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Bonusrunde

2. Runde

1. FC Magdeburg – Borussia Dortmund, DFB-Pokal (2. Runde), 0:5 (0:1)

Es sind Abende wie diese, die mich einmal mehr wahnsinnig wertschätzen lassen, dass ich FCM-Fan werden durfte. Klar, die DFB-Pokal-Zweitrundenpartie der Größten der Welt gegen Borussia Dortmund ging mit 0:5 deutlich verloren und ja, natürlich war es am Ende bitter, dass die Mannschaft sich nach dem 0:3 schon irgendwie so ein bisschen hat abschießen lassen. Nur: Ganz nüchtern betrachtet war das Spiel doch ohnehin und von vornherein ein ungleiches sportliches Duell. Hier der Drittliga-Zweite, eine gute, homogene Truppe mit einigen exzellenten Fußballern, von denen der eine oder andere sicherlich deutlich über dem Liga-Durchschnitt anzusiedeln ist. Dort der Champions-League-Teilnehmer und Bundesliga-Spitzenreiter mit Weltstars im Kader und auf dem Rasen, bei denen mitunter so viel Selbstverständlichkeit, so viel Geschwindigkeit, so viel Technik und Auge, so viel Mühelosigkeit im Spiel war, dass man fast glauben konnte, die Jungs von Trainer Peter Bosz müssten sich diese Attribute nicht jedes Mal wieder hart erarbeiten. Was ich sagen will, ist: gegen dieses Borussia Dortmund kann man schon mal verlieren. Und durchaus auch mit 0:5. Eine Schande ist das nicht; man frage nur mal beim 1. FC Köln oder bei Borussia Mönchengladbach nach. Und die spielen sogar noch in derselben Liga. 

Was diesen Pokalabend besonders machte und was eben auch diesen Verein so besonders macht, war die Art und Weise, wie die Partie auf den Rängen angenommen und zelebriert wurde. Wie die Mannschaft gefeiert wurde, auch deutlich nach dem Abpfiff noch, trotz der Packung, die es dann doch gegeben hatte. Wie beim Einklatschen vor der Kurve auch auf der Haupt- und Gegengerade 15 Minuten oder so nach Spielende noch verhältnismäßig viele Menschen die Arme nach oben nahmen und gemeinsam mit der Block-U-Hintertortribüne und der Mannschaft ein donnerndes „Fußballclub Magdeburg!“ in den Nachthimmel schickten. Wie der Stadionsprecher auf dem Rasen vor dem Spiel im weißen Bademantel die Startaufstellungen verlas. Es sind halt die kleinen Dinge. Wie das gesamte Stadion (!), mit Ausnahme des ebenfalls ziemlich gut aufgelegten Gästeblocks, fast vollständig in Weiß getaucht war. Weil die aktive Fanszene dazu aufgerufen hatte. Das ganze Stadion, wohl gemerkt, und nicht nur die Ecke, in der die lauten Jungs und Mädels mit den Trommeln, den Fahnen und den Bengalos rumhängen. Wo, bitte, gibt es das ein zweites Mal?

Apropos Bengalos: Klar, natürlich kann man finden, dass die Choreo „zwar schick, aber auch nicht unbedingt etwas Neues war.“ (Oliver Leiste auf MDR.de) Das ist Geschmackssache und eine individuelle Wahrnehmungsfrage, über die sich nicht streiten lässt. Ich für meinen Teil habe mir, das silberne Fähnchen in der Hand, irgendwann zwischendurch mal vorzustellen versucht, wie lange es gedauert haben muss, die ganzen Dinger herzustellen, in dem Wissen, dass sie einmal in der Arena wehen und danach entsorgt werden. Und mit dem Gedanken war ich nicht allein. Überhaupt: mit welcher Akribie so eine Choreographie vorbereitet werden muss, mit welch‘ hohem Organisationsgrad das dann durchgezogen wird, nur, um ein paar Minuten ein schickes Bild auf eine ganze Tribüne zu zaubern. Da muss man mehr als nur den Hut vor ziehen, völlig unabhängig davon, ob die ganze Geschichte dann „viral geht“ oder nicht. Who cares?

Was diesen Pokalabend besonders machte, war auch schon die Stimmung vor dem Spiel. Dieses Gefühl, in der Dunkelheit auf das Stadion zuzulaufen, dass sich Kirchen-ähnlich vor einem erhob. Rundrum pechschwarze Nacht (Wer kam eigentlich auf die glorreiche Idee, die Bereiche zwischen Straße und Stadionvorplatz so überhaupt gar nicht zu beleuchten? Welch ein großer Spaß bei feuchtem Wetter und matschigem Untergrund.) und dann dieser beleuchtete, objektiv eigentlich nicht sonderlich hübsche Kasten, der ja aber doch unser Wohnzimmer ist. Wie eine Prozession bewegten sich die Massen (23.102 Zuschauer waren es am Ende) auf das Licht zu, uniform in Weiß, hier und da mit einigen schal-bedingten blauen Farbtupfern. Es gab da so ein unausgesprochenes Gefühl der Zugehörigkeit, das man nicht erklären, sondern nur erleben kann. Das Gefühl auch, das etwas Besonderes in der Luft liegt und das Sportliche dabei vielleicht gar nicht der Hauptaspekt der Veranstaltung ist.

42 wirklich ordentliche Minuten brachte der 1. FC Magdeburg vor seinen Fans schließlich auf den Rasen, in denen es selbstverständlich schon nach 3 Minuten 0:1 stehen kann, in denen Dennis Erdmann (18.) und Philip Türpitz (23.) mit ein wenig Glück allerdings auch die blau-weiße Führung hätten erzielen können. Vielleicht ganz gut, dass das nicht passiert ist – wer weiß, ob sich nach dem dann unvermeidbaren Stadionabriss durch Übereskalation so schnell eine Ausweichspielstätte für die nächste Heimpartie gefunden hätte. Dann der erste Gegentreffer kurz vor der Pause, das 0:2 unmittelbar nach Wiederanpfiff und die Erkenntnis, dass die Überraschung heute ausbleiben würde. Ein kurzer Stimmungsdip und weiter ging die Fahrt, über „In Europa kennt Euch keine Sau!“ in Richtung Gästeblock und „Die Nummer Eins der Welt sind wir!“ zu „Berlin, Berlin, wir scheißen auf Berlin!“ und „Für Gelsenkirchen seid Ihr ganz schön laut!“, als die Dortmunder Kurve irgendwann weit nach dem 0:3 von der Nordtribüne aus mal etwas deutlicher zu hören war.

Es war ein Bonusspiel, eine Bonusrunde und als solche wurde sie dann eben auch zelebriert – was geht und völlig okay ist, weil sich die Mannschaft und die Kurve genau dieses (gemeinsame) Erlebnis schlicht und ergreifend erarbeitet und verdient haben. Man muss die Feste eben feiern, wie sie fallen und genau das haben wir getan. Weil wir es können. Weil es sich so gehört. Und weil wir nun mal die Größten der Welt sind. Ab hier nun volle Konzentration auf die Liga, lasst den Hype-Train weiterziehen, Dortmund von mir aus alle Titel holen und im Berliner Olympiastadion im Mai gern das nächste deutsche Pop-Sternchen zur Halbzeitshow auflaufen. Mir alles egal. Ich brauch‘ das alles nicht. Zu sagen bleibt nur noch zweierlei:

„FCM, wir danken Dir!“ und: Alle nach Karlsruhe!

 

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