Woran man merkt, dass demnächst bald wieder ein Sachen-Anhalt-Derby ansteht? Zum Beispiel daran, dass gut anderthalb Wochen vor der Begegnung gegen den Halleschen FC im Netz (und vermutlich nicht nur dort) bereits ordentlich mobil gemacht wird. In den sozialen Netzwerken finden sich dann vermehrt „Alle gegen Halle“-Mems in jeglichen Farben und Formen, wenig schmeichelhafte Fotomontagen, aus denen im Wesentlichen hervorgeht, dass man sich als HallenserIn vor Angst in die Hose macht, wenn man an den anstehenden dritten Spieltag denkt und leider auch mehr oder weniger offene Aufrufe zur Gewalt, wenn das HFC-Logo zum Beispiel neben einem Schweinekopf drapiert wird, der offenbar gerade von einem Metzger mit FCM-Schürze abgetrennt wurde. Und zwar „in guter alter Tradition“.
Auch an der Saale lässt man sich nicht lumpen. So titelt der HFC-Fanblog gewohnt niveauvoll „Wir stürmen die Kartoffelhalle“ und man fragt sich, wo eigentlich die sonst so überaus beliebten Großbuchstaben geblieben sind. Dazu gibt es ein Foto der Anzeigetafel nach dem letzten Aufeinandertreffen, das die Saalestädter bekanntermaßen mit Ach und Krach und erst im Elfmeterschießen (!) gegen den damaligen Viertligisten (!!) aus Magdeburg gewinnen konnten. Ganz nach dem Motto: Wenn man sonst schon nichts hat, muss man sich halt an Kleinigkeiten festhalten. Fix den Beitrag noch mit „auswärtssieg“ (sic!), „Bauern“ und allen Varianten des eigenen Vereinsnamens verschlagwortet und zack! fertig ist der zielgruppengerechte Blogbeitrag.
Mir geht das ja alles ziemlich auf den Keks.
Okay, der Blogpost der Hallenser Konkurrenz hat mich wirklich gut amüsiert und auch das eine oder andere blau-weiße Mem ist ganz gut gemacht, nur frage ich mich: Was soll das eigentlich? Und noch viel wichtiger: Lassen wir unseren Freunden aus dem Süden durch das Basteln lustiger Bildchen und das Posten irgendwelcher Parolen nicht viel mehr Aufmerksamkeit zukommen, als sie eigentlich verdient haben? Immerhin sind Beleidigungen und markige Botschaften ja auch immer irgendwie eine Form von Anerkennung.
Nötig haben wir das alles, so meine ich, nicht: Wie @slaukopp auf Twitter schon richtig bemerkte, verkaufen wir an einem Tag mehr Tickets, als beim Halleschen FC überhaupt Menschen ins Stadion passen. Wir haben eine aktive Fanszene, auf die man stolz sein kann und die immer wieder auch überregional positiv wahrgenommen wird. Der HFC? Hat ein paar Ultrás, denen kürzlich sogar vom eigenen Präsidenten geraten wurde, sich doch einfach einen anderen Verein zu suchen, wenn ihnen bestimmte Dinge nicht passen. Wir schaffen es ja sogar wie selbstverständlich, eine Auswärtspartie im Kurt-Wabbel-Stadion zum Heimspiel zu machen – und nebenbei mal eben noch den Landespokal mitzunehmen. Einen solchen Auftritt wie 2014 habe ich umgekehrt von Hallenser Seite noch nicht erlebt und kann ihn mir beim besten Willen auch nicht vorstellen. Die Geschichte mit dem Niederknien und der Hauptstadt fällt für mich ebenso eher in die Kategorie „Selbstverständliches muss nicht angesprochen werden.“ Warum soll ich also einer anderen Fanszene ständig deutlich machen, wer nochmal aus der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts kommt?
Was ich eigentlich sagen will: In so gut wie keinem Bereich kann uns der Hallesche FC in irgendeiner Form das Wasser reichen und dass wir die Nummer Eins im Land sind und bleiben, ist doch ohnehin klar. Nur eine Sache sollte man vielleicht nicht vergessen, nämlich, dass der Hallesche FC bereits das erreicht hat, was wir seit dieser Spielzeit erst versuchen – das Etablieren in der 3. Liga nämlich. Bei aller Missgunst, die allerorten kursiert, muss man das einfach zumindest anerkennen.
Letzten Endes ist es ja auch genau das, was bleibt, wenn man das allgegenwärtige Klappern und Säbelrasseln mal außen vor lässt und sich auf das Wesentliche konzentriert: auf den sportlichen Wettstreit nämlich, in dem ein Aufsteiger auf ein gewachsenes Drittligateam trifft. Und im besten Fall dafür sorgen wird, dass besagtes gewachsenes Drittligateam auch nach dem 3. Spiel noch mit null Punkten das Tabellenende ziert. FCM-HFC als ganz normales Punktspiel also? Mitnichten, natürlich nicht. Aber eben auch kein „Tod und Hass“, was, nebenbei bemerkt, auch ziemlich unklug wäre: Man stelle sich nur vor, solche Wünsche werden wahr. Über wen soll man sich denn dann noch lustig machen?
Mir persönlich würde es völlig reichen, wenn wir – wovon ich ausgehe – am 16.08. auf dem Rasen und auf den Rängen zeigen, wer in Sachsen-Anhalt die Fußball-Hosen anhat und ansonsten eher über dem Hass stehen. Und zwar mit der überlegenen Gelassenheit der Größten der Welt, die den Kollegen aus dem Süden in dieser Saison mindestens zweimal zeigen werden, wo ihr Platz ist. Es kann schließlich einfach auch nicht jede Mannschaft Europas beste sein.
Pingback: Hass | re: Fußball