SV Meppen – 1. FC Magdeburg, 3. Spieltag, 1:2 (1:1)
Zu Beginn ein Geständnis: Ich habe mich vielleicht ein bisschen ins Emslandstadion verliebt. Dem Preußenstadion in Münster nicht ganz unähnlich, allerdings etwas weniger abgerockt, versprühte die Heimstätte des SV Meppen beim Auftritt des 1. FC Magdeburg am 3. Spieltag eine gute Portion Nostalgie, die jedem Romantiker das Herz unweigerlich höher schlagen lassen musste. Eine überdachte Haupttribüne links vom Gästeblock, flache, unüberdachten Traversen gegenüber, eine weitere überdachte, aber viel flachere Tribüne rechts vom gewählten Standort sowie eine alte, ausladende Stehplatzkurve, von der die Hälfte dem Gästeanhang vorbehalten war. Dazu Flutlicht und eine wirklich ansprechende Drittliga-Partie mit dem besseren Ende für die Größten der Welt – Fußballherz, was willst Du eigentlich mehr?
Jens Härtel vertraute in der Partie gegen einen hervorragend eingestellten und mit viel Engagement zu Werke gehenden Aufsteiger aus dem Emsland auf exakt die gleiche Formation, die auch bereits im Heimspiel gegen den FC Rot-Weiß Erfurt die Punkte holte. Vor Jan Glinker im Tor bildeten also Felix Schiller, Nico Hammann und Christopher Handke die Dreier-Abwehrreihe, davor agierten Björn Rother und Marius Sowislo, auf den Flügeln Michel Niemeyer links und Nils Butzen rechts sowie Andreas Ludwig als Spielgestalter hinter den Spitzen Christian Beck und Philip Türpitz.
Die Anfangsphase der Partie bestand aus der Gästeperspektive zunächst aus Schwenkfahnen und Schalparaden, sodass sich ein guter Blick aufs Feld erst ab Spielminute 5 so wirklich eröffnete. Dafür ging es dann aber auch gleich ordentlich rund: Meppens Keeper Domaschke hatte Christian Beck von den Füßen geholt, Schiedsrichter Storks folgerichtig auf den Punkt gezeigt: Elfmeter für den 1. FC Magdeburg! Andreas Ludwig tritt an, schickt Domaschke in die von ihm aus gesehen linke Ecke und vollendet satt und trocken rechts zum 1:0 für seine Farben. Wenn das mal nicht ein Auftakt nach Maß war!
Was folgte, war dann allerdings erst einmal ein beeindruckender Auftritt der Gastgeber. Der FCM kam in den ersten 30, 35 Minuten der Partie eigentlich überhaupt nicht zur Entfaltung, was vor allem daran lag, dass der SV Meppen ein brutal druckvolles und engagiertes Spiel aufzog, gegen das das Team von Jens Härtel zunächst kaum spielerische Mittel fand. Dass es nicht schnell 1:1 stand, war vor allem Jan Glinker im Magdeburger Tor zu verdanken: In Minute 6 entschärft er unter vollem Körpereinsatz und mit anschließender tatkräftiger Unterstützung seiner Innenverteidigung einen Schuss von Benjamin Girth, sechs Minuten später stoppt er einen Meppener Konter (abgeschlossen erneut von Girth) mit einer starken Parade.
Meppen kam seinerseits immer wieder mit gewaltig Dampf über die Flügel und durch einen von vielen gefährlichen Standards in Spielminute 17 schließlich zum völlig verdienten Ausgleich. Einen Fernschuss von außerhalb des Strafraums kann Jan Glinker zunächst noch zur Ecke über die Latte lenken; die anschließende Hereingabe bekommt der Club dann nicht so recht geklärt, sodass es letztlich – na klar – Benjamin Girth ist, der den Ball nach reichlich Gestochere und einigem „Nimm Du ihn nicht, ich hab‘ ihn sicher“ ins Tor bugsiert. Die Gastgeber nun natürlich im Aufwind, weiter mit Dauerdruck und fast noch der Führung durch Martin Wagner, dessen Schuss in der 19. Minute aber knapp am links vorbeigeht. Puh.
Derweil gab es auch auf den Rängen einigen Kommunikationsbedarf, war doch DFB-Präsident Reinhard Grindel im Emslandstadion zu Gast. Nachdem im Vorfeld der Partie bereits die Kollegen vom „Menkyyry“-Blog einige Worte an den Funktionär richteten und sogar (von wem genau, sei hier mal dahingestellt) eine Antwort erhielten, war es nun um die 17. Minute herum an den Kurven, ihre Grußworte in Richtung Frankfurt loszuwerden. Dass diese im Stadion ein wenig, nun ja, grobkörniger ausfallen, dürfte auf der Hand liegen, und so präsentierte der kleine, aber lautstarke Meppener Block zunächst ein Banner, auf dem ein durchgestrichenes DFB-Logo von einem „Nicht willkommen“ eingerahmt war. Im Anschluss dann die eigentlich erwartbaren „Scheiß DFB!“-Wechselgesänge zwischen Heimblock und Gästekurve, die interessanterweise aber im Stadion so kommentiert wurden, dass die restlichen Tribünen damit begannen, durch rhythmisches Klatschen das eigene Team anzufeuern. Ohne das groß bewerten zu wollen, war dieser Effekt doch schon einigermaßen interessant und sorgte zumindest bei unserer Autobesatzung auf der Rückfahrt noch für einiges an Gesprächsstoff.
Zurück zum Sportlichen: Nach den schwung- und druckvollen ersten 30 Minuten des SV Meppen gelang es dem 1. FC Magdeburg im weiteren Verlauf etwas besser, das Spiel zu beruhigen. Wirklich gefährliche Situationen entstanden aber bis auf einen Abschluss des erneut starken Philip Türpitz (42.) nebst guter Parade von Domaschke keine mehr. Weil auch Meppen keine viel versprechenden Schüsse mehr auf Jan Glinkers Tor brachte, ging es mit einem (aus Magdeburger Perspektive sicherlich eher schmeichelhaften) 1:1 in die Pause.
Im zweiten Durchgang gelang es dem FCM dann deutlich besser, dem Spiel den eigenen Stempel aufzudrücken; so ist es zwei Minuten nach Wiederanpfiff zunächst Christian Beck, der einen langen Ball von links per Kopf rechts am Tor vorbei setzt. Nach 53 Minuten tut es ihm Marius Sowislo gleich: eine Türpitz-Flanke von rechts köpft der Kapitän einigermaßen frei stehend aus etwa 3 Metern neben das Tor. Weitere zwei Minuten später das umgekehrte Bild: Flanke Sowislo, Abschluss Türpitz – allerdings aus kurzer Distanz über den Kasten. Zum Klang von schönen, alten Gassenhauern („In Scharen ziehen wir durchs Land“, „FCM, Du wunderschöne…“) war der Club jetzt definitiv im Spiel und hatte nach 61 Minuten die nächste gute Möglichkeit. Andreas Ludwig gewinnt den Ball zentral offensiv und steckt sofort klug auf Christian Beck durch. Der lässt sich dann im Strafraum aber ein Stück zu weit nach links abdrängen und kann letztlich nicht abschließen – auch, weil Erik Domaschke in der Situation hervorragend agiert, sich schnell groß macht und dem Stürmer damit keine Optionen anbietet.
In der 64. Minute dann endlich der zu dem Zeitpunkt (wie in Halbzeit 1 auf der Gegenseite) verdiente, nächste Treffer, nur diesmal für die Größten der Welt: Dennis Erdmann lupft, kurz zuvor für Andreas Ludwig eingewechselt, im Strafraum in die Mitte zu Michel Niemeyer, der im Rücken der Meppener Abwehr keine Mühe hat, den Ball aus kurzer Distanz über die Linie zu drücken. Völlige Eskalation im Gästeblock, fliegende Bierbecher und ein kraftvoll wie dauerhaft intoniertes „Olé, FCM!“ waren die Folge und die Weichen damit in diesem Moment auf „Auswärtssieg“ gestellt. Dass es hinten raus trotzdem spannend blieb, war neben einem Lattenknaller von Christian Beck (seiner besten Aktion) vor allem den Gastgebern geschuldet, die nun natürlich noch einmal die Schlagzahl erhöhten. Und in Minute 79 fast belohnt worden wären: ein sauberer Konter über links landet bei Nico Granatowski, der den Ball wohl aber nicht optimal trifft und ihn deshalb glücklicherweise über das Tor schießt. Weil auch ein Freistoß zentral von rechts in der 90. Minute nicht den Ausgleich brachte, der FCM es seinerseits verpasste, den Deckel draufzumachen, die reichlichen 4 Minuten Nachspielzeit unbeschadet überstand und die Partie letztlich erstaunlich routiniert zu Ende brachte, blieb es beim 2:1 aus Magdeburger Sicht und damit dem ersten Auswärtssieg der noch jungen Saison 2017/2018.
Fazit? Nun, das sind so die Abende, für die man als Fußballfan gern auch mal unter der Woche mehrere hundert Kilometer durch die Republik gondelt. Der SV Meppen präsentierte sich nicht nur als toller Gastgeber, sondern auch als sportlich wirklich harte Nuss und sollte mit diesen und ähnlichen Leistungen keine Probleme haben, die Klasse zu halten. Der 1. FC Magdeburg überstand eine große Druckphase zwar glücklich, aber eben auch erfolgreich und nimmt die 3 Punkte aufgrund einer guten zweiten Halbzeit sicher nicht ganz unverdient aus dem Emsland mit. Und dann dieses Stadion… aber das hatten wir ja bereits. Die einzige Frage, die offen bleibt, ist, was das mit Popcorn-Verkauf im Gästebereich eigentlich sollte. Da wird doch wohl der Reinhard nicht…
Den Spielbericht aus Meppener Perspektive gibt es hier.
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