch einen Clubfan nicht erschüttern. (Interessant an der Stelle übrigens auch, zu sehen, wer die alten Schinken eigentlich noch so kennt, aber das ist noch einmal eine Geschichte für einen anderen Tag.)
Und dann gibt es da ja leider immer noch die Leute, die es offenbar als persönliche Beleidigung auffassen, wenn die Mannschaft sie nicht so unterhält, wie sie sich das vielleicht vorgestellt haben:
Block 11. 5 Min vor Ende. Wanderungen mit Kommentaren wie „diese Amateure“. Außerdem guckt man dich blöd an, wenn du am Ende mitsingst.
— Haufic (@haufic17) 21. Oktober 2017
Ganz im Ernst: Was stimmt mit Euch nicht? Die Mannschaft spielt eine überragende Saison, hat jetzt zuhause mal ein (!) Spiel ordentlich in den Sand gesetzt und es verdammt noch mal trotzdem – oder gerade – verdient, auch in so einer Partie bis zum Ende unterstützt zu werden. Wer da keinen Bock drauf hat, der kann ja ein paar Kilometer weiter gern Bundesliga-Fußball, Champions League und was weiß ich was mit eingebauter Erfolgsgarantie schauen. ‚Tschuldigung, aber das musste mal raus.
Auf der Nordtribüne und in weiten Teilen des restlichen Stadions wurde übrigens (als Info für alle, die dann schon im Auto saßen) trotzdem fleißig weiter gesungen, die Mannschaft zu einem vielkehlig intonierten “Oh, FC Magdeburg” vor die Kurve gebeten und trotz der ersten Heimniederlage 2017/2018 gemeinsam eingeklatscht. Und das völlig zu Recht. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir nach einem eher mäßigen Spiel und zuvor 10 Siegen (!) in 12 Auftritten das Rumheulen anfangen würden?
Weiter geht es am Dienstag gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal; ein Bonus-Spiel, das sich nicht nur die Mannschaft, sondern auch die Anhängerschaft redlich verdient hat. Und mal ehrlich: Wenn wir dann im Mai alle im Berliner Olympiastadion stehen, redet über die verpatzte Pokal-Generalprobe gegen Unterhaching ohnehin niemand mehr. In diesem Sinne: Magdeburger Größenwahn! Die Nummer Eins der Welt sind wir!
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