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Die verlorene Folge oder: Im Gespräch mit Nils Butzen

Nils Butzen

Teil 4/7: Fußballer-Bekanntschaften | Die Neuen beim Club | Rückblick Großaspach

[TH]: Wo Du gerade Halle angesprochen hast… Mir ist das aufgefallen beim Pape-Cup vor zwei Jahren, da waren ja unter anderem Dortmund und Schalke da und die Spieler kennen sich ja untereinander. Die Dortmunder, die Schalker, man kennt sich aus Landesauswahlen, das ist ja bei Dir selber nicht der Fall gewesen, wie Du gesagt hast. Aber wie ist denn das so unter den Spielern? In dem Fall also mit den Hallenser Spielern. Ist das untereinander ein Thema? Kennt man sich eigentlich ein bisschen und blendet das dann aus, dass man sich befreundet oder auch privat ein bisschen kennt? Oder gibt es das gar nicht? So, dass man sagt: „So, der hat ein rotes Trikot an, da knallt’s jetzt.“

[NB]: Na, ich muss ehrlich sagen, Pintol ist ein ganz spezieller Fall, mit dem hab ich mich in den Relegationsspielen gegen Offenbach 180 Minuten nur beleidigt. [Thomas kichert] Aber dann war die Unterbrechung in Offenbach und dann kam er zu mir und hat sich bei mir entschuldigt

[AS]: Oh, OK.

[NB]: Und jetzt haben wir im Spiel gegen Halle auch ganz normal miteinander geredet, gar nicht mehr so wie damals. Also es gibt noch Spieler, mit denen ich klarkomme. Aber wir haben uns damals so beleidigt und dann aber, als das alles entschieden war, gemerkt, das ist nur der Sport. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich mit ihm befreundet bin, aber man unterhält sich ganz normal. Ich könnte mich jetzt auch so ganz normal mit dem unterhalten. Das hatte ich auch mit dem Bertram, der jetzt in Aue spielt. Also ich hatte immer gegen den gespielt. Immer gegen Halle und immer gegen ihn. Wir hatten nie ein Problem miteinander. Und irgendwann haben wir uns auch mal nach dem Spiel unterhalten und da hatte er sich grad das Kreuzband gerissen, wodurch ein Wechsel geplatzt war und irgendwie kamen wir da ins Gespräch. Und nach dem Spiel gegen Aue haben wir uns auch nochmal unterhalten. Das ist schon so, dass man hier und da mit manchen Spielern, wenn man sich jedes Mal über den Weg läuft, auch einen Draht zueinander findet. Aber es wird auch immer Spieler geben, zu denen wird man nie einen Draht finden. Egal, wie man gegen die spielt, wahrscheinlich findet man keine Sympathie für die. Das ist einfach so und ich glaube, es ist grundsätzlich schwieriger, Sympathien für Spieler vom Halleschen FC zu finden. Man geht ja eigentlich schon mit nem Messer zwischen den Zähnen ins Spiel rein und ist dann einfach auch nicht aufnahmefähig für irgendwas Positives und selber wahrscheinlich auch von der Grundstimmung etwas aggressiver und beleidigt dann vielleicht auch mal schneller einen Spieler oder wird ein bisschen ausfällig. Deswegen ist das nochmal so ein Sonderfall. Aber es gab vereinzelt auch Spieler – nicht nur von Halle -, mit denen man dann durch diverse Spiele ein bisschen Kontakt aufbaut und auch mal fragt: „Wie geht’s?“

[TH]: Ist ja schön, dass es auf dem Platz dann so ist wie auf den Rängen.

[AS]: [lacht] Genau. Jetzt hast Du eben schon zwei schöne Brücken gebaut. Eine in Richtung Neuzugänge – das wäre meine letzte Interviewfrage hier – und eine zu Großaspach. Lass uns mal auf die Neuzugänge gucken. Du bist ja der dienstälteste Spieler im Kader. Wie ist denn da so Deine Rolle oder wie siehst Du da Deine Rolle, was die Neuzugänge betrifft? Oder: Wie machen sie sich denn so, unsere Neuen? Wenn man das so fragen darf…

[NB]: Grundsätzlich ist es schon so, dass ich mich ein bisschen verpflichtet fühle, den Neuen zu zeigen, wie es hier abläuft. Woher sollen sie es denn wissen? Klar, irgendwie erleben sie es ja alles mit, aber ich rede auch gern mit den Leuten darüber, was so auf sie zukommen wird, wie es abläuft, was die Trainingsgestaltung angeht. Die kennen ja alles noch nicht und ich habe das jetzt schon ein paar Jahre miterlebt und weiß auch, wie das Umfeld des Vereins ist. Der Trainer hat das ja auch im Trainingslager gemacht und halt ältere, erfahrene Spieler, die schon länger hier sind, mit Spielern zusammen ins Zimmer gesteckt, die jetzt ganz neu sind. Abends, wenn man ein bisschen Luft hatte, habe ich dann auch viel erzählt, was hier so passiert, auch die Stimmung im Stadion. Alex Brunst, unser Torwart, hat mir dann auch schon erzählt, dass er sich schon viele Videos angesehen hatte, auch schon Spiele im Fernsehen gesehen hatte und so auch schon viel wusste. Aber es geht halt auch um die Trainingsgestaltung, wie es in der Saison aussieht, und vielleicht auch trainerspezifisches. Dass er manchmal Sachen so sagt, dass das manche auch falsch verstehen können. Ich weiß halt als Spieler, das ist bei ihm so. Der sagt was, aber meint es vielleicht ein bisschen anders. Manche sind auch ein bisschen dünnhäutig und denen muss man auch sagen, dass sie manches auch einfach so hinnehmen müssen. Das sind Sachen, die mache ich halt, weil ich es kenne und ich fühle mich auch verpflichtet, den Neuen dann zu zeigen: So und so wird’s laufen, das kommt auf Dich zu. Ich denke, das hilft dann auch.

[AS]: Hast Du mit Dennis Erdmann schon Playstation gespielt und ihn ordentlich umgetackelt?

[NB]: Nee, aber aktuell bilden wir eine Fahrgemeinschaft. Man unterhält sich da auch über viele Sachen. Aber alles super Jungs. Kein Pflegefall dabei. Sportlich super, menschlich auch – und das ist selten. Man hat eigentlich immer mal jemanden dabei, wo man sich so denkt, der wird jetzt wahrscheinlich nicht mein bester Freund – das ist auch schwierig bei 25 Leuten. Aber die Jungs, die dazugekommen sind… Man merkt schon, dass das in die richtige Richtung geht, auch vom Ehrgeiz und wo sie hinwollen. Das hat mich auf jeden Fall positiv überrascht. Das hab ich auch schon mehrfach bestätigt und zwar nicht, weil ich das jetzt irgendwie in die Öffentlichkeit stellen will, sondern das ist wirklich Fakt. Alle Jungs, die dazugekommen sind, haben sich super eingefügt, auch untergeordnet und gesagt: „OK, ich bin neu, ich muss das alles kennenlernen. Die Spieler, die hier sind, haben erstmal das Sagen“. Und das ist auch wichtig für eine Hierarchie. Ich denke, dass wir uns da gut verstärkt haben.

[TH]: Aber das hört man öfter. Ein Kollege von mir, der hier in Magdeburg ein paar Leute kennt, wo Ihr auch hin und wieder unterwegs seid, sagt auch: Der Eindruck von der ganzen Mannschaft nach außen, schon seit Jahren, der zeigt wirklich einen eingeschworenen Haufen, eine homogene Truppe, wo keiner aus der Reihe tanzt und die wirklich Bock aufeinander hat.

[NB]: Naja, der letzte, der aus der Reihe getanzt ist, ist ja jetzt nicht mehr da. [Lachen]

[AS]: Ich finde, das ist für den ersten Teil eigentlich ein ganz gutes Schlusswort. Dann machen wir den Interviewteil an der Stelle erstmal zu. Und es lässt sich jetzt nicht vermeiden: Wir schauen im zweiten Teil nochmal auf Großaspach zurück, auf die Partie jetzt am Wochenende. Und das ist ja auch eigentlich ganz spannend: Wir haben hier am Tisch ja drei unterschiedliche Perspektiven. Du warst ja logischerweise, Nils, 90 Minuten mittendrin, ich stand im Gästeblock und der Thomas hat sich’s bei der Telekom gegeben. Ja, 1:4, ich persönlich glaube, dass das Ergebnis nicht das wiederspiegelt, was das Spiel gezeigt hat. Jetzt mit ein paar Tagen Abstand, was würdest Du denn sagen? Wie hast Du das erlebt so insgesamt?

[NB]: Also ich muss sagen, dass insgesamt eigentlich alles so aufgegangen ist, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir haben früh die Bälle gewonnen, auch in der gegnerischen Hälfte. Auch im Spielaufbau haben wir viele gute Sachen gemacht, finde ich. Das war nicht dieses blinde Nachvorneschlagen, was uns viele immer nachsagen, aber immer noch dazugehört, weil das auch eine Stärke von uns ist, mal einen zweiten Ball zu spielen. Auch, wenn das nicht immer schön ist. Ich finde, dass wir auch in dem Spiel fußballerisch gute Ansätze gezeigt haben. Das einzige, was gefehlt hat, war vielleicht der letzte Punch. Am 16er viele gute Möglichkeiten Durch ein ungenaues Zuspiel, schlechte Ballannahme und so… Das war jetzt das Quäntchen, was gefehlt hat. Aber wenn wir das 1:0 geschossen hätten, hätten wir von einer überragenden 1. Halbzeit geredet.

[AS]: Ja, sehe ich ähnlich.

[NB]: Und dann kommt es irgendwie so, wie es kommen musste. Michel muss behandelt werden, kommt raus, und genau an der Position im Rückraum, wo er normalerweise stehen würde, da ist dann keiner. Und ich muss dazusagen: Von allen Toren, die sie an dem Tag geschossen haben, war das für mich das schwerste. Und ich stand noch in der Ecke, wo der Ball reingeht. Der Ball geht genau über meinen Kopf, das heißt, er musste den auch dahin schießen. Wenn er ihn ein bisschen flacher schießt, kann ich ihn rausköpfen oder Glinker hält ihn dann noch, aber er schießt halt genau in den Winkel. Und dann kriegt man kurz vor der Halbzeit so ein Tor, kommt aus der Halbzeit raus – Großaspach hat zwei Torschüsse in der ersten Halbzeit gehabt, glaube ich – und mit der ersten Aktion, wo der Ball auch noch zweimal abgefälscht wird, kommt der Ball zum Stürmer, der schießt und Handke fälscht nochmal ab und der Ball geht ins kurze Eck. Dann liegt man 2:0 hinten, wo man eigentlich so denkt: „OK, 1:0, wir haben Zeit und können das mit Geduld spielen, nicht auf Teufel komm raus.“ Aber bei einem 2:0 sieht das schon anders aus, da sollte man schon irgendwann das erste Tor machen. Ja, und dann die beiden Freistoßtore … an dem Tag … Ich dachte mir nach dem dritten Tor, das kann doch schon wieder nicht wahr sein. Ich hab mich so’n bisschen verarscht gefühlt.

[AS]: Ging mir genauso.

[NB]: Ich hab mir gedacht, das kann doch jetzt nicht … Und dann kommt der letzte Freistoß und dann sag ich noch so, er soll jetzt endlich schießen und nicht auf Christiano Ronaldo machen und dann schießt er den auch wirklich … also ich hab mich umgedreht, ich stand in der Mauer, ich dachte, der geht drüber und auf einmal sehe ich, dass der Ball im Netz liegt. Ich wusste gar nicht, wie das geht. Als das Tor gefallen ist, musste ich innerlich irgendwie schon lachen: „Ist hier versteckte Kamera oder sowas?“ Und man darf halt auch nicht vergessen: Für die Verhältnisse haben wir trotzdem noch versucht, uns anzustrengen, aber man kriegt halt irgendwie in regelmäßigen Abständen nochmal so einen Nackenschlag. Man denkt so: „OK, 1:0“. Wir kommen aus der Halbzeit, machen das eigentlich ganz gut, lassen wieder nichts zu, erste Aktion: 2:0. Und dann der Freistoß zum 3:0. Das war erstmal niemals ein Freistoß für Großaspach, wir haben uns das nochmal angeguckt. Wie er da nen Freistoß für Großaspach pfeifen kann, weiß ich auch nicht. Genauso vor dem vierten Tor. Kopfballduell zwischen Düker und deren Sechser – da krieg ich noch gelb, weil ich gefragt hab, wo da ein Foul gewesen sein soll. Das waren dann zwei Freistoßsituationen oder Entscheidungen, die ich auch nicht verstanden habe, aber es hat an dem Tag irgendwie auch alles zusammengepasst. Und man erholt sich ja auch nicht sofort. Man kriegt das Gegentor, die Köpfe sind erstmal unten, dann spielt man, dann hat man sich gefangen und zehn Minuten später kommt ein Freistoß – 3:0. Dann macht man das 3:1, dann kommt der nächste Freistoß – da ist dann halt auch im Kopf irgendwann so viel, da wird so viel verarbeitet. Ich denke halt trotzdem, dass wir uns da nicht sooo… weil viele ja auch immer von „Abschlachten“ sprechen, ich hab halt auch nicht gesehen, dass wir uns da… Das waren halt drei Tore, die in einer Saison vielleicht grad mal so fallen, bei allen Spielen. Und wir haben halt drei davon live miterlebt. Ich hab da auch nicht gesehen, dass wir uns da irgendwie blamiert haben. Das hab ich aber auch mit ein paar Jungs aus der Mannschaft besprochen: Wie soll man Leuten erklären, wenn man 4:1 verliert, dass man kein schlechtes Spiel gemacht hat. Aber wir haben kein schlechtes Spiel gemacht, garantiert nicht. Wir haben die Videoanalyse gemacht und da haben wir halt auch gesehen, dass Großaspach einfach keine Lösungsansätze hatte, um uns irgendwie in die Bredouille zu bringen. Wir hatten einfach die komplette Kontrolle über das Spiel. Und dann mit dem ersten … das war ja nicht mal eine gefährliche Situation, er schießt ihn halt aus 22 Meter aber sowas von in den Winkel.

[TH]: Aber wunderschön.

2 Kommentare

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