VfL Osnabrück – 1. FC Magdeburg, 12. Spieltag, 0:2 (0:2)
Eigentlich sprach ja alles gegen den 1. FC Magdeburg: Auswärtsspiel in Osnabrück, dann auch noch an einem Freitagabend und zu allem Überfluss an einem Freitag, den 13. – statistisch und Aberglaube-technisch also im Prinzip schon vor Anpfiff eine klare Nullrunde für die Größten der Welt. Am Ende kam es ganz anders: Mit einem der bis dato vielleicht souveränsten Auswärts-Auftritte in dieser Saison sicherte sich der 1. FC Magdeburg gegen tapfere Osnabrücker vollkommen verdient die ersten 3 Punkte überhaupt an der Bremer Brücke und grüßt – zumindest vorübergehend – von der Tabellenspitze.
Im ersten Punktspiel nach der Länderspielpause vertraute Jens Härtel für die Startformation jenen elf Spielern, die auch schon gegen Jena begonnen hatten. Zunächst in der gewohnten 3-4-3-Grundordnung, starteten vor Jan Glinker im Tor Steffen Schäfer, Richard Weil und Christopher Handke in der Dreierkette, Nico Hammann links, Nils Butzen rechts sowie Björn Rother und Dennis Erdmann zentral. Die offensive Dreierreihe bildeten die üblichen Verdächtigten, also Tobias Schwede, Christian Beck und Philip Türpitz.
Bei bester Flutlicht-Atmosphäre in diesem doch recht kultigen, alten Stadion begann die Partie im Gästeblock zunächst mit einer Schweigeminute nebst Schalparade in Gedenken an Hannes und alle anderen verstorbenen Clubfans. Auf der Gegenseite nutzte die Kurve rund um die Violet Crew den Spielbeginn, um mit Sprechchören und Spruchband noch einmal die just als Trainer entlassene Vereinslegende Joe Enochs zu würdigen. Schöne Gesten insgesamt, bevor sich die Aufmerksamkeit dann auf das Geschehen unten auf dem Rasen richtete.
Und hier sah der geneigte Clubfan zunächst erst einmal die Hausherren im Vorwärtsgang, was wenig verwunderlich war, hatte Trainer Daniel Thioune doch im Vorfeld sinngemäß angekündigt, dass die Bremer Brücke beben müsse und seine Mannschaft ihren Teil dazu beitragen würde. So war in der 2. Minute gleich mächtig Alarm vor dem Tor von Jan Glinker, weil die FCM-Abwehr den Ball partout nicht klären wollte, Osnabrück daraus aber glücklicherweise kein Kapital schlagen konnte. Zwei Minuten später dann die erste (und eigentlich einzige) richtig gute Möglichkeit für die Hausherren: Im Zuge eines vom FCM eher mäßig gut verteidigten Angriffs landet der Ball bei Emmanuel Iyoha, dessen Schuss aus aussichtsreicher und vor allem freier Position glücklicherweise nur das Außennetz trifft.
Auf der anderen Seite tauchte der FCM nach knapp 10 Minuten das erste Mal vor dem Tor von Marius Gersbeck auf. Philip Türpitz war auf seiner rechten Seite schön freigespielt worden, setzte seinen Schuss dann aber ein kleines bisschen zu hoch an. Davon eher unbeeindruckt, versuchte sich der VfL Osnabrück weiter an Spielkontrolle und hatte im eben schon angesprochenen Iyoha in der Anfangsphase der Partie den überragenden Akteur auf seiner Seite. In Minute 13 spielt er auf rechts (und damit unserer linken Defensivseite) gleich drei Magdeburger schwindlig, bleibt am Ball, kann nur mit einem Foul gestoppt werden und beschert seinen Farben so einen Freistoß aus etwa 25 Metern. Der Ball kommt gefährlich in den Strafraum, kann dann aber nach ein, zwei Wacklern von der Magdeburger Innenverteidigung geklärt werden.
Und dann steht es plötzlich 1:0 für die Größten der Welt. Nico Hammann schlägt einen Freistoß von rechts und knapp hinter der Mittellinie links vor den Strafraum, wo Tobias Schwede per Kopf verlängern und auf Björn Rother spielen kann, der sich in feinster Mittelstürmer-Manier 13, 14 Meter zentral vor dem Tor in eine gute Position gebracht hatte. Susacs Abwehrversuch geht gehörig schief, Gersbeck im Tor lässt sich sauber tunneln und zack! führt der Gast nach 14 Minuten an der Bremer Brücke – das zweite Mal überhaupt beim fünften Gastspiel, 2006/2007 hatte zuletzt ein gewisser Aleksandar Kotuljac mal einen Magdeburger Führungstreffer in Osnabrück erzielt.
Die Gastgeber schüttelten sich nur kurz, zeigten sich vom Rückstand ansonsten allerdings wenig geschockt und spielten weiter munter nach vorn. Torgelegenheiten ergaben sich aber tatsächlich im ersten Durchgang keine weiter, weil der FCM in der Abwehr einfach sicher stand und Jens Härtel zudem die Grundordnung verändert hatte, sodass die Osnabrücker Offensivbemühungen nun weitestgehend ins Leere liefen. Aus dem 3-4-3 der Anfangsphase war inzwischen eine Mischung aus 4-3-3 und 4-5-1 geworden: Nico Hammann, Steffen Schäfer, Christopher Handke und Nils Butzen bildeten nun eine Viererkette, davor agierten Björn Rother, Richard Weil und Dennis Erdmann in einem kompakten Mittelfeldblock, während Christian Beck ganz vorn auf seine Chancen lauerte und sich Tobias Schwede und Philip Türpitz immer mal wieder ein Stück zurückfallen ließen, um sich entweder als Anspielstation anzubieten oder die Defensive zu stärken.
Mal abgesehen davon, dass diese Umstellung beeindruckend gut und nahtlos funktionierte, bescherte sie insbesondere Richard Weil eine interessante Rolle, die der etatmäßige „Mittelmann“ in der Dreier-Abwehrkette ausgesprochen gut zu interpretieren wusste. Immer wieder schaltete er sich klug ins Angriffsspiel ein, glänzte ein ums andere Mal als Ballverteiler und kam im Verlauf der Partie selbst zu Abschlusschancen – unter dem Strich eine überragende Partie unserer Nummer 37.
Derweil muss sich der VfL Osnabrück spätestens in Spielminute 22 vorgekommen sein, als wäre man im falschen Film. Stets bemüht und eigentlich auch mit ordentlich Ballbesitz, steht es plötzlich 0:2 aus Sicht der Hausherren. Iyoha hatte eine Schwede-Flanke im Strafraum mit der Hand zu klären versucht, den fälligen Strafstoß verwandelte Philip Türpitz ohne viel Schnickschnack flach in die linke Ecke. Tja, und wenn man seine Chancen so eiskalt nutzt, riecht es auch nach 22 Minuten in Osnabrück schon mal nach Auswärtssieg. Das zweite Tor hatte nun jedenfalls Wirkung gezeigt, spätestens jetzt kippte das Momentum doch recht deutlich zugunsten von Blau-Weiß. Gefährlich blieb Osnabrück (insbesondere über unsere rechte Abwehrseite) aber trotzdem und wenn man so ins weite Rund schaute, war es durchaus vorstellbar, dass sich die Stimmung recht schnell wieder würde ändern können, kämen die Hausherren eventuell doch zum Anschlusstreffer.
Damit das nicht passiert, übernahm der 1. FC Magdeburg nun mehr und mehr die Initiative und kam bis zum Pausentee zu weiteren Möglichkeiten: In der 27. Minute brachte Nico Hammann einen schönen Fernschuss nicht ganz aufs Tor, kurz vor der Halbzeit setzte Tobias Schwede nach einer guten Umschaltbewegung und Kombination den Ball knapp über die Latte. Einen kurzen Aufreger nebst Schrecksekunde gab es noch, als Nico Hammann nach einem Zweikampf am eigenen Strafraum verletzt liegen blieb, Osnabrück aber weiterspielte und auch zum Schuss kam (der geblockt wurde); wenig später ging es dann aber mit einer vollkommen verdienten Magdeburger Führung in die Kabine.
In selbiger blieb nach Wiederanpfiff Tobias Schwede, der sich wohl an der Schulter verletzt hatte; für ihn kam Felix Lohkemper in die Partie. Der FCM machte derweil ganz souverän dort weiter, wo er in der ersten Hälfte aufgehört hatte. Die Partie hatte man nun eigentlich vollständig im Griff; Osnabrück kam zudem in der einen oder anderen Situation immer mal einen Schritt zu spät, sodass der Beginn der zweiten 45 Minuten eher durch Nicklichkeiten und einige Spielunterbrechungen gekennzeichnet war. In Minute 59 dann tatsächlich schon die letzte wirkliche Torchance für die Gastgeber: Sebastian Klaas kommt im Strafraum frei zum Abschluss, kann Jan Glinker im Magdeburger Tor aber nicht überwinden.
Ansonsten ist die Geschichte der zweiten Hälfte eigentlich recht schnell erzählt: Der Club verwaltete den Vorsprung clever und souverän, der VfL Osnabrück hatte zwar noch einmal die eine oder andere ganz gute Phase, aber unter dem Strich einfach keine Ideen, wie man zu hochkarätigen Torchancen kommen sollte. Und so war der 1. FC Magdeburg über die gesamten 45 Minuten dem 3:0 näher als der VfL dem Anschlusstreffer, wie zum Beispiel nach einer guten Stunde, als ein langer Hammann-Freistoß den Kopf von Richard Weil findet, der aber aus 7 Metern nicht ausreichend Druck hinter den Ball bekommt und Marius Gersbeck dementsprechend nicht wirklich testen kann.
Wie großartig Richard Weil in dieser Partie aufgelegt war, unterstreicht auch noch einmal eine Szene aus der 66. Spielminute: Felix Lohkemper gewinnt den Ball zentral im Mittelfeld und marschiert direkt in Richtung Osnabrücker Tor. Rechts war Philip Türpitz mitgelaufen, der den Ball dann auch von Lohkemper bekommt und wiederum Richard Weil bedient, der den Weg aus der Zentrale in Richtung Strafraum gemacht hatte und mit fast perfektem Timing steil in den Sechzehner gestartet war. Gersbeck kommt dann zwar vor Weil an den Ball und entschärft die Situation, der Laufweg war aber trotzdem ziemlich großartig und hätte zumindest einen Torschuss verdient gehabt.
Kurz darauf kam Marius Sowislo für Björn Rother in die Partie (67.) und hatte Felix Lohkemper noch einmal eine gute Gelegenheit, auf 3:0 zu stellen (72.). Sein Kopfball ging dann aber doch ein gutes Stück rechts am Tor vorbei. Toll aber auch die Vorarbeit von Flankengeber Türpitz auf der linken Seite, der einen Steilpass zur Grundlinie noch erlaufen und den Ball eben auf Lohkemper in der Mitte bringen kann. Doch, diesem FCM zuzuschauen, macht im Moment schon jede Menge Spaß.
Auch wenn Osnabrück in der letzten Viertelstunde noch einmal ein bisschen was versuchte, lag die endgültige Entscheidung zugunsten des FCM längst in der Luft. In der 81. Minute durfte sich Nico Hammann noch einmal an einem Freistoß zentral an der Strafraumkante versuchen; sein abgefälschter Flachschuss war dann aber kein Problem für den Osnabrücker Keeper. Drei Minuten später ist es Christian Beck, der eine Sowislo-Flanke nicht verarbeitet bekommt, weil der Ball vorher noch einmal blöd aufspringt. In der 87. Minute noch mal Beck: Nils Butzen hatte den Ball von rechts eingeworfen und unsere Nummer 11 von der rechten Strafraumkante satt abgezogen. Der Schuss rauschte dann aber knapp über den linken Winkel. Zwei weitere Chancen später (vom eingewechselten Tarek Chahed und von Nico Hammann) war dann Feierabend und begannen die Auswärtssieg-Feierlichkeiten an der Bremer Brücke – wer weiß schließlich schon, wann wir das nächste Mal dort wieder ein Punktspiel bestreiten werden…
Unter dem Strich steht am 12. Spieltag jedenfalls ein absolut verdienter Sieg des 1. FC Magdeburg, dessen Effizienz, Abgeklärtheit, taktische Variabilität und durchaus aus spielerischer Glanz in dieser traditionell schwierigen Partie beim VfL Osnabrück erneut zu beeindrucken wussten. Bei aller Bescheidenheit und gebotenen Zurückhaltung, aber: genau so spielt ein Spitzenteam. Und wenn jetzt irgendwann auch Nils Butzen noch ein Tor schießt, könnte man – rein statistisch! – den Rathausbalkon für Mitte Mai eigentlich schon mal klarmachen.
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