Jetzt ist also amtlich, was sich spätestens seit der Winterpause angedeutet hatte und was zumindest für König Kallnik die Vereinsführung auch schon seit einigen Wochen felsenfest gestanden haben dürfte: Andreas Petersen wird über die Saison hinaus nicht als Cheftrainer des 1. FC Magdeburg tätig sein. Dass in einem Kommentar eines gewissen Thomas Juschus in der Magdeburger Volksstimme in diesem Zusammenhang von einer „charmante[n] und durchaus stilvolle[n] Lösung“ für das „lange[…] Gezerre in der Öffentlichkeit“ die Rede ist, für die dem Verein offenbar auch noch „Respekt“ gebührt, ist entweder eine sehr schräge Art von Humor, einfach nur grotesk oder eben Medienpartnerpropaganda – da mag sich jeder selbst seine Meinung drüber bilden. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich jedenfalls zu dem Schluss, dass die ganze Sache so, wie sie gelaufen ist, so ziemlich genau das Gegenteil von „stilvoll“ gewesen sein dürfte.
Meine These: Andreas Petersen wurde (zumindest von dem Teil der Diskussion zu urteilen, der über die Medien ausgetragen wurde) ziemlich übel mitgespielt, weil er letzten Endes seit Beginn der Vertragsdiskussion (und vermutlich schon vorher) nie eine ehrliche Chance auf eine Verlängerung des Arbeitspapiers hatte. Die Ansage der Vereinsoberen, erst den Rückrundenauftakt abwarten zu wollen, bis man eine Entscheidung hinsichtlich der Vertragsverlängerung treffen würde, führte für den Verein rückblickend und unter der Prämisse des Nicht-verlängern-wollens ja zu einer eindeutigen Win-Win-Situation, die für Petersen automatisch zur Lose-Lose-Situation werden musste: wäre der Rückrundenauftakt in die Hose gegangen, hätte die Begründung für die Nicht-Verlängerung wohl „keine Weiterentwicklung der Mannschaft“ und „wahrscheinliches Nicht-Erreichen der Saisonziele“ geheißen. Und nun, wo die Mannschaft mit Ausnahme der Union-II-Partie einen Sieg nach dem anderen holt, ist es eben die fehlende Lizenz, die den Ausschlag gab. Ja, doch, das ist schon wirklich enorm stilvoll. Oder eben einfach, nun ja, nicht ehrlich und einem exponierten Angestellten des Vereins und der blau-weißen Anhängerschaft gegenüber halt nicht aufrichtig. Und jetzt mag man mich sozialromantisch oder idealistisch oder sonst was nennen, aber so etwas ärgert mich einfach.
Apropos korrigiertes Saisonziel: spätestens bei dessen Verkündung (um die Weihnachtszeit?) hätte ja auch Andreas Petersen klar sein müssen, dass man nicht mehr so wirklich mit ihm plant. Klar, der Verein hätte ganz schön blöd dagestanden, hätte man den Vertrag mit Petersen vorzeitig verlängert und würde man dann am Ende der Saison aus Versehen doch schon ein Jahr eher als geplant in die 3. Liga aufsteigen. Dann nämlich hätte man einen Trainer mit gültigem Vertrag, aber eben ohne nötige Lizenz auf der Bank gehabt. Nur: dass Petersen die Drittligalizenz fehlt, weiß man doch nicht erst seit dem ziemlich erfolgreichen Rückrundenauftakt. Und: wo ein Wille ist, ist meistens auch ein Weg. Soll heißen: hätte man mit Andreas Petersen als Cheftrainer unbedingt in die neue Saison gehen wollen, weil man zum Beispiel von seiner Arbeit überzeugt ist, hätte man sicherlich auch bezüglich der Trainerlizenzfrage gemeinsam eine Lösung gefunden. Der 1. FC Magdeburg wäre ja nun beileibe nicht der erste Verein, der eine solche Situation hätte meistern müssen. So aber hat man nun auch, ähem, „gemeinsam“ eine „einvernehmliche“ Lösung gefunden. Nur halt eben anders.
So. Und spätestens jetzt heben sicher all diejenigen mahnend den „Aber!“-Finger, die sich auf die Aussage berufen, dass es ja Petersen selbst war, der den Fußballlehrer-Lehrgang nicht machen wollte. Genau. Und deshalb hat er auch noch in der letzten und vorletzten Woche (zweimal!) ziemlich vehement darüber geklagt, dass ein gewisser Mario Kallnik trotz der Ansage, den Rückrundenauftakt beobachten zu wollen, erst mal in den Urlaub geht, während Petersen und König vermittels der richtigen Spielausgänge um neue Verträge kämpfen. Und deshalb machte man sich vor Kurzem auch noch öffentlich Gedanken darüber, wie man denn im Aufstiegsfall Trainingsbetrieb und Fußballlehrerlizenzerwerb unter einen Hut bringen könne. Und genau deswegen forderte man auch in der Winterpause den fälligen Anschlussvertrag als Lohn für die erfolgreiche Arbeit („im April braucht niemand mehr mit uns zu reden.“). Und das alles, weil man eben im Falle eines Aufstiegs auf gar keinen Fall die notwendige Trainerlizenz anstreben wollte und damit automatisch den Trainerposten räumen würde. Ja, doch. Genau.
Sorry, Leute, aber das passt vorne und hinten nicht zusammen. Die Aussage von Präsident Fechner (ebenfalls beim Medienpartner Volksstimme) bezüglich des Anforderungsprofils an den neuen Trainer, dass es „auch menschlich“ passen müsse und das „ganz wichtig beim FCM“ wäre, passt da ebenso ins Bild wie der Umstand, dass (Subtext Fechner) einzig und allein Mario Kallnik der starke Mann für das Sportliche ist. ‚Menschliche Passung’ bedeutet in dem Zusammenhang dann wohl ‚akzeptieren, dass es im sportlichen Bereich nur eine starke Persönlichkeit geben kann und sich im Zweifelsfall dem Präsidiumsmitglied Sport vollumfänglich unterordnen’. Die „etwas plumpe und emotionale Art“ (Kommentar Thomas Juschus, Volksstimme) passt da halt einfach nicht zu. Oder anders: Kallnik hat eben die Lobby im Verein, Petersen hat sie nicht. Und das ist ja prinzipiell auch okay – nur dann soll man es eben auch klar sagen. Stattdessen lobt man den leider erfolgreichen, aber eben auch eher unbequemen Cheftrainer lieber auf den (im Falle des Drittligaaufstiegs, und nur dann, erst noch zu schaffenden) Chefscoutposten weg und lässt dann über den (zweifelhaften) Medienpartner gleich mehrfach volles Rohr verkünden, alle hätten es doch eigentlich schon immer so gewollt.
Und wer das alles noch stilvoll findet, setzt sich vermutlich auch in Badehose in eine Opernaufführung. Oder so.
Sei es, wie es sei, die Entscheidung ist nun gefallen und was übrig bleibt, sind ein ziemlich schlechtes Bauchgefühl, Enttäuschung über die abermals mehr als dilettantische Öffentlichkeitsarbeit des Vereins in der gesamten Angelegenheit und naturgemäß mehr Fragen, als Antworten hinsichtlich der kommenden Saison. Einige davon dürften lauten:
Wie wird sich die Entscheidung auf die Mannschaftsleistung und den weiteren Saisonverlauf auswirken?
Nun, das werden wir ganz sicher alle in den nächsten Wochen sehen. Vermutlich schon am Sonntag zuhause gegen Optik Rathenow.
Was wird aus Christian Beck?
Bisher galt ja irgendwie immer: wenn Petersen bleibt, bleibt auch Beck. Und jetzt, wo Petersen weg ist… ich will das gar nicht zu Ende denken, klopfte doch wohl in der Winterpause unter anderem auch so ein Provinzclub aus dem Süden Sachsen-Anhalts mal lose an…
Ganz wichtig natürlich: wer wird neuer Trainer?
Gehandelt werden ja so illustre Namen wie Gerd Schädlich (hat der überhaupt schon mal außerhalb Sachsens gearbeitet?), Pavel Dotchev (och nö) oder Petrick Sander (der sich ja zumindest mit Petersen gut versteht und auch das HKS bereits in Augenschein nehmen durfte). Und, ach ja: auch Lothar Matthäus ist, wie gesagt, derzeit noch ohne Vertrag für die neue Spielzeit… ;-). Und dann geistert auch noch der Name Jens Härtel durch die Gazetten, dessen Verpflichtung allerdings eher unwahrscheinlich ist, weil er noch bis 2015 als U19-Coach bei RB Leipzig unter Vertrag steht. Außerdem stelle man sich vor, King Kallnik holt einen Trainer von RB Leipzig als obersten Übungsleiter zu den Größten der Welt – ach, wäre das ein Spaß :-D.
Wann wird der neue Trainer vorgestellt und wie erfolgt die Vorbereitung auf die neue – potentiell enorm wichtige – Saison?
Wie schon mal geschrieben, werden ungefähr jetzt die Weichen für die neue Spielzeit gestellt; der Neue sollte also frühzeitig eingebunden sein und den beschrittenen Weg möglichst weitergehen wollen, ohne jetzt gleich wieder die halbe Mannschaft auszutauschen und vor allem erst mal die eigenen Spezis zu installieren. Wobei, und da wären wir ja wieder beim Fechner-Subtext: der Macher beim FCM ist ja inzwischen offenbar ausschließlich Mario Kallnik und insofern muss der neue Übungsleiter ja eigentlich nur noch die Vorgaben umsetzen, die aus dieser Ecke gemacht werden. Und wenn er dabei immer schön brav „ja“ und „Amen“ sagt (und keine gegnerischen Trainer gegen den Spielertunnel schubst), dürfte einer längerfristigen Zusammenarbeit eigentlich auch nichts im Wege stehen…
Kleine Randnotiz:
Von allen Vereinen, die seit der Einführung der 3. Liga aus unserer Staffel in selbige aufgestiegen sind, schafften dies lediglich zwei mit einem Trainer, der das jeweilige Team erst im Aufstiegsjahr übernahm. Bei diesen Teams handelt es sich um Holstein Kiel und RB Leipzig, zwei Vereine also, die (mindestens) im Aufstiegsjahr unter anderem für die jeweilige Spielklasse eher außergewöhnliche wirtschaftliche Möglichkeiten hatten.
- 2008/2009: Holstein Kiel (Falko Götz, 01/2009-09/2009)
- 2009/2010: SV Babelsberg 03 (Dietmar Demuth, 10/2007-05/2012)
- 2010/2011: Chemnitzer FC (Gerd Schädlich, 07/2008-10/2013)
- 2011/2012: Hässlicher FC (Sven Köhler, seit 07/2007 (!!!) )
- 2012/2013: RB Leipzig (Alexander Zorniger, seit 07/2012).
Aus dem (großzügig abgesteckten) mitteldeutschen Raum gelang der Sprung in Liga 3 sonst nur Teams, die Geduld beim Formen einer Aufstiegsmannschaft hatten und auf Kontinuität auf dem Trainerposten setzten. Aber mit solchen Nebensächlichkeiten kann sich ein 1. FC Magdeburg selbstverständlich nicht aufhalten.
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