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„Ich habe heute leider kein Ticket für Dich.“

Lieber 1. FC Magdeburg,

ich bin seit Juni 2013 Mitglied bei Dir. Noch nicht allzu lange, zugegeben, aber doch immerhin schon lange genug, um bereits einige Male die Vorzüge dieser Mitgliedschaft genossen haben zu dürfen. Abgesehen von dem grundsätzlichen Privileg, seit meinem Eintritt auch wirklich von „wir“ sprechen zu können, wenn es um den Club, also um Dich, geht, und der Möglichkeit der aktiven Mitbestimmung in Vereinsfragen ist es natürlich so, dass sich die Mitgliedschaft unter anderem auch beim Kauf von Tickets für die so genannten ‚besonderen Partien‘ bezahlt macht. Bei beiden Relegationsspielen gegen die Kickers aus Offenbach hätte ich beispielsweise nicht dabei sein können, wenn mir der Mitgliedsausweis im Portmonee nicht einen Erstzugriff auf das entsprechende Ticketkontingent ermöglicht hätte. Gleiches gilt für eine ganze Reihe anderer Partien, in deren Vorfeld die Vereinsmitgliedschaft das Besorgen von Eintrittskarten mindestens mal entspannt, wenn nicht sogar überhaupt nur ermöglicht hat. Und ja, ich finde es vollkommen okay, den Vorverkauf für Vereinsmitglieder dem für Dauerkarteninhaber*innen vorzuziehen und erst dann den allgemeinen freien Verkauf zu starten. 

Wenn Du nun am 31.10.2015 mit Deiner ersten Mannschaft bei der SG Dynamo Dresden aufdribbelst, werde ich erstmals trotz des Mitglieder-Vorkaufsrecht nicht dabei sein können. Wenn man es rein mathematisch betrachtet, musste man zumindest in Betracht ziehen, dass man bei knapp 3.000 Mitgliedern und mutmaßlichen 1.800 verfügbaren Tickets möglicherweise leer ausgeht. Und unter normalen Umständen wäre das für mich vermutlich auch okay gewesen. Ich hätte zwar irgendwie dran zu knabbern gehabt, hätte es aber irgendwann gut akzeptieren können. Dann hat man halt mal Pech gehabt, beim nächsten Mal klappt es sicher wieder. So, wie der Ticket-Vorverkauf am 20.10.2015 aber lief, macht mich der Umstand, Dich in Dresden nicht unterstützen zu können, nicht nur sehr traurig, sondern auch ein gutes Stück weit wütend. Gern möchte ich Dir erklären, warum das so ist:

Eine Sache mal ganz grundsätzlich vorab: Transparenz schützt, und zwar in vielerlei Hinsicht. Vor allem erspart Transparenz eine ganze Menge Ärger, weil man Gerüchten und Gerede vorbeugen kann. Und geredet wurde so einiges in der Schlange vor der Kasse am Stadion, in der Deine Mitglieder zum Teil schon seit 7.30 Uhr anstanden, nur um dann am Ende trotzdem ohne Karte nach Hause gehen zu müssen. Wie das passieren konnte, darüber lässt sich nun trefflich spekulieren. Da das aber nicht so meine Sache ist, bleiben wir einfach bei den Fakten. Das ist allerdings nicht ganz so einfach, weil man lediglich auf Deiner Facebook-Seite (noch?) Informationen zum Vorverkauf gegen Dresden findet. Wie viele Tickets überhaupt genau an uns gingen, steht dort nicht (auf Deiner Homepage im Übrigen auch nicht – dort findet man nur (noch) die Information, dass das Gäste-Kontingent vollständig vergriffen ist).

Nimmt man mal den Dynamo-Counter als Grundlage, könnten maximal 2.441 Karten nach Magdeburg gegangen sein: Die Blöcke R3, R4 und R5 sind dort als „noch nicht freigegeben“ verzeichnet, ebenso die Blöcke A1 und A2. Die verfügbaren Gäste-Plätze in S, T1 und T2 bilden dann in Summe die eben genannte Zahl. Aber eigentlich ist die genaue Anzahl an Gästetickets auch vollkommen irrelevant. Selbst wenn man von den kolportierten 1.800 ausgeht, die wir wohl bekommen haben sollen, sind diese nie im Leben in den Verkauf gelangt, der allen Mitgliedern (und „eingetragenen Fanclubs des 1. FC Magdeburg“) gleichermaßen offen gestanden haben soll. Der Vorverkauf begann um 10.00 Uhr, um 11 Uhr war bereits Feierabend. Und bei allem Respekt: in 60 Minuten verkauft man keine 1.800 Tickets. Nicht mit dem Ticketverkaufssystem an der Kasse am Stadion und schon gar nicht mit dem Personal, das dort üblicherweise zu bewundern ist.

Es sei also die Frage gestattet, so von Mitglied zu Verein: Wie viele Tickets gingen denn wirklich in den Verkauf? Und: Warum kommunizierst Du das nicht einfach ganz offen, sondern verkaufst mich im Gegenteil auf so plumpe Art für dumm? Hast Du das nötig? Übrigens: Transparenz kann man auch im Nachhinein noch herstellen.

Dann hieß es: „Unter Vorlage des Mitgliedsausweises ist pro Mitglied eine Karte erhältlich.“ Mir ist klar, dass das ein pragmatischer Weg ist, den erwarteten Ansturm irgendwie zu bewältigen. Nur: der pragmatische ist nun mal nicht immer auch der beste bzw. hier: der fairste Weg. Wenn Du so eine Regelung triffst, ist doch klar, dass dann nicht jede*r, der oder die in der Schlange steht, nur ein Ticket wird kaufen wollen. Und das, lieber 1. FC Magdeburg, ist dann so ziemlich das Gegenteil von „gleiches Recht für alle“. Was aber nicht in letzter Konsequenz an Menschen liegt, die die getroffene Regelung dann dahingehend für sich zu nutzen wissen, dass sie eben gleich mit mehreren Dutzend Ausweisen von sich, den Kumpels, der Thekenmannschaft und Oma Hedwig auflaufen, sondern schlicht und ergreifend an der Regelung an sich.

Daher meine nächste, ernst gemeinte Frage: Warum nicht die Maxime „Pro Person und Mitgliedsausweis eine Karte“ ausgeben? Dann weißt Du nämlich vorher, bei welcher Person in der Schlange definitiv Feierabend ist und es dann eben heißt „Ich habe heute leider kein Ticket für Dich.“ Denjenigen, die etliche Stunden umsonst standen, hätte das vielleicht eine Menge Frust erspart.

Aber gut. Es ist nun mal so gelaufen und es wird in Dresden selbstverständlich trotzdem (oder gerade?) einen stimmungsvollen Block geben. Und da ich finde, dass es immer einfach und irgendwo auch ziemlich billig ist, nur zu meckern, ohne Alternativen aufzuzeigen, hier noch zwei weitere Vorschläge, wie es vielleicht anders gehen kann:

Denk‘ doch zur neuen Saison (oder vielleicht als Testlauf schon in der Rückrunde) mal über den Verkauf von Auswärts-Dauerkarten nach! Geht doch bei anderen Proficlubs auch. Und da Du ja zum Beispiel mit Borussia Dortmund ganz dicke zu sein scheinst, kann man da vielleicht gleich auf dem kurzen Dienstweg mal nachfragen, wie die das denn so machen. Gern kannst Du diese Auswärts-Dauerkarten dann zunächst auch erst mal nur an Block U verkaufen, wenn es Dir wichtig ist, dass die Jungs und Mädels auf jeden Fall auch alle auswärts mit am Start sind. Ich wäre der letzte, der damit ein Problem hätte. Dann wäre immer klar: Wir bekommen x Tickets und y davon gehen direkt an die Auswärts-Dauerkarten-Inhaber. Das passt dann auch ganz gut zu dem Ding mit der Transparenz.

Zweiter Vorschlag: Wenn es wirklich objektiv und fair zugehen soll (soll es doch, oder?), warum die Tickets im Mitglieder-Vorverkauf nicht losen? Die Spiele, um die es da potentiell geht, kennst Du doch in dem Moment, in dem feststeht, welche Mannschaften in der Liga sind. Die Namen und Adressen Deiner Mitglieder kennst Du auch. Also pro Spiel alle ab in einen Topf und ausgelost, wer ein Ticket kaufen kann. Und wer keins braucht oder aus was für Gründen auch immer nicht zum Spiel will oder kann, der tauscht eben. Lass‘ dann noch eine gewisse Frist bis zum Einlösen des Loses verstreichen und zack! gehen die bis dahin nicht abgerufenen Karten in den allgemeinen freien Verkauf. Ist dann im Prinzip wie jetzt, nur weiß dann das betreffende Mitglied vorher, ob es, falls gewünscht, in jedem Fall dabei sein kann. Kleiner Bonus: Die Schlange an der Kasse löst sich ganz schnell wieder auf – weil die Tickets nämlich dort hinterlegt wären und nach Vorlage des Mitgliedsausweises nur ausgegeben werden müssen.

Mir ist schon klar, dass derlei Vorschläge mit einem gewissen Maß an Aufwand verbunden sind. Aber den braucht es eben, wenn man auch im Geschäftsbereich „Ticketing“ professionell sein will. Im Moment ist dort ganz offensichtlich noch ein ganzes Stück zu gehen.

Vielleicht, und das hoffe ich nicht, ist Dir das aber auch alles egal. Schließlich wird Dir vollkommen bewusst sein, dass wir auch das nächste Mal alle wieder wie die Schafe zum Kassenhäuschen rennen, auf unser Glück hoffen und Du den Gästeblock ja so oder so voll bekommen wirst. Nur der Form halber sei an dieser Stelle kurz daran erinnert, dass es mal Zeiten gab, in denen ein gewisses „Wir sind sowieso die Größten“-Gutsherrendenken auch mit dafür verantwortlich war, dass die Besucherzahlen im Ernst-Grube-Stadion plötzlich nur noch zweistellige Werte aufgewiesen haben.

Soweit von mir. Eventuell erreicht Dich ja der Text und möglicherweise gibt es zur Causa ‚Vorverkauf für das Auswärtsspiel in Dresden‘ irgendwann mal noch mehr als eine schmale Meldung von 61 Wörtern auf der Homepage. Wie gesagt, Transparenz schützt.

Immer noch nicht ganz so wohlgelaunte blau-weiße Grüße,

Alex.

(Vielen Dank an den @Rodensleber für das Beitragsbild!)

4 Kommentare

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