VfR Aalen – 1. FC Magdeburg, 37. Spieltag, 2:2 (1:1)
Nach dem Heimspiel gegen Großaspach war die Saison vorbei und wir haben es nur alle nicht gemerkt. So jedenfalls fühlt es sich momentan an nach dem 3. Unentschieden in Folge, das den 1. FC Magdeburg den dritten Rang kostete und, nimmt man die letzten Leistungen als Grundlage, wenig Hoffnungen lässt auf einen möglichen Zweitligaaufstieg über den Umweg der Relegation. Irgend etwas muss passiert sein nach diesem Spiel gegen Großaspach, was die Mannschaft dazu veranlasst hat, vor allem die simplen, kleinen Dinge nicht mehr verlässlich auf den Rasen zu bringen. Gefährliche Standards. Pässe aus der Abwehr zum Verbindungsspieler im Mittelfeld. Präzise Zuspiele im letzten Drittel. Lange Diagonalbälle, die auch ankommen. Irgendwas überraschendes in den letzten Spielminuten, das den Gegner mal auf dem falschen Fuß erwischt. Die Liste ließe sich fortsetzen. In Aalen jedenfalls sah man eine Mannschaft, die über weite Strecken Fußball spielte, weil man sie ließ und eine, die 20 Minuten in der ersten und ungefähr 25 in der zweiten Hälfte die Kontrolle hatte und insgesamt aber (erneut) zu wenig Torgefahr ausstrahlte, um mit Macht den Relegationsplatz zu zementieren.
Bei sommerlichen Temperaturen und sonnenbrandförderlichstem Wetter schickte Jens Härtel sein Team erneut personell und taktisch leicht verändert in folgender Formation aufs Feld: Vor Leopold Zingerle im Tor verteidigten Nico Hammann, Startelf-Rückkehrer Richard Weil und Felix Schiller in der Dreierkette, zentral davor liefen Niklas Brandt und Jan Löhmannsröben auf. Die linke Seite sollte eigentlich Michel Niemeyer von Beginn an beackern; weil der sich beim Aufwärmen aber verletzte, rückte Tobias Schwede an seiner Stelle in die Anfangsformation. Zentral hinter den Spitzen agierte Kapitän Marius Sowislo, rechts Nils Butzen. Im Sturmzentrum begannen Christian Beck und Julius Düker. Vier Veränderungen also in der Startelf gegenüber der Heimpartie gegen Frankfurt, von denen drei (Cwielong, Laprevotte, Niemeyer) ausfallbedingt und eine (Handke) wohl taktisch zustande kamen.
Die Mannschaft ließ sich davon allerdings zunächst überhaupt nicht verunsichern, sieht man von einem kleinen Abstimmungsproblem zwischen Richard Weil und Leopold Zingerle in der 3. Minute mal ab, in dessen Folge Zingerle den Ball vor einem spekulierenden Aalener Spieler gerade noch ins Aus klären kann. 9 Minuten dauerte es, bis der Club erstmals vielversprechend zum Abschluss kommt: Eingeleitet durch ein schönes Dribbling von Tobias Schwede vor dem Strafraum gelangt der Ball über die Stationen Beck, Brandt, erneut Schwede und nochmal Beck zu Julius Düker auf der linken Seite, der nicht lange fackelt, seine Direktabnahme dann aber ein Stück zu weit links platziert. Nur eine Minute später dann bereits das 1:0 für die Größten der Welt: Aalens Robert Müller leistet sich einen veritablen Blackout und legt mit einem viel zu kurzen Rückpass auf seinen Torwart perfekt für Christian Beck auf, der die Situation ahnt, den Ball problemlos erlaufen kann und überlegt links einnetzt. Wer hätte das gedacht? Ein frühes Tor in Aalen, viel Ballbesitz und Spielkontrolle in der Anfangsphase – viel besser kann es im letzten Auswärtsspiel der regulären Saison bei einem durchaus starken Gegner eigentlich kaum laufen.
Anders als noch zuletzt brachte das Tor dem Club Ruhe und Selbstvertrauen und spielte man seinen Stiefel einfach konsequent weiter. Von Aalen war in den ersten 20 Minuten nicht allzu viel zu sehen, wenngleich sich die technische Beschlagenheit der Spieler von Trainer Vollmann hier und da bereits andeutete, die FCM-Defensive die Angriffsbemühungen der Hausherren aber überwiegend im Griff hatte. Nach 17 Minuten fasst sich Abwehr-Hühne Felix Schiller mal ein Herz, marschiert durchs Mittelfeld und bringt den Ball zentral auf Christian Beck, dessen Schuss allerdings zur Ecke abgewehrt wird. Im zweiten Versuch (der erste brachte eine weitere Ecke) kommt der Ball auf den ersten Pfosten, von wo aus er in die Mitte verlängert wird und in Richtung Felix Schiller segelt. Der wird eher rustikal daran gehindert, den Ball überhaupt zu erreichen; für einen Elfmeterpfiff reichte der Zweikampf allerdings wohl nicht. Und auch wenn man hier nicht zum Abschluss kam, sah das doch recht gut aus, was der 1. FC Magdeburg bis zu diesem Zeitpunkt auf den Rasen brachte.
Aalens Spielaufbaumittel der Wahl war bis dahin vor allem der lange Ball auf die in der Spitze und auf den Flügeln lauernden Matthias Morys, Gerrit Wegkamp, Rico Preißinger und Sebastian Vasiliadis, ansonsten fiel den Gastgebern zunächst nicht allzu viel Konstruktives ein. Das änderte sich nach guten 22, 23 Minuten, weil sich der Club nun weiter zurückzog und den spielstarken Aalenern zunehmend das Feld überließ. Was prinzipiell und bei eigener Führung natürlich kein Problem ist, solange man dann den defensiven Zugriff behält und Umschaltmomente schafft, die im Gegenzug zu Kontergelegenheiten und Torabschlüssen führen. Das allerdings gelang eher den Gastgebern: War der starke Morys in Minute 26 nach Anspiel von Preißinger zunächst noch im Abseits und hatte der FCM nach 29 Minuten und einer kleinen Wrestlingeinlage von Felix Schiller im Strafraum noch Glück, keinen Elfmeterpfiff gegen sich zu bekommen, steht es nach 30 Minuten nicht ganz unverdient 1:1. Marius Sowislo spielt im Mittelfeld einen eigentlich einfachen Pass viel zu ungenau auf Nils Butzen, Aalen geht dazwischen und mit 3 Pässen (der letzte davon überragend auf den rechten Flügel) landet der Ball bei Matthias Morys. Der ist aus vollem Lauf viel zu schnell für Nico Hammann und zirkelt das Leder am machtlosen Leopold Zingerle vorbei ins Netz. Ausgleich also, große Freude natürlich im Heimbereich und latente Eskalation beim Stadionsprecher, der den Spieltag bis dahin angenehm dezent moderiert hatte, nun den neuen Spielstand aber in an Körperverletzung grenzender Lautstärke ins Mikrofon kreischte. Braucht niemand, in Aalen vielleicht ja aber doch. Geschenkt.
Der VfR nun oben auf und im weiteren Verlauf mit gepflegtem Kurzpassspiel, das die Gastgeber immer wieder in vielversprechende Positionen im Magdeburger Strafraum brachte. Trotzdem klingelte es nur wenige Minuten nach dem 1:1 fast wieder auf der anderen Seite; ein satter Fernschuss von Niklas Brandt mit „Tor-des-Monats“-Potential drehte sich dann aber doch knapp links am Aalener Gehäuse vorbei. Abgesehen davon hatte der Club nach dem Gegentor zum Teil erhebliche Schwierigkeiten, den Ball aus der Abwehr zu bekommen bzw., war das gelungen, einen ordentlichen Spielaufbau zu organisieren. Positiv war lediglich, dass Aalen daraus bis zum Halbzeitpfiff kein Kapital zu schlagen wusste. Nach 44 Minuten musste Zingerle noch einmal eingreifen und einen Aalener Kopfball nach einer Ecke über die Latte klären, dann war erst einmal Pause in der mit 6.728 Zuschauern ganz okay gefüllten Scholz-Arena.
Der zweite Durchgang begann ohne Wechsel, dafür aber mit einer schicken Choreo auf den Stehplätzen im Gästebereich: es gab Konfetti, die eine oder andere Fackel und ordentlich blauen Rauch, was nicht nur für spektakuläre Bilder, sondern auch eine gut zweiminütige Spielunterbrechung sorgte.
Kaum war der Rauch verzogen, sah man eine Magdeburger Mannschaft, die nun versuchte, Druck aufzubauen und die tatsächlich auch zu der einen oder anderen guten Strafraumszene kam, ohne allerdings Aalens Keeper Bernhardt in Verlegenheit bringen zu können. Nach 61 Minuten gab es Gelb für Matthias Morys für einen eher harmlosen Rempler gegen Nico Hammann auf der rechten Außenbahn; allerdings hatten sich beide das ganze Spiel über bereits intensiv, an der Grenze des Erlaubten und meist mit dem besseren Ende für den Aalener bearbeitet, sodass nun vermutlich einfach mal eine Verwarnung fällig wurde. Knapp 10 Minuten später war für Morys dann Schluss, für ihn kam Steffen Kienle in die Partie. Auch beim FCM war gewechselt worden: Tarek Chahed hatte nach 66 Minuten Julius Düker ersetzt.
Mit der Einwechslung von Kienle wurde aus einer unterhaltsamen dann eine einigermaßen verrückte zweite Drittliga-Hälfte: 72 Minuten sind gespielt, als es für Aalen Freistoß aus dem rechten Halbfeld gibt. Der Ball geht in Richtung linker Pfosten, wird lang und länger, Felix Schiller und Jan Löhmannsröben behindern sich gegenseitig und machen so den Weg für Kienle frei: Keine Minute auf dem Platz, kann er ungestört zum 2:1 für seine Farben einköpfen. Es war mal wieder nicht zu fassen (hier gern die Ernüchterung nach dem Ausgleich des FSV Frankfurt im letzten Spiel einfügen), passt aber irgendwie zur derzeitigen Verfassung der Mannschaft. Von „frühes Tor und gute Ausgangsposition“ über „ärgerlicher Abspielfehler und blödes Gegentor“ zu „Rückstand beim bis dato fünftbesten Heimteam der Liga“ in nur einer Stunde.
Aber: Der FCM zeigte Moral. Ging auch gar nicht anders, schließlich lag Regensburg parallel zuhause gegen Chemnitz bereits in Führung und musste unbedingt ein Sieg her, wollte man den 3. Platz nicht aus der Hand geben. Direkt nach dem 2:1 kommt der Ball also über Schwede zu Beck, dessen Abschluss aus 16 Metern zur Ecke abgewehrt wird, die wiederum auf den ersten Pfosten geht, von wo aus der Ball schließlich bei Niklas Brandt im Rückraum landet. Statt es aber einfach aus 16 Metern mal zu probieren, schiebt Brandt den Ball in Richtung Elfmeterpunkt – wo außer Aalener Spielern aber niemand steht und die gute Gelegenheit damit liegen bleibt. Nach 77 Minuten dann ein weiterer Wechsel: Für Richard Weil war Schluss, Ahmed Waseem Razeek betrat den Rasen und trabte gemächlich in Richtung Strafraum, während sich auf der rechten Seite Jan Löhmannsröben zum Einwurf bereit machte. Der landet über Umwege schließlich bei Nico Hammann, dessen hoher Ball eigentlich Christian Beck sucht, in letzter Instanz aber eben Razeek findet. Der war nämlich, während Beck unter dem Ball durchspringt und Bernhardt und Schulz nicht so richtig einig werden, wer nun hingehen soll, einfach durchgelaufen und erzielt mit seinem ersten Ballkontakt direkt den 2:2-Ausgleich.
Sollte es hier doch noch einmal Hoffnung geben? Der Club versuchte jedenfalls in der Schlussphase viel, den dritten Treffer irgendwie zu erzwingen, blieb dabei aber für die Aalener Defensive mit langen, hohen Bällen zu ausrechenbar. Auf der Gegenseite gab es nach 84 Minuten noch einmal eine Freistoßgelegenheit nebst Kopfballabschluss, richtig hochkarätige Torchancen blieben aber letztlich auch mit 5 Minuten Nachspielzeit Mangelware. Und während der Blick in den Schlussminuten immer irgendwie zwischen der Blitztabelle bzw. den Zwischenständen auf dem Handy und dem Geschehen auf dem Rasen hin und her wanderte, beendete Schiedsrichter Badstübner schließlich die Begegnung. Platz 3 war verspielt, Regensburg vorbeigezogen. Ach, Club.
Was soll man nach so einer Partie unter dem Strich noch groß sagen? Auch wenn natürlich jetzt die üblichen Phrasen und Mutmacher von „es ist noch nichts verloren“ über „noch sind drei Punkte zu vergeben“ bis hin zu „Regensburg hat in Münster auch noch nicht gewonnen“ gedroschen werden, fehlt mir persönlich irgendwie so ein bisschen die Phantasie, dass die Mannschaft jetzt im letzten Spiel gegen Lotte vor ausverkauftem Haus und erwartungsschwangerem Publikum befreit aufspielt, das Ding souverän nach Hause holt und dann in 2 Relegationsspielen gegen irgendeinen Zweitligisten den Aufstieg klar macht. Kann alles passieren, klar, und man hat ja gerade auch als Clubfans schon alles mögliche erlebt, aber auf der anderen Seite sprechen eben auch 13 von 30 möglichen Punkten aus den letzten 10 Partien eine ziemlich deutliche Sprache.
Eins bleibt auf jeden Fall zu wünschen. Egal, was am kommenden Wochenende im Heinz-Krügel-Stadion passiert und egal, wie die letzten Partien gelaufen sind: Diese Mannschaft hat für diese Saison im letzten Punktspiel vor heimischem Publikum noch mal den größtmöglichen Support verdient, den jeder und jede am 20.05. raushauen kann. Und auch wenn es dann am Ende möglicherweise nicht reicht: Wir auf den Rängen sollten uns jedenfalls nicht vorwerfen lassen, nicht auch noch einmal alles probiert zu haben.
Hier geht es zum Bericht der Sportschau (via YouTube).
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