Kategorie „Arbeitssieg“ in Hannover gegen den TSV Havelse, anders kann man den Erfolg der Größten der Welt gegen den Drittliga-Aufsteiger wohl nicht bezeichnen. Der Club tat sich lange schwer, rannte auch in gut 60minütiger Überzahl immer wieder an, ließ allerdings über weite Strecken die notwendige Kreativität und auch so ein bisschen den Mut vermissen, mal konsequent im Eins gegen Eins an den gut organisierten Havelser Ketten zu zerren. Zwei Elfmetern in der Schlussphase war es schließlich zu verdanken, dass der 1. FC Magdeburg die Punkte mit nach Hause nehmen durfte. So haben wir das Spiel gesehen:
Meine Erwartungen vor der Partie:
Nicole:
Ich verfluchte mich schon fast für meine Euphorie und die Erwartung, dass wir Havelse aus der HDI Arena schießen würden. Ich müsste es als Clubfans doch eigentlich viel, viel besser wissen. Wahrscheinlich war es deswegen keine Erwartung, sondern die Hoffnung auf ein Offensivspektakel. Diese vielen schönen Offensivaktionen mussten doch irgendwann einmal in Tore umgewandelt werden. Oder doch nicht?
Dann las ich vor dem Spiel noch einiges vom Gegner und hörte mir auf der Fahrt zum Stadion Alex‘ Podcast an; sein Gast Sönke erzählte viel über unseren Gegner und ich muss gestehen, genauso habe ich es mir vorgestellt. Das war irgendwie Fußballromantik pur. Doch durch das Erzählen über diesen Verein schraubte ich meine Erwartungen urplötzlich ganz tief herunter. Mir wurde mehr und mehr bewusst, dass dieses Spiel kein Selbstläufer wird und gegen tiefstehende, kämpfende Mannschaften sahen wir noch nie gut aus.
Ach ja – über den Hauptsponsor Langrehr Backstuben „stolperte“ ich dann auch noch, dazu aber später mehr.
Alex:
Ich war vorsichtig optimistisch und erwartete demzufolge einen Sieg. Die bisher gezeigten Leistungen und der Fakt, dass wir mit Aufsteiger Havelse auf einen potenziellen Außenseiter trafen, ließen das Engelchen auf meiner Schulter von einem deutlichen Auswärtserfolg mit schönen Spielzügen und noch schöneren Toren träumen. Das Teufelchen mahnte derweil, dass Havelse sich sicherlich nicht auf den Rücken legen würde und den 1. FC Magdeburg einfach über sich drüber walzen lässt und wir kennen ja alle diese Geschichten vom vermeintlichen Underdog, der über sich hinauswächst und so ein Spiel dann eben gewinnt. Die gefühlt nicht enden wollenden Treppen des Niedersachsenstadions lief ich also mit gemischten Gefühlen hinauf.
Apropos Niedersachsenstadion: Ich weiß nicht, ob das wirklich unter „Erwartungen“ fällt, aber ich freute mich auf den Besuch dort, war es doch mein erster in diesem Stadion. Und ja, doch, jetzt im Nachhinein kann ich sagen, dass die Schüssel durchaus Charme hat. Und zack! sind sie gleich wieder da, die Gedanken an eine volle Hütte und an Zweitligafußball unter Flutlicht und in einem vollen Gästeblock, der es ordentlich scheppern lässt …
So habe ich das Spiel verfolgt:
Nicole:
In der HDI Arena in Hannover mit Blick auf den Gästeblock, der so schön gefüllt war. Da ich die Arena schon öfter live erleben konnte, wusste ich, dass die Stimmung hier ohrenbetäubend sein kann, wenn plötzlich die Gästefans anfingen, ebenjene Stimmung zu machen. Die Gänsehaut kam dann auch bereits vor Spielanpfiff, als die Fans das erste Mal einklatschten und ein „Auswärtssieg, Auswärtssieg“ durch die Arena schmetterten.
Mit dem Anpfiff ging es, obwohl Block U fehlte, gut weiter. Das Spiel selbst verflachte nach der Großchance von Sissi Conteh zusehends. Wer das Offensivspektakel erwartete, wurde herb enttäuscht. Havelse stemmte sich gegen alle Angriffe und spielte munter nach vorne.
Daher war das Beste in den ersten Minuten, was ich erleben konnte, der Kuchen vom Hauptsponsor Langrehr. Wer mich kennt, der weiß, dass man mich mit Kuchen und Torte hinter dem Ofen hervorlocken kann. Das war der absolute Oberhammer. Ich wusste gar nicht mehr, wie gut Streusel- und Zuckerkuchen schmecken kann. Ich hoffte, dass ich nach Abpfiff noch was vom Kuchen abbekam ;).
Auf dem Platz folgte dann die schnelle gelb/rote Karte für Fynn Lakenmacher, der für mich noch einer der besten Spieler bei Havelse war. Nicht nur der Name war für uns Magdeburger bekannt. Fynn ist der Sohn von Handballer Sven Lakenmacher, der in Magdeburg geboren wurde, denn dessen Vater Wolfgang Lakenmacher kennt wohl jeder in unserer Stadt. Sogar einen Stern im Walk of Fame hat er inne. Da war seine Leistung wohl auch ein wenig die Motivation, gegen Magdeburg zu spielen.
Doch einer weniger bedeutete wieder ein Anrennen gegen eine Mauer. Plötzlich sahen wir das restliche Spiel über eine 8-Mann-Mauer von Havelse. Die Führung von uns war dann super herausgespielt und kurz dachte ich: „Jetzt geht’s los!“ Es war jedoch nur ein kurzes Aufflammen.
Der Ausgleich war einfach nur dämlich und danach folgte ein Deja-vu nach dem nächsten. Anrennen, die vielbeinige Abwehr klärte und wir rannten wieder an. Diese leichten Konterläufe des Gegners beunruhigten mich dann doch aber immer wieder. Am Ende konnte(n) es nur ein oder eben zwei Elfmeter klären und das Spiel für uns entscheiden. Ende gut – alles gut.
Alex:
Zusammen mit Podcast-Kollege Thomas und der Podcast-Schiedsrichter-Prominenz ziemlich weit oben im Block S16. Die Perspektive auf’s Spiel war ungewohnt, aber interessant, weil wir von unserem Standort aus mal das „große Ganze“ im Blick hatten und auf das eine oder andere Detail achten konnten. Das hat richtig Spaß gemacht und ehrlicherweise unterhielten wir uns mehr über Spielszenen, als dass wir in den Support einstimmten – zwischenzeitlich dachte ich so: „Na, vielleicht ist das ja ein Blick in die Fußballfanrentnerzukunft, in der man eben sitzt, fachsimpelt, natürlich auch meckert und die anderen ihre Stimme ruinieren lässt.“
Das Spiel einzuschätzen, gestaltet sich für mich tatsächlich schwierig. Vom Ergebnis her sieht es natürlich deutlich – andere würden vielleicht sagen: „standesgemäß“ – aus, in Wahrheit war das aber alles irgendwie ziemlich krampfig. Das lag aber auch daran, dass der TSV Havelse nicht nur hervorragend eingestellt und organisiert war, sondern eben auch mit viel Herz und Leidenschaft verteidigte, besonders nach dem Platzverweis nach nicht einmal 30 Minuten. Dazu kamen ein paar richtig gute Umschaltsituationen, in denen der Club Glück hatte, dass Havelse die nicht deutlich besser ausspielte. Und wenn ich jetzt überlege, dass der FCM eine Stunde in Überzahl agierte und zumindest auf dem Papier die Mannschaft mit der höheren Qualität gestellt haben dürfte, war das bis zum Elfmeter in der 85. Minute offensiv doch ingesamt eher dünn. So richtig viele Torgelegenheiten gab es jedenfalls nicht, auch wenn Blau-Weiß den weit überwiegenden Teil der 2. Halbzeit damit zubrachte, den Havelser Strafraum im Stile einer Handballmannschaft zu belagern. Und ja, am Ende haben mir die Gastgeber tatsächlich ein bisschen leid getan, mit dem Strafstoß war da deutlich der Stecker gezogen.
Aber gut, so kann das eben laufen im Fußball und wenn ich jetzt wieder die FCM-Brille aufsetze, ist es an sich ja auch eine Qualität, solche Arbeitssiege einzufahren. Die drei Punkte nehme ich gern mit, auch wenn es natürlich noch ein paar Dinge gibt, über die es sich zu reden lohnt, was wir am Mittwoch im Podcast auch ausführlich tun werden.
Der auffälligste Spieler:
Nicole:
Positiv fiel mir heute keiner ins Auge. Daher würde ich heute mal anders schauen und sagen, dass ich mich über die gelben Karten von Baris Atik und Alexander Bittroff ärgere. Daher der „negativ“ auffälligste heute für mich Alexander Bittroff, der sich bitte mal zukünftig auf dem Rasen in den Griff bekommen sollte. Mit gelb-rot hilft er uns definitiv nicht weiter. So ein guter Kicker, da braucht es diese Foulspiele und Meckereien nicht. Und so etwas spricht sich in Schiedsrichterkreisen schnell rum.
Alex:
Naja, das Wort „auffällig“ passt an dieser Stelle, trotz seines Tores, nicht so richtig, dennoch möchte ich dieses Mal hier Connor Krempicki nennen. Auch wegen des Treffers, der, da bin ich bei Nicole, großartig herausgespielt war, aber auch, weil mir der Bursche die ganze Saison über schon gut gefällt und auch in diesem Spiel wieder ordentlich abgeliefert hat. Ich kann mich kaum mal an einen Fehler erinnern, dafür aber an grundsolide Arbeit im Mittelfeld und ich glaube, auf der Position ist es schon auch ein Ausweis von Qualität, wenn man eben nicht die ganze Zeit im Fokus ist, aber trotzdem einfach die Fäden zieht. Gute Sache und schön auch, dass es verhältnismäßig früh in der Saison schon mit dem ersten Treffer für den neuen Verein geklappt hat.
Die Partie in maximal fünf Worten:
Nicole:
Mit Geduld & Spucke zum Sieg!
Alex:
Arbeitssieg. Abhaken, Schlüsse ziehen, weitermachen.
Das bleibt in Erinnerung:
Nicole:
Definitiv der Kuchen von der Bäckerei Langrehr. Das letzte Mal habe ich so jahrelang vom Nudeltopf aus Aue geschwärmt. Ansonsten bleibt mir meine alte Heimat in Erinnerung, ein Punktspiel meines Clubs in der HDI Arena, denn ein Pflichtspiel gegen Hannovers erste Mannschaft blieb mir noch verwehrt. Seit langem mal wieder 2.000 Clubfans unter den 3.139 Schlawinern (toller Name für Brötchen) und ich freue mich schon darauf, wenn auswärts auch wieder Block U zur Stelle ist. Die Vorfreude auf das kommende Heimspiel ist auf alle Fälle wieder riesig. „Ick freu mir wie Bolle“, wie der Machdeburjer zu sagen pflegt.
Alex:
Der geile Support und die Wechselgesänge zwischen den Blöcken in der Anfangsphase der Partie, genauso aber auch der deutlich hörbare Unmut so ab der 70. Minute, als viele offenbar doch recht nervös wurden und sich abzeichnete, dass sich die Erwartungen an einen Kantersieg möglicherweise nicht erfüllen würden. Zu Beginn sagte Thomas noch zu mir, dass Block U die Magdeburger Fanszene schon irgendwie richtig gut erzogen hat, am Ende waren wir uns beide einig, dass der Auftritt gegen St. Pauli die Ansprüche an die Mannschaft doch ordentlich hoch, vielleicht zu hoch, geschraubt haben dürfte. Ist ja aber auch nachvollziehbar, das war ja auch ein wirklich guter Auftritt gegen die Kiezkicker.
Auch in Erinnerung bleibt mir, dass Baris Atik dem Kollegen Kai Brünker den Elfmeter zum 3:1 aus Magdeburger Sicht überlassen hat. Schöne Geste, die bei dem Spielstand natürlich leicht gefallen sein dürfte, aber eben auch nicht selbstverständlich ist. Und wie der Kollege Brünker sich nach seinem Treffer freut, das war auch schön.
Naja, und dass sich der Stadionsprecher beim Ansagen der Zuschauer*innenzahl doch tatsächlich bei den von Nicole schon genannten 3139 „Schlawinern“ bedankte, fand ich irgendwie knuffig.
Ach, doch, am Ende war das schon ein insgesamt runder Nachmittag. Schickes Stadion, tolles Wetter, gute Leute, dazu ein wichtiger, weil einfach geduldig und hart erarbeiteter Auswärtssieg und ein Gegner, der mich persönlich, gemessen an den dortigen Möglichkeiten, wirklich beeindruckt hat – was will ich da eigentlich mehr erwarten?
Das Foto des Spieltags: