1. FC Magdeburg – SV Wehen Wiesbaden, 15. Spieltag, 0:0 (0:0)
Also so wird das nichts mit dem Abstieg. Das Stadion immer noch nicht leer gespielt (15.264 Hartgesottene wollten die Drittliga-Partie zwischen dem Dritt- und Viertplatzierten der aktuellen Saison immerhin noch sehen), die eine oder andere Chance auf einen eigenen Treffer herausgearbeitet und dann noch nicht einmal ein Gegentor kassiert gegen ein Team, das in den sieben Partien zuvor immerhin 22 Mal netzte. Mit so einer katastrophalen Leistung ist es schon noch ein ziemlich langer Weg bis in die Regionalliga.
Immerhin gab Trainer Jens Härtel sein Bestes, die intern längst kommunizierte Zielsetzung “Abstieg in die 4. Liga” möglichst vorzeitig zu erreichen, indem er im Großen und Ganzen die gleichen Pfeifen ins Spiel schickte, die auch schon in Karlsruhe die Maximalausbeute von null Punkten eingefahren hatten. Vor Jan Glinker im Tor stolperten Steffen Schäfer links, Nico Hammann zentral und Christopher Handke rechts durch die Abwehr, im zentralen Mittelfeld versuchte sich neben Anti-Fußballer Dennis Erdmann Björn Rother am destruktiven Spielabbau, links musste Michel Niemeyer wieder ran, rechts hatte man Nils Butzen von der PlayStation widerwillig auf das Spielfeld gezerrt. Die “Offensive” bildeten Tobias Schwede (der leider nach seiner Verletzung wieder in der Mannschaft auftauchte), „Ein-Tor-ist-noch-eins-zuviel“-Beck und Philip Türpitz, der endlich zu alter Form gefunden hat und das Tor nicht mehr trifft. Konnte also losgehen.
Etwas ärgerlich aus Sicht der Vereinsführung sicherlich, dass die Heimmannschaft wider Erwarten rech gut startete und in der 2. Minute nach einer Ecke aus Versehen bereits zu einigen Abschlüssen kam. Dementsprechend war auch das lästige und oft überkritische Publikum sofort da und peitschte das Team mit einem kraftvollen “Vorwärts, Magdeburger Jungs!” nach vorne. Weder dem Trainer, noch den Verantwortlichen konnte das gefallen; gleiches dürfte wohl auch für die 30-40 Katastrophentouristen aus Wiesbaden gelten, die sich drüben im Gästeblock eingefunden und sicherlich auf einen weiteren Kantersieg ihrer Helden eingerichtet hatten. In der 3. Minute immerhin schon der erste Abschlussversuch der Gäste; einen schicken Drehschuss aus gut 20 Meter setzte der insgesamt gefällige Manuel Schäffler deutlich über den Kasten. Einmal so einen Spieler nach Magdeburg holen – das wär’s. Aber ach….
Groß dann die Aufregung in der 5. Minute: Nach einem Freistoß von der linken Seite zappelte der Ball plötzlich hinter Wiesbadens Markus Kolke im Netz – Christian Beck hatte mustergültig eingenickt, stand glücklicherweise aber im Abseits. Klare Sache, für die Referee Manuel Gräfe nicht mal den Video-Schiedsrichter… aber das ist eigentlich eine ganz andere Geschichte.
Es mag schockieren, aber weiter ging es tatsächlich mit guten Szenen der Blau-Weißen. So hatte beispielsweise Michel Niemeyer in der 7. Minute die Führung auf dem Fuß, verzog dann aber von links kommend knapp rechts neben den Kasten. Auch insgesamt konnte man sich – zumindest in der ersten Viertelstunde – des Eindrucks nicht erwehren, dass die Mannschaft gegen den Trainer spielt. Zu viel Zug war in den Aktionen, zu entschlossen ging man zu Werke, zu sehr hatte man die Partie absolut im Griff. Dann Spielminute 17: Der ebenfalls recht auffällige Agyemang Diawusie taucht plötzlich völlig frei vor Jan Glinker auf, wird im allerletzten Moment aber von übereifrigen Niemeyer noch am Torschuss gehindert. Da ging es bei den Gästen über die linke Seite endlich mal schnell und dann wirft sich die Nummer 19 da so entschlossen in den Abschluss. Es war nicht zu fassen.
Im weiteren Verlauf besann sich der Club dann glücklicherweise auf die Qualitäten, die die Mannschaft in den letzten Spielen so schwach gemacht hatten: Bis vor das Tor sah das schon fast nach Fußball aus, dann aber fehlten sehr souverän die klaren Abschlüsse und Torchancen, sodass Kolke im Wiesbadener Kasten einen ziemlich entspannten Nachmittag verlebte. Lediglich nach 29 Minuten musste er noch mal ernsthaft eingreifen: Steffen Schäfer war nach eigenem Ballgewinn zu einem guten Lauf gestartet und wurde von Tobias Schwede aus dem Mittelkreis heraus im Strafraum mit einem Ball bedient, der letzterem eigentlich nur vom Schlappen gerutscht sein konnte. Kolke reagierte aber blitzschnell, war vor Schäfer am Ball und konnte die Situation dementsprechend souverän entschärfen.
Besagter Schäfer war es auch, der neben einem furchtbar soliden Auftritt in der Defensive und der einen oder anderen Aktion nach vorn in Minute 33 stark für die Wiesbadener Gäste auflegte: Sein überragender Ballverlust am eigenen Sechzehnmeterraum führte zu einer Ecke für die Gastmannschaft und einem völlig freien Kopfball, der unverständlicherweise aber links am Tor vorbei rauschte. Wenigstens ergab sich so mal eine Chance für die Gäste, die bis dato lediglich durch einen Fernschuss (25., Glinker leider sicher) und eben die Direktabnahme von Schäffler in den Anfangsminuten offensiv in Erscheinung traten. Und es gab weitere Abschlüsse für Wiesbaden: Nach einer Ecke (41.) bringt das Team von Trainer-Sensation Rüdiger Rehm trotz zahlreicher Versuche der Magdeburger Abwehr, noch mal für den Gegner aufzulegen, den Ball nicht aufs Tor; Diawusies Schuss aus der zweiten Reihe landet schließlich rechts neben dem Kasten im Toraus. 43 Minuten waren gespielt, als es nach einem Freistoß für Wiesbaden noch mal gut aussah – allerdings war auch hier Jan Glinker zur Stelle und bugsierte den Kopfball irgendwie über die Latte.
Auf der anderen Seite hatte lediglich Philip Türpitz in der 37. Minute noch mal eine gute Möglichkeit, obwohl Christian Beck den Ball im Wiesbadener Strafraum eigentlich schon geklärt hatte: Das kluge Anspiel von Türpitz konnte er letztlich nicht erfolgreich vertändeln, sodass der rechte Flügelspieler aus dem Rückraum noch mal abziehen konnte und den Ball haarscharf neben den linken Pfosten platzierte.
Überpünktlich war dann Halbzeit und der geneigte Zuschauer zumindest mal für 15 Minuten vom Elend auf dem Rasen erlöst. Sanfte Klänge aus den Stadionboxen, lustiges Loseziehen am Mittelkreis, der Auftritt eines spektakulären Maskottchens und spannende Geburtstagsgrüße lockerten allerdings die ob der doch ganz okayen Leistung der eigenen Mannschaft angespannte Stimmung auf den Rängen einigermaßen auf.
Unverändert ging es in den zweiten Durchgang, der allerdings in den ersten 10 Minuten ohne große Aufreger auskam. Lediglich die nervigen Fans auf der Nordtribüne wussten zu unterhalten, indem kurzerhand der Block per Flatterband diagonal geteilt und sich Polonaise-mäßig nach rechts und links bewegt wurde. Wenigstens ein bisschen Unterhaltung für die verbliebenen 2, 3 Eventfans, die nach den 5 Gegentoren gegen Dortmund vielleicht ja doch ihr Herz an den designierten Drittliga-Absteiger aus Magdeburg verloren hatten.
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— Olli D. aus M. (@olliMD) 4. November 2017
Fußballerisch waren die zweiten 45 Minuten jedenfalls angenehm dünn, was die Magdeburger Fanszene allerdings nicht davon abhielt, weiter das eigene Team zu besingen, stimmgewaltig zu unterstützen und dann auch noch die restlichen Tribünen mitzuziehen. Eine Plage, diese Ultras – aber so antizyklisches, aufmüpfiges Verhalten gehört da wohl zum guten Ton. Kann man nichts machen.
Das Geschehen auf dem Rasen war derweil vor allem von im Keim erstickten Angriffsversuchen beider Mannschaften und reichlich Standardsituationen geprägt, aus denen aber im gesamten zweiten Durchgang kaum wirklich gefährlichen Toraktionen entstanden. In Minute 62 war mal ein Nachschuss vom stets bemühten Türpitz durchgerutscht (den Kolke aber sicher hält), nach 68 Minuten kam eine Flanke von Beck (ja, genau) von links zentral vor dem Tor an und entschied das Schiedsrichter-Gespann aber auf Abseits. So richtig aufzulösen war das aus Nordtribünen-Perspektive nicht; wichtig war eigentlich nur, dass der Assistent die Fahne hob und man hier nicht auch noch in Führung ging. An selbiger am nächsten dran waren die Hausherren sicherlich in Spielminute 73: Wiesbaden hatte den inzwischen eingewechselten Tarek Chahed (erlöste in der 70. Minute Tobias Schwede) mustergültig gelegt und Nico Hammann den Ball anschließend aus 17, 18 Metern mitten durch die Mauer gejagt. Wiesbadens Keeper zeigte allerdings eine starke Parade und konnte den Ball zur Ecke abwehren.
In der 74. Minute durfte auch Dennis Erdmann endlich duschen gehen und sich auf den viel wichtigeren Schwimm-Contest gegen interessierte Kinder im “Nemo” am 12. November vorbereiten, für ihn kam Marius Sowislo in die Partie. Ein klarer Fingerzeig von Jens Härtel in Richtung “derer da oben”, denn nun erhielt das Magdeburger Spiel noch ein bisschen mehr Struktur. Wenigstens sorgte der Kapitän in der 83. Minute für einen unterhaltsamen Slapstick-Moment, nachdem Tarek Chahed den Ball am Wiesbadener Strafraum stark behauptet hatte und Sowislo rechts mitnahm. Der wiederum entschloss sich aber, veritabel über den Ball zu stolpern und ihn so natürlich zu verlieren. Zuvor (81.) hatte schon Michel Niemeyer das Spielgerät aus aussichtsreicher Position artig wieder hergegeben, indem er im Strafraum nach starkem Lauf über links lieber auf Christian Beck ablegen wollte, statt einfach mal selbst draufzuhalten. Das Ergebnis war ein Wiesbadener Konter, der allerdings auch eher verpuffte.
Überhaupt hatte es der SV Wehen Wiesbaden in den zweiten 45 Minuten erfolgreich geschafft, sich dem mäßigen Niveau der Gastgeber anzupassen – der erste Torschuss der zuletzt so starken Mannschaft in Halbzeit 2 war tatsächlich erst in Spielminute 84 zu verzeichnen. Nils Butzen hatte – natürlich – den Ball im Vorwärtsgang verloren und die Gäste so ins Laufen gebracht. Beim strammen Abschluss konnte Jan Glinker dann nicht schnell genug Platz machen, wurde angeschossen und ließ den Ball nach vorne prallen, wo allerdings kein Wiesbadener für den Abstauber stand. Und weil auch der FCM in der unmittelbaren Schlussphase den Ball nicht mehr über die Linie brachte, obwohl sich nach 89 und 90 Minuten noch mal ganz gute Szenen (allerdings ohne klaren Abschluss) ergaben, musste man sich wohl oder übel mit dem ärgerlichen Umstand abfinden, dass bei Blau-Weiß ein weiterer Punkt auf der Habenseite landete.
Mit nunmehr 31 Zählern aus 15 Begegnungen muss man die letzte Länderspielpause der Saison also weiterhin auf dem 3. Rang verbringen. Unklar bleibt, inwiefern der unerwartete Höhenflug den Feierabendfußballern im blau-weißen Dress möglicherweise zu Kopf steigt. Aus gut informierten Quellen ist aber immerhin zu hören, dass sich die Führungsebene des Vereins wohl zu Gesprächen treffen und darüber reden wird, wie man die immer noch viel zu gute sportliche Perspektive möglichst kurzfristig ins Gegenteil verkehren kann. Johannes, der dubiose Clown aus Mainz, wurde derweil bereits beim Schulden eintreiben in der Stadt gesichtet – möglicherweise stünde also auch kurzfristig ein Ersatz für den subversiv erfolgsorientiert agierenden Jens Härtel bereit. Die Länderspielpause dürfte also spannend werden – und wenn nicht, gibt es da ja immer noch das 12-Punkte-Spiel in Köln am 18.11.2017. In diesem Sinne: Niemals kämpfen, niemals siegen – niemals vorwärts, FCM!
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