Es ist schon beeindruckend: Da fallen dem 1. FC Magdeburg gleich 10 Spieler aus, was zu einigen Umstellungen führt, und trotzdem gewinnt das Team von Christian Titz souverän und völlig verdient beim bis dato starken Dortmunder Nachwuchs. 2:0 hieß es am Ende aus Sicht der Guten, Luca Schuler und Baris Atik sicherten den nie wirklich gefährdeten Auswärtserfolg. In fünf Auswärtsspielen ging der Club damit viermal als Sieger vom Platz und grüßt nach acht Spieltagen von der Tabellenspitze. Unser Blick auf die Partie im Stadion Rote Erde:
Meine Erwartungen vor der Partie:
Nicole:
Dass wir irgendwie bestehen. Bei der langen Ausfallliste war ja fast jeder im Kader, der einigermaßen fit ist und Fußball spielen kann. Hätte mich nicht gewundert, wenn man sogar noch Silvio Bankert auf die Bank gesetzt hätte. Mit dem Ball umgehen könnte er bestimmt auch noch. Also ging ich mit doch null Erwartungen rein und meine maximale Hoffnung war wirklich, dass wir einen Punkt mitnehmen.
Alex:
Ich war, ehrlich gesagt, auch recht zurückhaltend mit einer positiven Prognose und wäre angesichts der vielen Ausfälle ebenfalls mit einem Unentschieden durchaus zufrieden gewesen. Trotzdem war ich natürlich gespannt, ob sich die zuletzt im Podcast angesprochene Flexibilität im Kader nun auch auf dem Rasen würde zeigen können.
Abgesehen davon freute ich mich einfach wieder auf den Stadionbesuch und hatte diesmal doppelten Grund dazu: Zum einen war da die Spielstätte, das Stadion „Rote Erde“ hatte ich, seitdem feststand, dass der BVB II in unserer Liga spielen würde, ganz fest auf dem Zettel. Zum anderen war diese Partie so etwas wie mein Abschiedsspiel, weil aus familiären Gründen der letzte Stadionbesuch auf unbestimmte Zeit. Und den galt es noch mal in vollen Zügen zu genießen.
So habe ich das Spiel verfolgt:
Nicole:
Im Auto auf dem Weg nach Berlin und mit dem gebannten Blick auf den Liveticker. Für mich eine surreale Situation, denn ich las meinen Ticker und ich ertappte mich, wie auch ich immer den Bildschirm herunterzog, um den Ticker zu aktualisieren. Dabei weiß ich doch, dass das von ganz alleine ging. Ich warnte meine Mitfahrer auch vor, falls ich laut brüllen oder nicht so feine Wörter in den Mund nehmen würde. Sie nickten. Sie kennen mich und konnten damit umgehen.
Unser Trainer schickte eine gute Startelf auf den Rasen. Allerdings hätte ich mir einen Startelfeinsatz von Maxi Franzke sehr gewünscht. Sollte nicht so sein, aber Jason Ceka machte seine Sache richtig gut. In der ersten Halbzeit hatten wir das Spiel, trotz der Ausfälle, überraschenderweise gut im Griff. Ich las Chancen um Chancen, nur das Tor fehlte. Waren wir ja schon gewohnt.
Dann die Pause und ich schaute im Handy auf die anderen Plätze und war da mehr von der Partie Kaiserslautern gegen Mannheim fasziniert, wo es allein in den ersten 45 Minuten vier rote Karten “regnete“. Diese Diskussion war auch noch am Laufen, da begann die zweite Hälfte und ich bekam aus der Heimat ein langes „TOOORRRR“ geschrieben. Danach sah ich im Ticker die Meldung und schrie das Auto zusammen. Schuler mit einem Lupfer, wie es Sissi Conteh nicht besser machen konnte. Herrlich. Wir führten und irgendwie drückten wir weiter.
Dann wieder die Info aus der Heimat und ich schrie in die Diskussionen hinein. Alle grinsten mich an und sogleich bekam ich das Video vom unglaublichen Freistoß, den Atik ins Netz zauberte. Das Grinsen wurde breiter, die Nerven ruhiger.
Im Nachgang schaute ich mir die Zusammenfassung noch an und auch wenn Dortmund noch den Anschlusstreffer wollte, so standen wir gut, hatten Glück und ärgerten uns am Ende mal wieder über die vergebenen Chancen. Eine souveräne Partie ging zu Ende und mein erhoffter Punkt wurde verdreifacht.
Alex:
Im Schatten des Westfalenstadions, mit guten Leuten, gutem Wetter, gutem Fußball und dem richtigen Ergebnis am Ende. Ein bisschen skurril wirkte die Szenerie schon: Da gehst Du am Gästeeingang nur ein paar alte Steinstufen hoch, stehst direkt im Block und denkst Dir so: „Germer, bist Du es?“, blickst aber gleichzeitig auf die Rückseite der Dortmunder Haupttribüne, an deren oberem Ende der Schriftzug einer Versicherung prangt. Krasser lässt sich die Trennlinie zwischen „damals, als alles besser war“ (Zwinkersmiley) und dem modernen Fußball vermutlich kaum in ein Bild fassen.
Naja, und spielerisch? Legte der Club los wie die Feuerwehr und fand sich der Dortmunder Nachwuchs erst einmal in der eigenen Hälfte wieder. Der FCM spielte das gut, phasenweise aber ein Stück zu kompliziert oder zu schick und wenn es zu Abschlüssen kam, fehlte entweder die letzte Konsequenz oder das nötige Quäntchen Glück. Kurzum: Chancen waren da, der Ball wollte aber einfach nicht über die Linie.
Durchaus interessant fand ich die Rolle, die Florian Kath diesmal von Christian Titz zugedacht war. Als Bell Bell-Ersatz gab er den linken Außenverteidiger oder, wie ich kürzlich lernte, den linken Schienenspieler, und duellierte sich ein ums andere Mal beherzt mit Dortmunds Richmond Tachie. Das waren coole, weil rassige Zweikämpfe, die in der Summe allerdings an den Dortmunder gingen, würde ich sagen. Trotzdem: Auch wenn das eher nicht Kaths Stammposition wird, ist es gut, zu sehen, dass das in so einem Spiel durchaus auch mal funktionieren kann. Stichwort „Flexibilität“ und so.
Halbzeit 2 verbuche ich für mich dann vor allem unter dem Stichwort „Party“, was natürlich vor allem daran lag, dass Luca Schuler mit einem tollen Lupfer und Baris Atik mit seinem Kunstschuss-Freistoß früh die Weichen auf Sieg stellten. Nach 56 Minuten war dem Dortmunder Nachwuchs der Zahn gezogen, die restliche Begegnung spielte der Club beeindruckend souverän runter. Im Block wurde derweil der eine oder andere Klassiker angestimmt und spätestens, als irgendjemand „Ohne Schmelzer habt Ihr keine Chance!“ skandierte und alle mitmachten, gab es nur noch gute Laune. Schade, wirklich schade, dass Jason Ceka nicht noch das 3:0 macht, aber hey, alles Gute ist halt auch nie beisammen. War auch so ein richtig schöner Nachmittag.
Der auffälligste Spieler:
Nicole:
Abseits des Geschehens habe ich meinen Sohn gefragt, der zu Hause dem Spiel am TV folgte. Er sagte mir ganze schnell und ohne Umschweife „Andi Müller war Weltklasse. Den müssen wir unbedingt ganz lange binden.“
Da ich mir selbst kein Urteil bilden kann, vertraue ich da auf blind auf mein Kind.
Alex:
In meinen Augen Jason Ceka. Das war wirklich stark, was der Bursche bei seinem Startelfdebüt gezeigt hat; einen Treffer zur Krönung seiner tollen Leistung hätte ich ihm sowas von gegönnt.
Die Partie in maximal fünf Worten:
Nicole:
Der Siegeszug geht weiter. Check.
Alex:
Souverän, nie gefährdet, beeindruckend, stark.
Das bleibt in Erinnerung:
Nicole:
Mein Ticker und ich. Zu lesen, was ich sonst befülle und nicht dabei zu sein, dass fällt mir nach so vielen Jahren an den Tasten immer wieder schwer. Mein Nervositätsabbau an den Tasten fehlte. Ich war hibbelig und wieder kaum zu ertragen. Gut, dass Kaiserslautern gegen Mannheim echt ein Kartenfestival abzog, so dass wir genug Gesprächspotential abseits des Clubspiels hatten.
Somit bleibt mir in Erinnerung, dass ich das komplette Spiel auf der Fahrt von Magdeburg nach Berlin/Brandenburg verfolgte. Mit Nervosität ins Auto gestiegen und mit einem Sieg am Zielort angekommen. Die Feier wurde dann im wahrsten Sinne des Wortes doppelt begangen.
Alex:
So einiges. Die persönlichen Gespräche, für einige Zeit ganz sicher zum letzten Mal. Die ungläubigen Blicke, nachdem Baris Atik diesen Freistoß direkt ins Tor gezirkelt hatte. Ein Stadion, das mein Fußballnostalgiker und -romantikerherz höher schlagen lässt. Die zwei „Blockwarte“, die durch die Reihen gingen und versuchten, die anwesenden Clubfans mit lautem Organ und jeder Menge Enthusiasmus zum Singen zu bewegen. Das Abklatschen mit der Mannschaft am Zaun. Ewig nicht mehr gemacht. Die entsetzten Gesichter der Dortmunder Passant*innen, die uns auf dem Weg vom Gästeblock zum Parkplatz entgegenkamen und sich unsere gesungenen Huldigungen an den Club anhören durften. Das Gefühl großer Freude und Dankbarkeit, das alles noch mal erlebt haben zu dürfen.
Ich hätte mir zum vorläufigen Abschluss meines (in letzter Zeit ja schon eher unsteten) Stadiongänger-Lebens keinen besseren Tag aussuchen können. Schön war die Zeit.
Das Foto des Spieltags: