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Kadergedanken zum Trainingsauftakt

oder: Keep calm and trust Härtel

Am 22.06.2015 startet die Mannschaft des 1. FC Magdeburg nach lediglich 3 Wochen Pause in die Vorbereitung auf die erste Saison im Profifußball. Das Ziel für die neue Spielzeit dürfte klar sein und kann als Aufsteiger zunächst erst einmal nur „Klassenerhalt“ heißen. Da passt es gut, dass Coach Jens Härtel zum Trainingsauftakt nahezu alle Leistungsträger der vergangenen Aufstiegsspielzeit wird begrüßen können; allerdings sind in relativ kurzer Zeit auch insgesamt sechs Neuzugänge zu integrieren. Sieben, wenn man denn den langzeitverletzten Niklas Brandt dazurechnen möchte, der aber ja in der Hinrunde der vergangenen Spielzeit bereits bleibenden Eindruck hinterließ und dem Vernehmen nach auch während seiner Verletzung immer recht nah an der Mannschaft war. Es wird auf jeden Fall eine spannende Vorbereitung und eine noch spannendere Spielzeit – Grund genug, kurz vor dem Trainingsauftakt mal einen Blick auf den aktuellen Kader zu werfen. 

Im Tor hat sich gegenüber der Vorsaison nichts geändert: Jan Glinker, Matthias Tischer und Lukas Cichos bilden hier das Torhüter-Dreigestirn. Bei aller Sympathie für Tischer als Magdeburger Urgestein und Pokalhelden sehe ich auch in der neuen Saison Jan Glinker ziemlich deutlich als Nummer eins, sofern er denn seine Verletzung gut auskuriert hat und in der Vorbereitung nichts Unvorhergesehenes passiert. Nicht zuletzt spricht neben den gezeigten Leistungen und der hervorragenden Gegentor-Quote in der vergangenen Saison auch einfach die höherklassige Erfahrung für ihn. Nicht ganz unwichtig in einer Aufsteiger-Mannschaft, deren Kader so wahnsinnig viel Profifußball noch nicht gespielt hat. Lukas Cichos hat hinter Glinker und Tischer als ebenfalls ziemlich deutliche Nummer drei weiterhin die Gelegenheit, sich zu entwickeln und profitiert dabei sicher auch von der Vertragsverlängerung mit Torwarttrainer Jo Stock, der dem Club bis 2017 erhalten bleibt.

Zwei Abgängen in der Abwehr (Nico Hammann und René Lange) stehen die zwei Zugänge Lukás Novy und Ryan Malone gegenüber, wobei der letztgenannte sicherlich eher als Ergänzungsspieler geholt wurde. In der Volksstimme vom 16.06. bezeichnete Härtel den jungen Mann aus den USA denn auch als ‚Wundertüte mit Potenzial‘. Man darf sehr gespannt sein, wie er sich in die Mannschaft einfügt und wie viel Spielzeit in der 3. Liga er letzten Endes wird ergattern können. Lukás Novy kommt nominell als rechter Verteidiger und damit eigentlich als direkter Konkurrent für Nils Butzen, der wiederum zum Ende der letzten Saison und in der Relegation einen sehr ordentlichen Eindruck hinterließ. Sofern Novy tatsächlich auch als Rechtsverteidiger vorgesehen ist, wird das wohl ein ganz heißes Duell zwischen den beiden in der Vorbereitung, bei dem aus Butzens Perspektive vermutlich viel darauf ankommen wird, ob er sein Offensivspiel weiter verbessern kann.

Die Dreier-Abwehrkette, die bei Härtel bekanntermaßen ja (je nach Spielsituation und Gegner) auch zu einer Fünferkette werden kann, wird wohl auch in Liga 3 aus Steffen Puttkammer, Felix Schiller und Silvio Bankert bestehen. Allerdings hat Christopher Handke vor allem zuletzt in der Relegation mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machen und Silvio Bankert für beide Aufstiegsspiele aus der Startelf verdrängen können – nicht zuletzt war sicher auch das ein Argument für seine Vertragsverlängerung. Bankert wird also Gas geben müssen in der Vorbereitung, um seinen sicheren Stammplatz aus der Aufstiegssaison verteidigen zu können.

Bliebe noch die linke Verteidigerposition, auf der in sechs der letzten sieben Punktspielen 14/15 besagter Nico Hammann zu Einsatz kam (genauso übrigens wie gegen Auerbach und Bautzen am 9. bzw. 11. Spieltag), der aber in der neuen Saison in der 2. Liga für Sandhausen auflaufen wird. Da sich für die anstehende Spielzeit (noch) kein ausgewiesener Linksverteidiger im Kader befindet, ist das vermutlich eine der größeren Tüftelaufgaben für unseren Trainer. Die ersten Vorbereitungsspiele werden hier sicherlich Hinweise liefern, woran Härtel bezüglich dieser Position so denkt. Und wer weiß? Vielleicht findet sich ja auch Ryan Malone plötzlich als etatmäßiger Linksverteidiger im Aufgebot wieder? Denkbar wäre aber z.B. auch eine Lösung mit Neuzugang Michel Niemeyer, der laut transfermarkt.de zwar im offensiven Mittelfeld zuhause ist, Jens Härtel zufolge aber auch auf beiden Außenbahnen spielen kann und von Mario Kallnik nach der Vertragsauflösung mit Zittlau ja als Verstärkung für die linke Seite vorgestellt wurde. In der NOFV-Oberliga Süd kam Niemeyer jedenfalls letzte Saison – um die Verwirrung perfekt zu machen – für RB Leipzig II vornehmlich im rechten Mittelfeld zum Einsatz, spielte am 27. Spieltag gegen Jena II aber auch 70 Minuten linker Verteidiger.

Was uns auch direkt zum Mittelfeld bringt, für das eben Niemeyer aus Leipzig und dazu noch Jan Löhmannsröben aus Nordhausen neu verpflichtet wurden. Hier bin ich wirklich sehr gespannt, welche taktischen Varianten sich Jens Härtel einfallen lassen wird, zumal im zentralen Mittelfeld mit Marius Sowislo, Sven Reimann, Torge Bremer, Niklas Brandt und Löhmannsröben gleich fünf Spieler um zwei Positionen konkurrieren. Dazu kommen noch Kevin Kruschke und Marcel Schlosser für die Außenpositionen und Tarek Chahed als zentraler offensiver Spieler, von dem ich mir in der neuen Spielzeit einiges erhoffe. Das wird tatsächlich interessant und gibt vielleicht auch für Marcel Schlosser noch mal eine neue Chance auf einen Stammplatz (siehe auch die Linksverteidiger-Überlegungen im vorherigen Abschnitt). Vergessen darf man insgesamt ja auch nicht, dass wir in der neuen Saison gleich 8 Spiele mehr zu absolvieren haben, was sicherlich auch die eine oder andere Rotation erforderlich machen wird. Und im Übrigen dazu führt, dass (wenn alle gesund sind) sieben Spieler pro Spiel nicht im Kader auftauchen werden. Auch das ist eine neue Herausforderung für das Trainerteam, auf die man unter anderem auch mit der Verpflichtung von Dirk Keller als hauptamtlichem Athlethik- und Rehabilitationstrainer reagiert hat.

Im Sturm wird sicherlich kein Weg an Christian Beck vorbeiführen, der mit seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung bei den Größten der Welt alles richtig gemacht hat und sich nun noch einmal in der 3. Liga beweisen kann. Dazu gibt es Lars Fuchs als erfahrenen Leitwolf und die beiden sehr interessanten Neuzugänge Manuel Farrona-Pulido und Ahmed Waseem Razeek, die in der Regionalliga jeweils als schnelle Außenstürmer auf sich aufmerksam machen konnten. Und Nicolas Hebisch, der sowohl im Relegations-Hinspiel das 1-0 erzielte als auch im Rückspiel in Offenbach die Schleife um den Aufstieg machte. Ich weiß nicht so genau, warum, aber irgendwie fällt Hebisch bei mir in der derzeitigen Stürmer-Konstellation trotz seiner Aufstiegstaten so ein bisschen hinten runter bzw. wäre eher auf einen Bank-Platz und die erste Option hinter Christian Beck gebucht. Die beiden Neuen hingegen verleihen dem Team, so sie denn funktionieren, noch einmal ein neues Maß an Variabilität – so ein dynamischer Dreier-Sturm mit Beck zentral, Waseem Razeek rechts, Farrona-Pulido links und einem Spielgestalter á la Fuchs oder ggf. Chahed zentral dahinter lassen das Herz ja schon so ein kleines bisschen höher schlagen…

Aber es ist ja auch noch sehr, sehr früh (um nicht zu sagen: Es ging ja noch gar nicht los), weshalb natürlich die Spekulationen und virtuellen Wunsch-Aufstellungen an dieser Stelle ein bisschen mehr Raum einnehmen. Was man auf der Fakten-Ebene auf jeden Fall sagen kann ist, dass der 1. FC Magdeburg 2015/2016 Stand heute über lediglich sieben Spieler mit höherklassiger Erfahrung verfügt, insgesamt 410 Punktspieleinsätze in Liga 3 oder höher stehen im aktuellen Kader bereits zu Buche. Die Premierensaison im Profifußball wird daher vor allem eins: ein großer Lernprozess, was im gleichen Maße aber nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für den Verein als solchen und natürlich das Umfeld gilt.

Trotzdem wir als Aufsteiger in die Spielzeit 2015/2016 gehen, bin ich guten Mutes und immer noch voller Vorfreude. Zu einem zweiten Darmstadt wird es zwar mit einiger Sicherheit nicht reichen, ein Tabellenplatz im gesicherten Mittelfeld sollte mit diesem Kader aber durchaus möglich sein. Warum? Weil ich mir sicher bin, dass es unser Trainer schaffen wird, aus einer talentierten und bereits eingeschworenen Truppe eine ordentliche Drittligamannschaft zu formen. Dazu hat er zunächst 3 Wochen Zeit, bis es dann am Wochenende des 24.-26.07. erstmals auch auf dem Rasen heißt: Der FCM ist wieder da! Auf eine gute Vorbereitung und viele interessante und aufschlussreiche Testspiele. Und immer dran denken:

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