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Aus der Traum?

36. Spieltag

1. FC Magdeburg – FSV Frankfurt, 36. Spieltag, 1:1 (0:0)

Machen wir uns nichts vor: Wenn Du drei Spieltage vor Saisonende noch absolut realistische Chancen auf den direkten Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga hast, ist ein 1:1 zuhause gegen den bereis als Absteiger feststehenden Tabellenletzten natürlich zu wenig. Wenn das Spiel noch dazu so läuft, dass man über den einen Punkt am Ende sogar noch froh sein kann, weil eben jener bereits als Absteiger feststehende Tabellenletzte im gesamten Spiel die besseren Chancen hatte und es lediglich dem Unvermögen der Gäste zu verdanken war, die Partie nach der Führung durch Christian Beck nicht auch noch zu drehen, wird aus einem “zu wenig” ein “viel, viel zu wenig”. Fakt ist: Der 1. FC Magdeburg ist im Moment (sieht man von Großaspach mal ab) einfach nicht in der Lage, Begegnungen für sich zu entscheiden und wird wohl nach dem Unentschieden gegen den FSV Frankfurt in den verbleibenden zwei Begegnungen, wenn Holstein Kiel jetzt nicht völlig einbricht, lediglich noch um den Relegationsplatz 3 kämpfen können. Das ist per se natürlich alles andere als schlecht, angesichts der hervorragenden Ausgangsposition, die man lange Zeit hatte, aber natürlich trotzdem sehr, sehr ärgerlich. 

Für die vorletzte Heimpartie der Punkterunde entschied sich Jens Härtel für ein 4-2-3-1 mit Leopold Zingerle im Tor, Nico Hammann, Felix Schiller (spielte erstmals seit dem 28.01. wieder von Beginn an), Christopher Handke und Nils Butzen in der Viererkette, davor Charles Elie Laprevotte und Marius Sowislo (gab vor dem Spiel seine Vertragsverlängerung um ein Jahr bekannt) im zentralen Mittelfeld sowie Michel Niemeyer auf der linken und Piotr Cwielong auf der rechten Außenbahn. Julius Düker begann hinter Christian Beck im Sturmzentrum zentral in der Offensive.

Wie man es bei der Aufstellung und der Tabellenkonstellation erwarten konnte, übernahm der Club direkt die Kontrolle und versuchte, mit einem geordneten Spielaufbau aus einer stabilen Abwehr heraus zu Möglichkeiten zu kommen. Was man nicht unbedingt erwarten konnte, waren etliche, zum Teil haarsträubende Unkonzentriertheiten im Passspiel, die wahlweise ganz gute Angriffsbemühungen spätestens in Strafraumnähe zunichte machten oder den Gegner, der spielaufbautechnisch zunächst gar nichts anbot, immer wieder in die Partie holten. Den ersten, guten Abschluss verzeichneten trotzdem die Größten der Welt: Julius Dükers Flachschuss von der Strafraumkante (8. Minute) ging allerdings knapp rechts am Tor vorbei.

Nach 11 Minuten zeigten erstmals auch die Spieler des FSV, dass sie ordentlichen kicken können; mit einer schönen Kombination spielte man sich bis in den Magdeburger Strafraum, wo es schließlich Felix Schiller ist, der gewohnt resolut klären kann. Bis dahin war von den Frankfurtern offensiv nichts zu sehen; der FCM spielte geduldig, aber nicht zwingend genug, während die Gäste auf Fehler lauerten und dann versuchten, in gute Kontersituationen zu gelangen. Ein Rezept, dass in Spielminute 20 fast zum 0:1 geführt hätte: Marius Sowislo verliert den Ball im Mittelfeld und in der Vorwärtsbewegung, Frankfurt kommt ins Laufen, spielt scharf in die Mitte und auf Yannick Stark, der mit dem Ball glücklicherweise nicht so recht etwas anzufangen weiß und ihn sich folgerichtig vom Fuß stibitzen lässt, bevor er frei zum Schuss kommen kann. Glück für den FCM, viel fehlte da nicht.

Für die Gäste war das jetzt offenbar so ein kleiner Muntermacher. In der Folge trauten sich die Bornheimer jedenfalls auch spielerisch ein wenig mehr zu, ohne aber (sieht man von 2 Freistößen in aussichtsreicher Position einmal ab) wirklich gefährlich zu werden. Und der FCM? Der kam in der gesamten ersten Hälfte nach dem Schuss von Düker nach 8 Minuten tatsächlich kein einziges weiteres Mal zu einer 100%igen Torgelegenheit. Stattdessen machte man den Gegner stark: ein langer Ball des FSV veranlasst Keeper Zingerle in Minute 29 vor der eigenen Kurve zu einem merkwürdigen Ausflug, der zwar zunächst unbestraft bleibt, aus dem aber im weiteren Verlauf eine gute Möglichkeit für die Gäste resultiert, denen der freie Schuss dann aber irgendwie vom Schlappen rutscht und der weit links vorbeigeht. Zwei Minuten später läuft Blau-Weiß erneut in einen Frankfurter Konter, der allerdings abermals eher kläglich zu Ende gespielt wird. Vor dem Halbzeitpfiff schließlich noch eine Frankfurter Doppelchance im Magdeburger Strafraum. Man muss es so klar sagen: eine Gastmannschaft mit mehr Qualität oder weniger Nebenkriegsschauplätzen macht aus den Situationen, die sich dem FSV Frankfurt in Hälfte 1 boten, schon auch mal ein bis zwei Buden. So aber ging es torlos in die Halbzeitpause.

Kurz nach Wiederanpfiff dann eine Szene, die für die Partie fast schon Symbolcharakter hatte. Frankfurt hat den Ball auf der linken Seite, Nils Butzen und Christopher Handke versuchen sich gemeinschaftlich an einem Klärungsversuch – und rennen sich dabei im Endeffekt gegenseitig über den Haufen, ohne aber an den Ball zu kommen. Es blieb, zumindest aus blau-weißer Perspektive, ein Spiel der Missverständnisse. So auch nach 50 Minuten, als der starke Julius Düker, der offensiv immer wieder gut Bälle sicherte und verteilte, Michel Niemeyer auf der linken Seite anspielt und zum Doppelpass in Richtung Strafraum durchstartet. Der Pass kommt dann auch – aber in Dükers Rücken, damit ins Nichts und letztlich zum FSV Frankfurt, der sich artig bedankt, die Situation dann als höflicher Gast aber nicht weiter ausnutzt.

Und während der FSV im weiteren Verlauf Qualitäten an den Tag legte, die man sonst eigentlich vom FCM gewohnt ist (Bälle jagen, vorn in die Schnittstellen spielen und versuchen, hinter die Abwehr zu kommen), packt der Club dann doch mal eben die ganz feine Klinge aus und erzielt tatsächlich das viel umjubelte 1:0. Diesmal ist es der FSV, der nach 59 Minuten in der Vorwärtsbewegung den Ball verliert und Julius Düker vor die Füße fallen lässt. Der marschiert, nur halbherzig attackiert, durchs gesamte Mittelfeld, hat mit Christian Beck rechts und Piotr Cwielong links zwei Optionen, entscheidet sich für erstere und spielt einen Traumpass auf unseren Top-Torjäger, der dann wenig Mühe hat, Sören Pirson im Tor der Frankfurter mit einem flachen Schuss in die linke Ecke zu überwinden. Schöner Treffer, klar, aber was für eine Vorarbeit insgesamt von Julius Düker! Dafür müsste es eigentlich gleich zwei Scorerpunkte geben.

Das Tor fühlte sich natürlich an wie eine riesige Erlösung, durfte man doch (zumindest in der Theorie) davon ausgehen, dass beim FSV nun die Köpfe hängen würden und es für den Club entsprechend einfacher werden müsste. Tatsächlich versuchte Blau-Weiß auch, vor 17.129 Zuschauern den Deckel drauf zu machen, brachte sich aber in seiner vielleicht besten Phase und nach 63 Minuten vollkommen ohne Not selbst wieder aus dem Tritt. Es ist Charles Elie Laprevotte, bis dahin unauffällig solide, der dem FSV Frankfurt den Ausgleich auf dem Silbertablett serviert. Ein absolut harmloser Rückpass, wie er ihn in dieser Partie vorher schon gefühlte 20 Mal gespielt hatte, gerät viel zu kurz und landet statt bei Nico Hammann bei Fabian Graudenz. Der wiederum kann diese Gelegenheit nun nicht auch noch liegen lassen, tunnelt Felix Schiller und trifft überhaupt nicht unverdient zum 1:1-Ausgleich.

Es durfte einfach nicht wahr sein: Da müht sich der Club redlich (den Willen konnte man der Mannschaft beileibe nicht absprechen), erzielt endlich irgendwann die Führung und kassiert keine fünf Minuten später direkt das Gegentor. Wie oft ist uns das jetzt in der Rückrunde passiert? Drei Mal? Vier? Irgendwann stellt sich dann halt schon die Frage, ob das wirklich nur Pech ist oder nicht vielleicht doch irgendwo auch etwas mit Qualität und mentaler Stärke zu tun hat…

Noch waren ja aber gute 30 Minuten zu spielen. Der FCM also weiter im Vorwärtsgang und nur 2 Minuten nach dem Gegentreffer mit einer Kopfballchance durch Christian Beck. Sein Abschluss geht dann aber weit links über das Tor. Derweil auf der anderen Seite der nächste kapitale Bock beim Versuch, den Ball flach aus der Abwehr zu passen. Diesmal ist es Nico Hammann, der aus 4, 5 Metern direkt in die Beine von Kader spielt; dessen Abschluss verhungert dann aber fast auf dem Weg zu Leopold Zingerle, der folgerichtig wenig Mühe hat, den Ball festzuhalten. Die letzte, richtig gute Möglichkeit im Spiel für den 1. FC Magdeburg hat nach 69 Minuten (!) bezeichnenderweise der Gegner: Michel Niemeyer bringt eine Flanke in den Strafraum, die von Frankfurts La´Vere Corbin Ong (der zusammen mit Bentley Baxter Bahn den vermutlich coolsten Namen im deutschen Profifußball hat) an den eigenen Pfosten geklärt wird.

Und ja, tatsächlich war das die letzte richtige Torgelegenheit für die Gastgeber im gesamten Spiel. Gegen den Tabellenletzten. Im Aufstiegskampf. Zuhause. Selbst, wenn man es aufschreibt und ja sogar live dabei war, ist das irgendwie kaum vorstellbar.

Nach 70 Minuten gab es schließlich den ersten von drei Wechseln auf Magdeburger Seite. Tobias Schwede kam für Christopher Handke in die Partie und übernahm die linke Außenbahn von Michel Niemeyer, der wiederum auf die Linksverteidigerposition rotierte, während Nico Hammann für Handke in die Innenverteidigung ging. Am Spielverlauf änderte sich aber erst einmal nicht so furchtbar viel: der FCM weiter stets bemüht, der FSV weiter auf Konter aus, was bei den Ungenauigkeiten im Magdeburger Passspiel ja auch eine durchaus Erfolg versprechende Strategie darstellte. So hätte es im weiteren Verlauf gleich noch mehrere Male klingeln können, allerdings verhinderten Frankfurter Unvermögen und Leopold Zingerle gemeinschaftlich mehrfach den Rückstand (74., 78., 82., die Liste ließe sich fortsetzen).

Was in der Schlussphase besonders erstaunlich war: die verhältnismäßig langen Zeiträume, in denen der FSV Frankfurt als abgeschlagener Tabellenletzter in aller Seelenruhe Fußball spielen konnte, während es dem 1. FC Magdeburg nicht einmal gelang, für wie auch immer geartete Offensivaktionen entscheidend in Ballbesitz zu kommen. Auch die weiteren Wechsel (Chahed für Niemeyer, 77., Razeek für Cwielong, 80.) fruchteten im Prinzip nicht, reichlich hektisch wurde es ganz am Ende aber trotzdem noch mal – zunächst durch hastige Versuche des Clubs, irgendwie noch mal zum Abschluss zu kommen, in der 90. Minute dann durch eine Ecke, in deren Folge einem Frankfurter Spieler wohl der Ball an die Hand springt, der Elfmeterpfiff trotz großer Proteste der Magdeburger Spieler aber ausbleibt. Wäre aber auch zu schön gewesen und irgendwie kann ich mir sehr lebhaft vorstellen, was mit dem Strafstoß, hätte die Mannschaft ihn zugesprochen bekommen, vermutlich passiert wäre…

Sei es drum. Unter dem Strich bleibt ein Unentschieden, das sich eher wie eine Niederlage anfühlt und nach dem sich doch einiges an Ernüchterung breit macht. Dabei ist es nicht mal (nur) das Ergebnis an sich, sondern vor allem die Art und Weise, wie es zustande kam, die im Moment und mit Blick auf die verbleibenden beiden Partien irgendwie nur so mäßig Hoffnung macht. Klar, wir stehen immer noch auf Platz 3 und ja, natürlich haben wir es nach wie vor selbst in der Hand, aus einer sehr, sehr guten Saison eine herausragende zu machen, allerdings kann man so wie gegen den FSV Frankfurt als Aufstiegskandidat zuhause eigentlich nicht auftreten. Aber hey: vielleicht gehören auch solche Erfahrungen als Mannschaft zu einem kollektiven Lernprozess – und wo der uns noch hinführt, wissen wir dann spätestens am 30.05.. Jetzt gibt es erst einmal noch 6 Punkte zu holen und dann sehen wir weiter. In diesem Sinne: Noch ist Magdeburg nicht verloren…. alle nach Aalen!

Die Pressekonferenz zum Spiel (via YouTube)
Die Sportschau-Zusammenfassung zum Spiel (via YouTube)

3 Kommentare

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